Gesetzestext
(1) Für Klagen, die sich auf Restrukturierungssachen nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz beziehen, ist ausschließlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das für die Restrukturierungssache zuständige Restrukturierungsgericht seinen Sitz hat.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die in Absatz 1 genannten Klagen einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dienlich ist. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
A. Normzweck und dogmatische Einordnung.
Rn 1
Zum 1.1.21 ist in Umsetzung der RL (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.19 über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren (ABl L 172 v 26.6.19, 18) das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG – in Kraft getreten (Art 1 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes – SanInsFoG vom 22.12.20, BGBl I S 3256), mit dem ein Rechtsrahmen für insolvenzabwendende Sanierungen geschaffen wurde, der es Unternehmen ermöglicht, sich auf der Grundlage eines Restrukturierungsplans zu sanieren. Mit dem StaRUG werden die Vorgaben der RL bundesgesetzlich geregelt. Die RL erfordert die Einführung von verfahrensrechtlichen Hilfsangeboten für sanierungswillige Unternehmensträger (BRDrs 619/20, 91 ff, 96). § 19b ist durch Art 3 des SanInsFoG in die ZPO mWz 1.1.21 eingefügt worden. Die Vorschrift begründet die ausschließliche örtliche Zuständigkeit für Klagen in Restrukturierungssachen an dem Ort, an dem das Restrukturierungsgericht (AG, §§ 34 ff StaRUG, idR das am Sitz des jeweiligen OLG, sofern nicht durch landesrechtliche Verordnung gem § 34 II StaRUG abweichend geregelt, wie zB in NRW durch VO v 7.1.21, GV NRW, 31), bei dem eine Restrukturierungssache rechtshängig war, seinen Sitz hat. Die Einfügung steht im Zusammenhang mit der Ergänzung des § 71 II 2 GVG in der ab dem 1.1.21 geltenden Fassung durch Nr 6, wonach die LG ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes sachlich ausschließlich zuständig für Ansprüche aus dem StaRUG sind. § 40 II 1 Nr 2 schließt eine Gerichtsstandsvereinbarung, § 40 II 2 die Begründung der Zuständigkeit durch rügeloses Verhandeln aus.
B. Tatbestandsmerkmale.
I. Klagen, die sich auf Restrukturierungssachen beziehen.
Rn 2
Unter die Streitigkeiten nach dem StaRUG fallen alle Haftungs- und Schadensersatzansprüche, die aufgrund des StaRUG in einer Restrukturierungssache gegen den Schuldner, die Mitglieder der Geschäftsleitung des Schuldners, die Organe des Schuldners oder gegen den Restrukturierungsbeauftragten erhoben werden können (BRDrs 691/20, 220). Die Regelungen zur sachlichen und örtlichen ausschließlichen Zuständigkeit sollen eine Spezialisierung der Gerichte ermöglichen und der Instanzenzug soll bis zum BGH erstreckt werden (BRDrs 691/20, 219). § 19b wirkt der Zersplitterung der örtlichen Zuständigkeiten entgegen. Die zusammen mit § 71 II Nr 6 GVG eintretende Konzentrationswirkung soll den Sachzusammenhang mit den Restrukturierungssachen wahren und so die Sachvertrautheit des Gerichts mit der Materie und insb dem ›Pflichtenkanon‹ der in Restrukturierungssachen handelnden oder mit der Aufsicht betrauten Personen gewährleisten (BRDrs 691, 220)
II. Verordnungsermächtigung.
Rn 3
§ 19b II 2 ermächtigt die Länder, durch VO eine weitere Konzentration der Zuständigkeiten bei einem LG für die Bezirke mehrerer OLG vorzunehmen.