Gesetzestext
(1) 1Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. 2Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.
(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.
A. Normgegenstand.
Rn 1
In Ergänzung von § 12 und als Pendant zu § 13 regelt § 17 den allg Gerichtsstand aller Personen mit passiver Parteifähigkeit, die keine natürlichen Personen sind (St/J/Roth Rz 1; vgl auch MüKo-ZPO/Patzina Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1; Zö/Schultzky Rz 1 f; ThoPu/Hüßtege Rz 1, die aber den Fiskus wegen § 18 ausnehmen wollen; dazu § 18 Rn 2). § 17 verfolgt den Zweck, dem Bekl die Prozessführung zu erleichtern und ihn davor zu schützen, den Prozess an einem auswärtigen Gericht zu führen (BGHZ 88, 331, 335). Dem liegt ua die Erwägung zugrunde, dass eine Person ihre rechtlich relevanten Angelegenheiten regelmäßig an ihrem Wohnsitz bzw Sitz wahrnimmt und dass es sich dort auch um den Ort handelt, an dem sie üblicherweise ihr Vermögen verwaltet (BGHZ 88, 331, 335). Damit dient § 17 wie § 13 gleichermaßen der Prozessökonomie wie dem Prinzip der prozessualen Waffengleichheit (vgl § 12 Rn 1, § 13 Rn 1).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
In den Anwendungsbereich des § 17 fallen entgegen der missverständlichen Überschrift alle passiv parteifähigen Personen, soweit sie nicht von § 13 (natürliche Personen) erfasst werden (St/J/Roth Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1; enger Zö/Schultzky Rz 2; ThoPu/Hüßtege Rz 1, die den Fiskus ausnehmen wollen, s dazu § 18 Rn 2). Die Aufzählung in § 17 I kann deshalb nicht als abschließend angesehen werden (Zö/Schultzky Rz 2; St/J/Roth Rz 3). Als allg Gerichtsstandsregelung wird § 17 nur durch einen ausschl Gerichtsstand verdrängt (BGHZ 88, 331, 335; MüKoZPO/Patzina Rz 18; Musielak/Voit/Heinrich Rz 13), was insb im Gesellschaftsrecht der Fall ist (vgl §§ 132 I 1, 246 III 1, 249 I 1, 275 IV 1 AktG, §§ 61 III, 75 II GmbHG iVm § 246 III 1 AktG, § 51 III 3 GenG), nicht dagegen durch besondere Gerichtsstände oder den weiteren allg Gerichtsstand iSd § 17 III (Rn 11). Der zeitliche Anwendungsbereich reicht vom Erwerb der passiven Parteifähigkeit bis zu deren Verlust (MüKoZPO/Patzina Rz 8; Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Rz 1; dazu näher § 50 Rn 16 ff). Zu ausl Personen s Rn 12.
I. Juristische Personen.
Rn 3
In den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen alle juristischen Personen des Öffentlichen Rechts und des Privatrechts, dh insb alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen (zum Verhältnis zu § 18s dort Rn 2), eingetragene Vereine, rechtsfähige Stiftungen des Privatrechts, Kapitalgesellschaften wie die GmbH und die AG, auch die Deutsche Post AG, die Deutsche Postbank AG und die Deutsche Telekom AG sowie die Deutsche Bahn AG als die Rechtsnachfolger der Deutschen Bundespost (vgl Art 143b GG, zu deren Sitz Rn 7) bzw der Deutschen Bundesbahn (vgl Art 87e III GG, zu deren Sitz Rn 7). Die Behörden des jeweiligen Rechtsträgers werden von der Vorschrift dagegen nicht erfasst (Rostock MDR 17, 1387 [OLG Bamberg 28.07.2017 - 3 W 28/17]).
II. Sonstige passiv parteifähige Personen.
Rn 4
Zu den sonstigen passiv parteifähigen Personen, die von § 17 erfasst werden, zählen die Personenhandelsgesellschaften wie die OHG (§ 105 II HGB) und die KG (§ 161 II HGB), Vereine ohne Rechtspersönlichkeit (§ 54 I BGB, früher: nicht rechtsfähige Vereine, zB Gewerkschaften), politische Parteien (§ 3 PartG), Partnerschaftsgesellschaften (§ 7 II PartGG iVm § 105 II HGB), die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV, § 1 EWIV-Ausführungsgesetz iVm § 105 II HGB, vgl auch Art 1 II EWIVVO), die Vor-GmbH (BAG 22.7.94 – 5 AS 10/94; BayObLGZ 78, 267 f; St/J/Roth Rz 4; MüKoZPO/Patzina Rz 4; vgl auch BGH NJW 98, 1079 f; aA Brandenburg DB 03, 2542, das aber § 17 analog anwenden will) und die Vor-AG (St/J/Roth Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 4; vgl auch BGH NJW 07, 589 f [BGH 23.10.2006 - II ZR 162/05]). Auch die rechtsfähige Gesellschaft ist passiv parteifähig (§ 705 II BGB; zur früheren Rechtslage vgl BGHZ 146, 341, 347 ff; NJW 09, 1610, 1611 und fällt deshalb unter § 17 (so bereits zur früheren Rechtslage BGH NJW 09, 1610, 1611 [BGH 10.03.2009 - VIII ZB 105/07]; Hamm NZI 17, 591 [OLG Hamm 04.04.2017 - 32 SA 9/17]; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 1; Zö/Schultzky Rz 5; zum Sitz der BGB-Gesellschaft s Rn 8). Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann zwar nach geänderter Rechtslage verklagt werden (§ 9a II WEG; vgl zur früheren Rechtslage BGHZ 163, 154, 166 f), so dass sie grds in den Anwendungsbereich des § 17 fällt. Allerdings ist ...