I. Verfahren.
Rn 1
Für die Bewilligung ist das Prozessgericht zuständig, dh das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, für das Urt das Gericht, das dieses erlassen hat, und bei Rechtsmitteln das Rechtsmittelgericht. Das Vollstreckungsgericht wird erst nach der Titelzustellung (§ 750) zuständig. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist nicht Voraussetzung für eine öffentliche Zustellung (Köln MDR 03, 230). Es entscheidet das Gericht, nicht der Vorsitzende allein (Ausnahme Kammer für Handelssachen, vgl § 349 Rn 2); in ihm gem § 4 I RPflG übertragenen Sachen ist der Rechtspfleger zuständig. Bei von der Partei zu bewirkenden Zustellungen ist ein Antrag erforderlich, für den ggf Anwaltszwang besteht (§ 78; vgl Musielak/Voit/Wittschier Rz 2; MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 3). Das Gericht entscheidet durch Beschluss (vgl § 329), der in jedem Fall zu begründen ist. Die Ablehnung ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar (§ 567 I Nr 2; gegen die Ablehnung einer öffentlichen Zustellung gem § 132 II BGB ist die Beschwerde nach FamFG eröffnet, Ddorf NZG 15, 1111), die Bewilligung nur mit dem Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung (Verletzung rechtlichen Gehörs). Eine öffentliche Zustellung ohne Bewilligung oder mit Bewilligung durch das unzuständige Gericht ist unwirksam.
Rn 2
Für die Bewilligung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch der GV zuständig sein, nämlich zur Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft (BGH NJW-RR 18, 503 [BGH 30.11.2017 - I ZB 5/17] Rz 12–14).
II. Voraussetzungen.
Rn 3
Über die Bewilligung entscheidet das Gericht vAw, wenn die Zustellung durch die Geschäftsstelle (vgl § 168) nicht durchführbar iSd § 185 ist (MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 3). Die Bewilligung kann nur für den Einzelfall, dh für eine einzelne Zustellung (wenn auch mglw mehrerer Schriftstücke) ausgesprochen werden. Die Voraussetzungen müssen damit für jedes Schriftstück gesondert geprüft werden (BGH NJW-RR 19, 294 Rz 17), daher kommt eine Bewilligung für den ganzen Rechtszug nicht in Betracht. In einem laufenden Rechtsstreit kann es unter Berücksichtigung eines Zeitablaufs geboten sein, vor der erneuten Bewilligung einer öffentlichen Zustellung eines weiteren Schriftstücks erst einen erneuten Zustellversuch vorzunehmen (jedenfalls nach einem Zeitablauf von 6 Monaten: BGH NJW-RR 19, 294 [BGH 31.10.2018 - I ZR 20/18] Rz 17 f; BFH NVwZ-RR 04, 461, 462 f [BFH 13.03.2003 - VII B 196/02]). Bei einer Ladung zur Vermögensauskunft kann es wegen der Tragweite, die dem Schuldner bei einem unentschuldigten Fernbleiben vom Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft droht, geboten sein, zu den bereits erfolgten Anfragen beim Einwohnermelde- und Gewerbeamt nach dem letzten bekannten Wohnsitz des Schuldners vor Bewilligung einer öffentlichen Zustellung weitere Versuche zur Anschriftenermittlung bei der Deutschen Rentenversicherung und dem KBA vorzunehmen (BGH MDR 22, 1265 [BGH 19.05.2022 - I ZB 73/21]). Bei Parteizustellungen muss der Zustellungsveranlasser die Erfolglosigkeit der notwendigen Ermittlungen nachweisen (§ 185 Rn 3). Auch bei Zustellungen im Amtsbetrieb trägt die Partei, die ein Interesse an der öffentlichen Zustellung hat, die Nachteile, die sich ergeben, wenn das Gericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 185 nicht feststellen kann. Wenngleich das Gericht hier eine Ermittlungspflicht trifft, ist die Partei gehalten darzulegen, dass sie alle geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen angestellt hat (BGH NJW 12, 3582 [BGH 04.07.2012 - XII ZR 94/10] Rz 16 f; NJW-RR 13, 307 Rz 16; Karlsr NJW-RR 13, 1471, 1472 [BGH 11.09.2013 - XII ZA 54/13]). Das Gericht entscheidet nach Ermessen (arg § 185: ›kann‹; Zö/Schultzky Rz 4 mwN; aA ThoPu/Hüßtege Rz 2; St/J/Roth Rz 13; MüKoZPO/Häublein/Müller Rz 4), ebenso über die ergänzenden Anordnungen gem §§ 187, 188 S 2. Liegen die Voraussetzungen des § 185 vor, verlangt der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz freilich idR die Bewilligung der öffentlichen Zustellung. Bei der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, ob Umstände vorliegen, die bei einer Durchführung des Rechtshilfeverfahrens zu einer Vereitelung des Rechts der betreibenden Partei führen können (BGH NJW-RR 09, 855 [BGH 20.01.2009 - VIII ZB 47/08] Rz 17). Hiergegen ist aber das Schutzbedürfnis des Zustellungsadressaten abzuwägen. Dafür sind insb die Gründe für die Unausführbarkeit von Zustellungen von Bedeutung. Unerheblich sind die Erfolgsaussichten der Klage.