I. Zustellung aufgrund internationaler Verträge (Abs 2).
1. Allgemeines.
Rn 2
Abs 2 setzt das Bestehen einer völkervertraglichen Vereinbarung voraus. Dass der Staat, in dem die Zustellung erfolgt, eine postalische Zustellung möglicherweise duldet, genügt nicht. Denn die bloße Duldung bietet keine hinreichende Sicherheit dafür, dass die Zustellung auch anlässlich der Entscheidung über die Vollstreckbarkeit der gerichtlichen Entscheidung als wirksam angesehen wird.
Rn 2a
Eine Zustellung im Ausland ist nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen vorzunehmen, die im Verhältnis zu dem jeweiligen Staat gelten. Zuständig ist das AG, in dessen Bezirk die Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, die die Zustellung betreibt. Bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes/Aufenthalts der Sitz. Näheres regelt Abs 6.
2. Zustellungsarten.
Rn 3
Durch Einschreiben mit Rückschein (Abs 2 S 2 Alt 1) oder durch einen gleichwertigen Nachweis (Abs 2 S 2 Alt 2), dh wie nach § 176, soll vorrangig zugestellt werden, wenn eine internationale Vereinbarung dies gestattet. Dies kann eine bilaterale Vereinbarung, aber auch ein multilaterales Abkommen sein (vgl für Einzelheiten www.rechtshilfe-international.de). Nach Art 10 lit a HZÜ kann durch die Post zugestellt werden, wenn der Staat, in dem die Zustellung erfolgen soll, dem nicht widersprochen hat. Einen solchen Widerspruch haben zB China, Norwegen, die Schweiz und die Türkei erklärt. Deutschland hat von seinem Widerspruchsrecht zu Art 10 lit a HZÜ (§ 6 S 2 AGHZÜ) Gebrauch gemacht. Dieser Widerspruch schließt Zustellungen aus Deutschland in Staaten, die ihrerseits nicht widersprochen haben, aber nicht aus (LG Berlin ZUM-RD 12, 399; LG Hambg GRUR-RR 13, 230, 231 f; MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 10; Zö/Geimer Rz 6, 42; aA Ddorf Rpfleger 99, 287 [BGH 23.02.1999 - XI ZR 49/98]). Eine postalische Zustellung erlaubt auch Art 6 Nr 1 HZPÜ 1954. Zum Anwendungsbereich von HZÜ, HZPÜ 1954 und HZPÜ 1905 s Zö/Geimer Rz 93. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist eine Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein verboten (Schmidt IPrax 04, 13). Die Zustellung ist vollzogen, wenn das Schriftstück dem Adressaten, seinem Ehepartner, einem Zustellungsbevollmächtigten (§ 184 I) oder einer nach den Postvorschriften des betreffenden Staates zulässigen Ersatzperson übergeben worden ist. Dies kann ein mit der Entgegennahme von Postsendungen allgemein betrauter Hausmeister einer Appartementanlage sein (Celle NJW-RR 05, 1589 [OLG Celle 26.07.2005 - 16 U 59/05]). Durch die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift soll der Möglichkeit weitergehender völkervertraglicher Vereinbarungen (die allerdings noch nicht bestehen und die etwa eine Zustellung auf elektronischem Weg vorsehen könnten) Rechnung getragen werden. Der Nachweis der Zustellung kann gem Abs 5 S 1 durch den Rückschein geführt werden. Er muss einen Erledigungsvermerk des Zustellers enthalten; genügend ist auch die Unterschrift des Adressaten. Der Rückschein ist eine Privaturkunde iSd § 416. IÜ wird die Zustellung durch das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen (Abs 5 S 2). Verweigert der Adressat die Annahme, gilt die Zustellung mit dem Zustellungsversuch als erfolgt (vgl BGH NJW 97, 2051, 2052 [BGH 22.01.1997 - XII ZR 207/95]; Zö/Geimer Rz 45). Kommt statt des Rückscheins die Mitteilung der Post des betreffenden Staates zurück, der Adressat sei nicht angetroffen und die Sendung deshalb bei der Post niedergelegt worden, ist keine wirksame Zustellung erfolgt: § 183 verweist nicht auf § 181 (AG Kehl 25.6.23 – 2 Cs 502 Js 6206/23).
Rn 4
Grds nachrangig zur Zustellung mittels Einschreiben mit Rückschein steht die Zustellung im Wege des unmittelbaren Behördenverkehrs zur Verfügung (Abs 2 S 2 Alt 2). Eine Zustellung durch die zuständige deutsche Auslandsvertretung soll nur in den Fällen des Abs 4 erfolgen. Für das Ersuchen ist der Vorsitzende des Prozessgerichts zuständig (vgl § 168 Rn 2). Ist das Ersuchen nicht an die zust ausländische Stelle gerichtet worden, wird dieser Fehler dadurch geheilt, dass der Adressat das Schriftstück tatsächlich erhalten hat (aA 15. Aufl). Der Nachweis der Zustellung erfolgt gem Abs 5 S 2 durch das Zeugnis der ersuchten Behörde. Dieses ist nach dem für die Behörde geltenden Recht auszustellen (vgl § 415). Es muss Ort und Zeit der Zustellung, den Zustellungsempfänger und das ausgehändigte Schriftstück erkennen lassen, sofern zwischenstaatliche Abkommen keine abweichenden Regelungen treffen (BAG NZA-RR 14, 32 [BAG 18.07.2013 - 6 AZR 882/11 (A)] Rz 31). Die Echtheit eines ausländischen Zeugnisses ist nach § 438 zu beurteilen. Ihm kommt die Beweiskraft des § 418 I zu (BGH NJW 13, 387 Rz 25; NJW-RR 13, 435 [BGH 15.01.2013 - VI ZR 241/12] Rz 12). Ist im Zustellungszeugnis – entgegen dem HZÜ-Musterformular – nicht angegeben, an welche natürliche Person das Schriftstück übergeben worden ist, muss dies seine Nachvollziehbarkeit und damit seine Beweiskraft nicht mindern (BGH NJW 13, 387 [BGH 12.12.2012 - VIII ZR 307/11] Rz 26). Das Zeugnis ist nicht Wirksamkeitsvoraussetzung; der Nachweis kann auch auf andere Wei...