I. Aussetzungsgrund.
Rn 3
Hierzu gehören der Tod einer Partei (vgl oben § 239 Rn 5–8), Verlust ihrer Prozessfähigkeit (vgl oben § 241 Rn 4), Wegfall ihres Vertreters (vgl oben § 241 Rn 5), Anordnung der Nachlassverwaltung (vgl oben § 241 Rn 1) und Eintritt der Nacherbfolge (vgl oben § 242 Rn 1, 2). Liegen die Aussetzungsvoraussetzungen vor, ist bei einem Antrag des ProzBev die Aussetzung zwingend; das Gericht darf keine Billigkeitserwägungen anstellen (BAG NZI 21, 375 Rz 16 = NJW 21, 874 [VGH Bayern 26.01.2021 - 20 NE 21.162]; Rn 7).
II. Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten.
Rn 4
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 246 ist, dass eine wirksame Prozessvollmacht erteilt wurde, der ProzBev postulationsfähig ist und das Mandat zur Zeit des Ereignisses (Rn 3) noch besteht (BAG NJW 15, 1709 [BAG 17.12.2014 - 5 AZR 663/13]; Anders/Gehle/Becker ZPO § 246 Rz 6). Ob Anwaltszwang besteht, ist unerheblich (Rn 1). Grds erfolgt die Vertretung durch einen RA; dies ist aber nicht zwingend erforderlich (Anders/Gehle/Becker ZPO § 246 Rz 6). Für die Frage der Prozessbevollmächtigung kommt es auf die jeweilige Instanz an (BFH FamRZ 09, 113; Anders/Gehle/Becker ZPO § 246 Rz 6). Bezüglich des Beginns der nächst höheren Instanz wird auf die Ausführungen zu § 244 Rn 4 Bezug genommen.
Rn 5
Vertritt sich ein RA selbst (§ 78 IV), gilt grds § 244 und nicht § 246 (BGH NJW-RR 18, 567 [BGH 01.03.2018 - IX ZR 2/18] Rz 6 und 8; § 239 Rn 17a; 243 Rn 3; § 244 Rn 5).
III. Antrag auf Aussetzung.
Rn 6
Antragsberechtigt sind nach Abs 1 Hs 2 der ProzBev und in den Fällen des Todes der Partei sowie der Nacherbfolge (§§ 239, 242) auch der Gegner. Nicht antragsberechtigt ist hingegen die von dem ProzBev vertretene Partei (BAG NZA 21, 375 Rz 9 = NJW 21, 874 [VGH Bayern 26.01.2021 - 20 NE 21.162]). Auf den Meinungsstreit, ob der ProzBev ein eigenes Antragsrecht hat (so: MüKoZPO/Stackmann § 246 Rz 15; Saenger/Wöstmann § 246 Rz 4; aA: ThoPu/Hüßtege § 246 Rz 4), dürfte es in der Praxis nicht ankommen. Der Antrag kann konkludent erklärt werden, und es ist eine Auslegung möglich (BAG NZA 21, 375 Rz 10). Allein die Mitteilung, dass die Partei verstorben ist, reicht für einen Aussetzungsantrag grds nicht aus, auch dann nicht, wenn gleichzeitig die Ansicht vertreten wird, der Prozess sei unterbrochen (BGH VersR 93, 1375; Oldbg BeckRS 20, 40800 Rz 24). Teilt der ProzBev des verstorbenen Klägers mit, wer dessen Alleinerbe geworden ist und bestreitet dies der Bekl, ist auf dessen Antrag das Verfahren auszusetzen (BGH BeckRS 23, 7838).
Rn 7
Eine Frist ist im Gesetz nicht vorgesehen. Für das Antragsrecht ist es unerheblich, wie lange der Tod der Partei zurückliegt (BAG NZA 21, 375 [BAG 08.12.2020 - 9 AZB 59/20] Rz 14 = NJW 21, 874 [VGH Bayern 26.01.2021 - 20 NE 21.162]). Die Antragsmöglichkeit beginnt mit dem Eintritt des Ereignisses und endet grds mit dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits (ThoPu/Hüßtege § 246 Rz 3). Das ›rügelose‹ Verhandeln zur Hauptsache nach Eintritt des maßgeblichen Ereignisses kann im Einzelfall als Verzicht auf das Antragsrecht ausgelegt werden, soweit der Berechtigte Kenntnis von dem Ereignis hat (KG BeckRS 19, 1372 Rz 24; MüKoZPO/Stackmann § 246 Rz 13; Musielak/Stadler § 246 Rz 3). Hat der ProzBev eine Sterbeurkunde und einen Erbschein vorgelegt sowie mitgeteilt, dass die im Erbschein benannten Erben ihn mit der Vertretung bevollmächtigt hätten, damit der Prozess ohne Verzögerung fortgesetzt werden könne, ist kein Grund mehr für eine Aussetzung gegeben (BGH BeckRS 23, 1151).
Das Gericht muss auf den zulässigen Antrag die Aussetzung anordnen, sofern kein Rechtsmissbrauch vorliegt; eine Angemessenheitskontrolle findet nicht statt (BAG NZA 21, 375 [BAG 08.12.2020 - 9 AZB 59/20] Rz 16 = NJW 21, 874 [VGH Bayern 26.01.2021 - 20 NE 21.162]; München BB 05, 2436; LG München NJW-RR 13, 787 – § 62; Rn 3; aA für den Antrag des Gegners bei erkennbar fehlendem Interesse: Schlesw FamRZ 13, 1752). Die Anordnung der Aussetzung hat jedoch zu unterbleiben, wenn der Rechtsnachfolger bereits rechtswirksam seine Absicht angezeigt hat, das Verfahren fortzusetzen (Ddorf MDR 15, 1205 [OLG Düsseldorf 24.02.2015 - I-24 W 2/15]), es sei denn, die Rechtsnachfolge ist streitig (Ddorf ZEV 16, 337 [OLG Celle 10.12.2015 - 6 W 204/15]).