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Der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der aufgrund der bereits auf dem Originalschriftsatz kaum sichtbaren (blassen) Unterschrift damit rechnen muss, dass diese entgegen § 130 Nr 6 möglicherweise nicht auf die Telekopie übertragen werden wird, handelt schuldhaft, wenn das bei Gericht eingehende und dort ausgedruckte Fax eine im Original tatsächlich vorhandene Unterschrift nicht erkennen lässt und er dadurch eine Frist iSv § 233 S 1 versäumt (BGH MDR 19, 565 f [BGH 31.01.2019 - III ZB 88/18]).
Ein RA hat bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Telefax-Nummer des angeschriebenen Gerichts verwendet wird. Dazu gehört die Anweisung an das Büropersonal, dass die in einem Sendebericht ausgewiesene Faxnummer nach Ausdruck noch einmal auf ihre Zuordnung zu dem angeschriebenen Gericht zu überprüfen ist (BGH FamRZ 18, 610 f; MDR 17, 1073; MDR 16, 1223). Der Abgleich hat an Hand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle zu erfolgen, um auch etwaige Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer aufdecken zu können (BGH MDR 22, 327 Rz 5; FamRZ 18, 610; MDR 16, 1058). Zu den Anforderungen bei Ermittlung einer Faxnummer über die Internetseite des Gerichts vgl BGH NJW 12, 993. Erkennbare Fehlerquellen sind auszuschalten (vgl BGH NJW 00, 1043 zur automatischen Übernahme der Faxnummer aus einem Stammdatenblatt). Soweit bereits gerichtliche Schreiben vorliegen, ist die Faxnummer daraus und nicht aus einem Verzeichnis zu entnehmen (BGH NJW-RR 11, 1557 [BGH 17.08.2011 - VIII ZB 39/10]). Die Kontrolle muss sich darauf erstrecken, ob die gewählte Nummer mit der im gerichtlichen Schreiben angegebenen übereinstimmt und ob es sich tatsächlich um ein Schreiben des Empfängergerichts handelt (BGH MDR 22, 327 [BGH 21.12.2021 - VI ZB 2/21] Rz 6; NJW 11, 312 [BGH 14.10.2010 - IX ZB 34/10]). Ein RA kann sich bei der Übermittlung eines fristgebundenen Antrags als Fax hinsichtlich der Richtigkeit der Telefaxnummer des Gerichts grds auf sein zuverlässiges Personal verlassen. Die anwaltliche Prüfungspflicht bezieht sich nur auf die Richtigkeit der Bezeichnung des Gerichts iSd § 519 Abs 1, nicht dagegen auf die richtige postalische Anschrift oder die richtige Wahl der Faxnummer. Wird aber eine offensichtlich falsche Faxnummer verwendet und befindet sich diese an prominenter Stelle des Schriftsatzes unmittelbar über der Gerichtsbezeichnung, die der RA kontrollieren muss, kann Wiedereinsetzung nicht verlangt werden (BGH 14.5.20 – V ZB 162/16, juris Rz 6, 9; BRAK-Mitt 16, 123 [BGH 02.02.2016 - II ZB 8/15] Rz 9 f). Bemerkt der RA, dass der Schriftsatz nicht an das richtige Gericht versandt wurde, ist er gehalten, über die mündlich erteilte Weisung, den Schriftsatz nunmehr an das richtige Gericht zu versenden, hinaus durch weitere Maßnahmen sicherzustellen, dass der Schriftsatz korrekt versandt wird, etwa indem er sich die Eingangsbestätigung (§ 130a V 2) der erneuten Versendung hätte vorlegen lassen (BGH 14.2.22 – VIa ZB 6/21, juris Rz 8; vgl aber auch BGH NJW-RR 22, 426 [BGH 15.12.2021 - IV ZB 11/21] Rz 12). Ferner muss der RA durch Anweisungen die Prüfung gewährleisten, ob der Schriftsatz vollständig übermittelt wurde (BGH 18.1.18 – IX ZB 4/17, juris Rz 9). Der Vergleich der Anzahl der zu übermittelnden Seiten mit den laut Sendebericht versandten Seiten ist besonders nachdrücklich anzuordnen, wenn die Vorgaben eines in der Kanzlei verwendeten Handbuchs in diesem Punkt lückenhaft sind (BGH NJW 08, 2508 [BGH 14.05.2008 - XII ZB 34/07]). Der Anwalt muss bei der Nutzung eines Fax-Gerätes zur Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes eine ausreichende Zeitreserve einplanen, um einen vollständigen Zugang des zu übermittelnden Schriftsatzes bis zum Fristablauf zu gewährleisten (BGH 23.10.18 – III ZB 54/18, juris Rz 10; MDR 18, 223; NJW 14, 2047; vgl auch BVerfGE 135, 126, 139 f). Dabei ist auch eine mögliche Belegung des Empfangsgeräts in Rechnung zu stellen (BGH FamRZ 18, 610; NJW-RR 15, 1196). Ferner ist für Störfälle Vorsorge zu treffen und sicherzustellen, dass der Übermittlungsvorgang dann entweder vollständig wiederholt oder der Anwalt durch den Kanzleiangestellten informiert wird, um selbst in geeigneter Weise über nunmehr zu treffende Maßnahmen zu entscheiden (BGH NJW 04, 367, 369 [BGH 23.10.2003 - V ZB 28/03]). Die Faxübermittlung darf nicht vorschnell aufgegeben werden (BGH NJW 11, 1972 [BGH 06.04.2011 - XII ZB 701/10] Rz 10). Zu einer ungewöhnlich langen, nicht auf Belegung des gerichtlichen Empfangsgeräts beruhenden Übertragungsdauer vgl BGH NJW-RR 12, 1341 Rz 9 f). Stellt sich heraus, dass eine Faxverbindung aus vom Anwalt nicht zu vertretenden Gründen wegen einer technischen Störung (BGH MDR 17, 1203) oder einer längeren Belegung des Empfangsgeräts (BGH NJW 12, 3516) nicht zustande kommt, muss der Versender alle noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Fristwahrung ergreifen. Dazu gehört auch, aus einer allgemein zugän...