Rn 1
Die Vorschrift ist anwendbar bei Beschlüssen, mit denen durch das AG oder LG im ersten Rechtszug die Aussetzung (zum Begriff: s.o. vor §§ 239 ff Rn 9, 10) angeordnet oder abgelehnt wird. Dabei werden alle Fälle der Aussetzung erfasst, die in der ZPO oder in anderen Gesetzen vorgesehen ist (s.o. vor §§ 239 ff Rn 9) und nicht nur die der §§ 246 f, wobei die größte praktische Bedeutung bei den Entscheidungen nach §§ 148, 149 besteht (Frankf GRUR-RS 21, 18763 – Art 91 GGV; MüKoZPO/Stackmann § 252 Rz 2).
§ 252 gilt auch für die Anordnung oder Ablehnung des Ruhens nach §§ 251, 251a III als Sonderfall der Aussetzung (MüKoZPO/Stackmann § 252 Rz 11). Wegen der möglichen Unzulässigkeit vgl § 251 Rn 4.
Rn 1a
Allerdings gehen Sonderregelungen dem § 252 vor, wie zB §§ 3 II 1, 6 I 2 KapMuG, der den Beschluss zur Bekanntmachung eines Kapitalanleger-Musterverfahren (vgl näher Stackmann NJW 10, 31) im Klageregister betrifft und der nicht nach § 252 anfechtbar ist (KG NJOZ 19, 191 Rz 7; MüKoZPO/Stackmann Rz 10). Der dann zu erlassene Aussetzungsbeschluss nach § 8 I 1 KapMuG durch das Prozessgericht, der mit der Beschwerde nach § 252 überprüfbar ist, setzt voraus, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungszielen abhängig ist; ist dies nicht der Fall und müsste ein Musterverfahrensantrag als unzulässig verworfen werden, kann der Rechtsstreit nicht durch Aussetzung nach § 8 I 1 KapMuG musterverfahrensmäßig werden (BGH NZG 23, 1659 [BGH 25.07.2023 - XI ZB 11/21] Rz 11 = NJW-RR 23, 1601 [BGH 21.09.2023 - III ZR 139/22]). Diese Abhängigkeit ist abstrakt zu beurteilen und es genügt, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von den Feststellungszielen abhängen kann; hier besteht ein gewisser Beurteilungsspielraum (BGH NJW-RR 19, 1137 Rz 15; München NJW-RR 22, 1563; Bremen BeckRS 19, 33042 = WM 20, 547 Rz 20; vgl auch Braunschw BeckRS 20, 25514 Rz 29). Die Abhängigkeit kann nicht darauf gestützt werden, dass eine Erweiterung des Musterverfahrens um weitere Feststellungsziele naheliegt (BGH BKR 20, 662). Es ist streitig, ob im Rahmen des § 8 I KapMuG geltend gemacht werden kann, dass das ausgesetzte Verfahren nicht in den Anwendungsbereich des KapMuG fällt, obwohl der Vorlagebeschluss nach §§ 3 II, 6 I 2 KapMuG unanfechtbar ist (bejahend: BGH NJW-RR 14, 758 Rz 24; 19, 1137 Rz 15; vgl auch BGH NJW 09, 2539 [BGH 16.06.2009 - XI ZB 33/08] zu § 7 I KapMuG aF; verneinend: Braunschw BKR 17, 173 [OLG Braunschweig 11.11.2016 - 3 W 19/16]; München NJW-RR 22, 1563 [OLG München 19.09.2022 - 8 U 8302/21] Rz 20 ff; vgl auch BGH BKR 20, 662 [BGH 16.06.2020 - II ZB 30/19]). Für die zweite Meinung sprechen Gründe des effektiven Rechtsschutzes und der Sinn eines Musterfeststellungsverfahrens. Eine vergleichbare Problematik ergibt sich auch für die Aussetzung nach § 11 I VDuG für die Verbandsklagen (Abhilfeverfahren einschließlich Umsetzungsverfahren nach § 14 ff VDuG und Musterfeststellungsklage nach §§ 39 f. VDuG, die § 613 II aF abgelöst haben, wobei § 613 II aF nach einer Übergangsregelung noch anzuwenden ist (vgl Anders/Gehle/Schmidt ZPO Sonderbeilage zur 82. Aufl, § 11 I VDuG Rz 4 und Vor § 1 VDuG Rz 2 zur Systematik des Gesetzes; vgl auch § 616 aF Rz 7 ff in der 82. Aufl). Zur Frage der Teilaussetzung nach KapMuG s.o. § 248 Rn 2.
Rn 2
Nicht anwendbar ist § 252 bei Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Unterbrechung (zum Begriff s.o. vor §§ 239 ff Rn 6, 8) stehen (MüKoZPO/Stackmann § 252 Rz 4; aA LAG Köln BeckRS 12, 76099 – Feststellung der Unterbrechung nach § 241: analoge Anwendung des § 252, aber regelmäßig fehlendes Rechtschutzbedürfnis; ThoPu/Hüßtege § 252 Rz 1). Ebenso wenig greift die Vorschrift ein bei einer Aussetzung, die im Zusammenhang mit einem Vorlagebeschluss zB nach Art 100 GG oder Art 267 AEUV (EuGH) erfolgt, da in diesen Fällen kein rechtlicher, sondern ein tatsächlicher Verfahrensstillstand eintritt (Celle NJW-RR 09; 857; Ddorf BauR 09, 1933; Stuttg NJW-RR 21, 61; Musielak/Voit/Stadler § 252 Rz 1; aA Pfeiffer NJW 94, 1996). Dies gilt auch, wenn das aussetzende Gericht auf den Ausgang eines anderen bereits vor dem EuGH anhängigen Verfahrens warten will (Celle NJW-RR 09, 857 [OLG Celle 10.10.2008 - 9 W 78/08]); hier ist aber eine Aussetzung analog § 148 ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen zulässig (BGH ZIP 12, 1432) und damit § 252 anwendbar (Frankf NJOZ 24, 88 Rz 9). Eine Aussetzung nach § 148 kommt auch bei einer Verfassungsbeschwerde gegen eine vorläufige Entscheidung in Betracht (Saarbr NJW 13, 1013 [OLG Saarbrücken 10.12.2012 - 5 W 422/12]).
Rn 3
Keine Anwendung findet § 252, wenn die Entscheidung über die Aussetzung im Endurt erfolgte. Das Gericht ist nicht verpflichtet, vor der Entscheidung über den Ruhens- oder Aussetzungsantrag zu entscheiden (MüKoZPO/Stackmann § 252 Rz 7). Diese Entscheidung kann mit den gewöhnlichen Rechtsmitteln gegen ein Urt angefochten werden, wenn es im Einzelfall zulässig ist (BGH ZIP 13, 848). Das gilt auch für ein ›Zwischenu...