Rn 36
Die Verweisung ist für das angewiesene Gericht bindend (Abs 2 S 4). Bei Verweisung im PKHVerfahren besteht die Bindung nur für dieses Verfahren (BGH NJW-RR 10, 209; Hamm FamRZ 16, 1292), mangels Rechtshängigkeit der Klage nicht für das nachfolgende Klageverfahren (Celle MDR 11, 1318). Auch ein sachlich zu Unrecht erlassener Verweisungsbeschl ist grds nicht überprüfbar (BGH NJW-RR 08, 1309). Weiterverweisung bzw Abweisung wegen Unzuständigkeit kommt nicht in Betracht. Bindung auch, wenn das Gericht eine seine örtliche Zuständigkeit begründende Norm, auf die sich der Kl nicht berufen hat, übersieht (BGH NJW-RR 15, 1016), eine unübersichtliche Gesetzeslage mit Auslandsberührung vorlag (Brandbg FamRZ 17, 135) oder Verweisung ohne Antrag erfolgt (BGH ZinsO 18, 1144).
Rn 37
Die Bindungswirkung gilt auch im Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 I Nr 6 (BayObLG WM 05, 2157) und entspr im selbstständigen Beweisverfahren (BGH NJW-RR 10, 891). Eine Verweisung ist nicht nur hinsichtlich derjenigen Zuständigkeitsfrage bindend, derentwegen verwiesen worden ist (soweit also verweisendes und angewiesenes Gericht in der Zuständigkeitsfrage konkurrieren), sondern auch hinsichtlich sonstiger Zuständigkeitsfragen, soweit das verweisende Gericht die Zuständigkeit auch in dieser Hinsicht geprüft hat (BGH NJW-RR 98, 1219 [BGH 26.11.1997 - XII ARZ 34/97]).
Rn 38
Das Gericht kann den Verweisungsbeschl nicht zurücknehmen, allenfalls gem § 319 berichtigen (BGH NJW-RR 93, 700 [BGH 17.02.1993 - XII ARZ 2/93]). Eine Zurückverweisung (BGH NJW-RR 94, 126 [BGH 06.10.1993 - XII ARZ 22/93]) an das verweisende Gericht ist ebenso wie eine Weiterverweisung an ein drittes Gericht (BGH NJW-RR 98, 1219 [BGH 26.11.1997 - XII ARZ 34/97]) ausgeschlossen; jedoch nicht bei Klageänderung (BGH NJW 90, 53 [BGH 17.05.1989 - I ARZ 254/89]).
Rn 39
Hat ein Gericht eine Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit abgewiesen, so steht diese Entscheidung der Bindungswirkung eines später in einem neuen Verfahren über denselben Streitgegenstand von einem anderen Gericht erlassenen Verweisungsbeschl an das erste Gericht nicht entgegen (BGH NJW 97, 869 [BGH 13.11.1996 - XII ARZ 17/96]).
Rn 40
Die bloße Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts steht der Bindung nicht entgegen, auch wenn der Verweisungsbeschl von der hM abweicht (BGH NJW-RR 11, 1364; NJW 03, 320; München NJW-RR 16, 1532), jedoch keine Bindung mehr, wenn konkreter Anlass zur Erörterung der hM bestand wegen eines Parteihinweises oder wegen fehlenden Einvernehmens über die Verweisung (München MDR 17, 233). Unerheblich sind Verfahrensfehler (Verweisung ohne Antrag, BGHZ 139, 305 oder durch Urt statt Beschl, BGH NJW-RR 00, 1731) ebenso eine unterbliebene Belehrung des Bekl über Folgen rügeloser Verhandlung gem § 504 (BGH NJW-RR 13, 1398 [BGH 27.08.2013 - X ARZ 425/13]). Die Verweisung muss objektiv vertretbar sein, nicht entscheidend ist, ob die sie zutr begründet ist (BGH MDR 15, 51 [BGH 28.10.2014 - XI ZR 395/13]) oder ob das verweisende Gericht evtl eine Vorschrift übersehen hat (Karlsr MDR 11, 1499). Bindend ist auch Gesamtverweisung, obwohl für Klage und Widerklage LG und AG zuständig sind (München BauR 15, 313) oder Gericht eigenen Gerichtsstand des Erfüllungsorts gem § 29 übersieht (BGH NJW-RR 11, 1364; Karlsr JurBüro 15, 206).
Rn 41
Obwohl der Verweisungsbeschl für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bzgl der Rechtswegverweisung bindend ist (§ 17a II 3 GVG), kann dieses wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit in einen anderen Rechtsweg weiter verweisen (BGHZ 70, 295). Eine Durchbrechung der Bindungswirkung ist, anders als bei § 281 Abs 1 wegen ›krasser Rechtsverletzungen‹, bei Rechtswegverweisung nicht möglich. Hat die Partei ein Rechtsmittel nicht genutzt, besteht kein Anlass, dem Gericht des für zulässig erklärten Rechtswegs die Befugnis zuzubilligen, sich an die Stelle des Rechtsmittelgerichts zu setzen (BGH MDR 13, 1242). Die Zulässigkeit des Rechtswegs prüft das Berufungsgericht nicht mehr (§ 17a V GVG). Auch bei einer stillschweigend bejahten Zulässigkeit des Rechtsweges ist es an die Entscheidung gebunden (BGH NJW 08, 3572 [BGH 18.09.2008 - V ZB 40/08]). Anders ist es bei erfolgter Rüge, die eine Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG erfordert hätte (BGH VersR 10, 790). In diesem Fall spricht das Berufungsgericht die Verweisung aus (Köln NJW-RR 95, 910) unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils (BGH NJW 98, 2057).