Gesetzestext
Der allgemeine Gerichtsstand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen, wird durch den Sitz des Insolvenzgerichts bestimmt.
A. Normgegenstand.
Rn 1
§ 19a schafft iSd Konzentration massebezogener Passivprozesse einen allg Gerichtsstand am Sitz des Insolvenzgerichts (MüKoZPO/Patzina Rz 1). Damit wird dem Gedanken des Sachzusammenhangs mit dem Insolvenzverfahren Rechnung getragen (BGH NJW 09, 2215, 2217 [BGH 19.05.2009 - IX ZR 39/06]; BSG 8.8.01 – B 7 SF 8/01 S; Zö/Schultzky Rz 2; St/J/Roth Rz 1; Musielak/Voit/Heinrich Rz 1). Durch die Einführung des § 19a ist der frühere Streit beendet, ob Klagen gegen die Konkursmasse am Sitz des Gemeinschuldners, des Konkursverwalters oder am Sitz der Konkursverwaltung zu erheben waren (vgl dazu BGHZ 88, 331).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
§ 19a gilt nur für Passivprozesse gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes (Rn 3), die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (Rn 4). Aktivprozesse des Insolvenzverwalters sind vom Anwendungsbereich ausgenommen; es verbleibt insoweit bei den allg Regeln (BGH NJW 03, 2916 = ZIP 03, 1419; ZIP 12, 1467; Bremen ZInsO 02, 189; Schlesw MDR 01, 1375 f; Frankf ZIP 13, 277; Zö/Schultzky Rz 6; St/J/Roth Rz 2; zum Rechtsweg bei Klagen aus Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen s GmS-OGB ZIP 10, 2418). Die Vorschrift enthält eine allg Gerichtsstandsregelung, so dass sie selbstständig neben besonderen und vereinbarten Gerichtsständen steht und durch ausschl Gerichtsstände verdrängt wird (Zö/Schultzky Rz 6; St/J/Roth Rz 7; MüKoZPO/Patzina Rz 8; Musielak/Voit/Heinrich Rz 6; allg § 12 Rn 8; zur Bindungswirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner s § 38 Rn 6). Ein ausschließl Gerichtsstand ist zB in § 180 I InsO und Art 102 § 1 EGInsO geregelt. Nach allgM ist neben § 19a ein Rückgriff auf die allg Gerichtsstandsregelungen der §§ 13, 17 unzulässig (KG NJW-RR 06, 775 f [KG Berlin 05.01.2006 - 28 AR 116/05]; Zö/Schultzky Rz 6; St/J/Roth Rz 1, 7; MüKoZPO/Patzina Rz 8). Für sonstige Parteien kraft Amtes gilt § 19a nicht (Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; s dazu näher § 13 Rn 14). Zur Anwendung des § 19a iRd Mahnverfahrens (§ 689 II) vgl München MDR 18, 890 [OLG München 15.03.2018 - 14 U 2349/16].
C. Insolvenzverwalter.
Rn 3
§ 19a gilt für den Insolvenzverwalter von seiner Bestellung (§ 56 InsO) bis zur Abwahl (§ 57 InsO) oder Entlassung (§ 59 InsO) ebenso wie in analoger Anwendung für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis (§§ 21 II Nr 2, 22 I InsO), da dieser eine dem Insolvenzverwalter vergleichbare Rechtsstellung einnimmt (vgl MüKoZPO/Patzina Rz 4; St/J/Roth Rz 6; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2). Ein Wechsel in der Person des Insolvenzverwalters hat keine rechtliche Bedeutung für die Zuständigkeit (Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; St/J/Roth Rz 6; zur Verfahrensunterbrechung in diesem Fall s § 241 Rn 3; Zö/Greger § 241 Rz 1; MüKoInsO/Ott/Vuia § 80 Rz 97).
D. Massebezogene Passivprozesse.
Rn 4
Es werden alle Klagen gegen den Insolvenzverwalter erfasst, die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (zur Insolvenzmasse s §§ 35 I, 36 InsO). Dazu gehören Klagen, mit denen Masseverbindlichkeiten geltend gemacht werden (vgl §§ 53 ff InsO), Aussonderungsklagen (vgl §§ 47 f InsO) und Absonderungsklagen (vgl §§ 49 ff, 165 ff InsO). Allgemein dürfte entsprechend dem Normzweck des § 19a auch ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse genügen. Nach der Judikatur der Arbeitsgerichte liegt ein solch mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse schon dann vor, wenn die gerichtliche Entscheidung für den Kläger den Weg für einen vermögensrechtlichen Anspruch und damit für eine Masseverbindlichkeit ebnet (vgl BAGE 120, 27 [BAG 18.10.2006 - 2 AZR 563/05] Rz 19; LAG Hamm NZA-RR 15, 214 [LAG Hamm 15.01.2015 - 1 SHa 26/14]). Demgegenüber ist der Insolvenzverwalter persönlich in Bezug auf sein eigenes Vermögen nicht nach § 19a zu verklagen. Insoweit ist im Zweifel mangels Vorliegens sonstiger ausschl oder besonderer Gerichtsstände auf dessen Wohnsitz (§§ 12, 13) abzustellen (BGH ZInsO 18, 1144). Auch negative Feststellungsklagen gegen den Insolvenzverwalter dürften von § 19a nach dem Normzweck nicht erfasst sein (Naumbg ZIP 18, 1609). Zur Gerichtszuständigkeit bei der Entscheidung über die Massezugehörigkeit von Lohnbestandteilen vgl BGH ZIP 12, 1371. Zu Insolvenzfeststellungsklagen s § 180 I InsO (s.a. Rn 2). Zu Aktivprozessen des Insolvenzverwalters s Rn 2. Zur Anwendung des § 19a iRd Mahnverfahrens (§ 689 II) vgl München MDR 18, 890 [OLG München 15.03.2018 - 14 U 2349/16].
E. Sitz des Insolvenzgerichts.
Rn 5
Der Sitz des Insolvenzgerichts iSd § 19a bestimmt sich durch das Gericht, bei dem das Insolvenzverfahren schwebt, und richtet sich ausschl nach den §§ 2, 3 InsO. Eine selbstständige Bestimmung des zuständigen Insolvenzgerichts durch das Prozessgericht nach den §§ 2, 3 InsO kommt nicht in Betracht (Zö/Schultzky Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 2; St/J/Roth Rz 3).
F. Internationale Zuständigkeit.
Rn 6
Wie alle anderen allg Gerichtsstandsregelungen ist auch § 19a doppelfunktional (vgl BGH NJW 03, 2916 [BGH 27.05.2003 - IX ZR 203/02]; ThoPu/Hüßtege Rz 1). Es ge...