Rn 7
Dem Tod gleichgestellt ist der Wegfall der rechtlichen Vertretungsfähigkeit eines RA. Hierzu zählen folgende Konstellationen: Der Wegfall der Geschäfts- und Prozessfähigkeit (BGH NJW 59, 1587 [BGH 13.05.1959 - V ZR 151/58]; 02, 2108 [BGH 12.03.2002 - VI ZR 379/01]; BeckRS 20, 10808), der Wegfall der Postulationsfähigkeit (BGH MDR 76, 487; BFH/NV 15, 1252 [BFH 27.05.2015 - X B 72/14] Rz 9 f) = BeckRS 15, 95106), das Erlöschen oder die Rücknahme bzw der Widerruf der Zulassung nach §§ 13 ff BRAO (BGH NJW 13, 2438 [BGH 21.03.2013 - VII ZB 13/12]), das Vertretungsverbot und die Ausschließung nach § 114 I Nr 4, 5, § 204 I, V BRAO, die Erteilung eines vorläufigen Berufs- oder Vertretungsverbotes gem. §§ 150, 155 BRAO (BAG NJW 07, 3226 [BAG 18.07.2007 - 5 AZR 848/06]; Hamm NJW 08, 3075 [OLG Hamm 03.06.2008 - 19 U 26/08] – auch ohne Kenntnis des Gerichts) und die Erteilung eines Berufsverbotes nach § 70 StGB (BGH NJW 90, 1854 [BGH 29.03.1990 - III ZB 39/89]). Der RA, der sich im amtsgerichtlichen Verfahren selbst vertritt, kann auch nach dem Berufsverbot noch wirksam Berufung bis zu einer Zurückweisung nach § 156 II BRAO einlegen; das folgt aus § 155 V 1 BRAO (BGH WM 10, 777). Die Partei, die sich auf die Prozessunfähigkeit beruft, trägt die Beweislast (BGH NJW 02, 2107).
Rn 8
§ 244 ist nicht anwendbar, wenn die Partei dem RA das Mandat entzieht (Anders/Gehle/Becker ZPO § 244 Rz 14). Auch seine tatsächliche Verhinderung, zB Erkrankung, reicht grds nicht aus (so hM: MüKoZPO/Stackmann § 244 Rz 14; Musielak/Voit/Stadler Rz 3; Zö/Greger Rz 4; hierzu krit: Vorwerk NJW 20, 1196 unter Hinweis auf BGHZ 66, 59, der RGZ 141, 167 zitiert). Eine tatsächliche Verhinderung kann nur dann ausreichen, wenn sie ähnl schwer wiegt wie der Tod als dauerhaftes Ereignis (so wohl auch Vorwerk NJW 20, 1196). Die Frage, ob nur eine vorübergehende tatsächliche Verhinderung, die den Anwendungsbereich des § 244 ausschließt, vorliegt, hängt von einer Abgrenzung zu § 53 BRAO ab, nach dem der RA für seine Vertretung sorgen muss, wenn er längere Zeit nicht in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben. Außerdem sind §§ 227, 233 zu berücksichtigen, die bei unvorhersehbaren Verhinderungen eine Vertagung bzw bei einer Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ermöglichen (BGH NJW 20, 157 [BGH 08.08.2019 - VII ZB 35/17] – Einzelanwalt). Deshalb kommt es für die Anwendbarkeit des § 244 auf die Umstände des Einzelfalls an, wenn z.B. ggü einem RA in der Corona-Krise eine Quarantäne angeordnet wird; nur bei einer dauerhaften Verhinderung, die eine Vertretung unter sachlichen Gesichtspunkten ausschließt und bei der eine Kompensation durch die Möglichkeiten nach §§ 227, 233 nicht denkbar ist, wird das Verfahren nach § 244 unterbrochen (so wohl auch Vorwerk NJW 20, 1196; zur Anwendbarkeit von §§ 245, 247 in der Corona-Krise: § 245 Rn 2; § 247 Rn 2).