Rn 8

Abs 2 ordnet an, dass für die Entscheidung über die Wiedereinsetzung die für die nachgeholte Prozesshandlung geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Dabei macht es keinen Unterschied, ob über die Wiedereinsetzung isoliert vorab oder zusammen mit der nachgeholten Prozesshandlung entschieden wird (vgl BGH NJW-RR 08, 218 [BGH 19.07.2007 - I ZR 136/05]). Die Verwerfung einer Berufung, einer Revision, einer Nichtzulassungsbeschwerde oder Rechtsbeschwerde kann durch Beschl ohne mündliche Verhandlung ergehen, so dass in einem Beschl sowohl die Wiedereinsetzung gegen Versäumung eines solchen Rechtsmittels versagt als auch die Verwerfung des Rechtsmittels ausgesprochen werden kann. Dies dürfte auch der Regelfall sein. Ein die Berufung verwerfender Beschl ist mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar (§ 522 II 3), unabhängig vom Beschwerdewert. Hat das Berufungsgericht mündlich verhandelt, ist im Wege des Urteils über die Wiedereinsetzung und die Berufung zu entscheiden; hiergegen ist (sofern keine Zulassung der Revision erfolgt) das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegeben, und zwar unabhängig von der Wertgrenze des § 26 Nr 8 EGZPO (Musielak/Voit/Ball § 522 Rz 17; vgl auch BGH NJW-RR 03, 132 [BGH 19.09.2002 - V ZB 31/02]).

 

Rn 9

Die Entscheidung über den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil muss nach der seit 1.1.02 bestehenden Rechtslage stets durch Endurteil ergehen, und zwar auch dann, wenn zuvor nicht mündlich verhandelt worden war (§ 341 II). Wird isoliert vorab (negativ) über die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil entschieden, muss mithin auch das in Urteilsform geschehen (BGH NJW-RR 08, 218); eine dennoch in Beschlussform ergangene Entscheidung ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (BGHZ 98, 362) gleichwohl (auch) mit dem gegen das Urt gegebenen Rechtsmittel anfechtbar.

 

Rn 10

Die Bewilligung der Wiedereinsetzung beseitigt rückwirkend die Folgen der Fristversäumung, die verspätete Rechtshandlung wird als rechtzeitig behandelt (Fiktion): wird einem Anwalt Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist gegen ein ihn aus der Anwaltschaft ausschließendes Urt gewährt, wird damit der Verlust der Zulassung rückwirkend beseitigt und sind Prozesshandlungen, die der Anwalt zwischen der zunächst eingetretenen Rechtskraft des Ausschließungsurteils und der Gewährung der Wiedereinsetzung vornimmt, wirksam (BGHZ 98, 325). Eine vor der Wiedereinsetzung ergangene Entscheidung über die Verwerfung eines Rechtsmittels wird gegenstandslos (s.o. Rn 7), kann aber aus Gründen der Klarstellung auch ausdrücklich aufgehoben werden.

 

Rn 11

Auch die Frage, ob die (negative) Entscheidung über die Wiedereinsetzung der Anfechtung unterliegt, richtet sich nach den Vorschriften, die für die Anfechtbarkeit der nachgeholten Prozesshandlung (also für die Hauptsache) gelten. Ist in der Hauptsache kein Rechtsmittel zulässig (zB im Falle des § 542 II bei Berufungsurteilen im Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren), so ist auch die Versagung der Wiedereinsetzung nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar (BGH NJW 03, 69; Saenger § 238 Rz 9).

Erfolgen Versagung der Wiedereinsetzung und Verwerfung des Rechtsmittels gleichzeitig – typischerweise in einem ›kombinierten‹ Beschl (vgl St/J/Roth Rz 11) wird sich das hiergegen eingelegte Rechtsmittel der Partei regelmäßig auf beide Entscheidungselemente beziehen, denn wenn Wiedereinsetzung zu gewähren ist, kann auch die Verwerfung des Rechtsmittels keinen Bestand haben. Die Frage, ob in einem solchen Fall die Wiedereinsetzungsentscheidung isoliert angefochten werden kann (dagegen St/J/Roth Rz 12; Saenger Rz 8) ist rein akademischer Natur, denn jedenfalls mit nachträglicher Bewilligung der Wiedereinsetzung ist der Verwerfung des Rechtsmittels die Grundlage entzogen (s.o. Rn 7).

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