Rn 17
Das angegangene Gericht muss zum Schluss der mündlichen Verhandlung örtlich oder sachlich unzuständig sein, so dass Zuständigkeitsvereinbarung bzw rügelose Einlassung (§§ 38 ff) sowie die Fortdauer der Zuständigkeit gem § 261 III Nr 2 zu beachten sind (vgl iE Geisler § 261 Rn 17 f). Ausgeschlossen ist die Verweisung, wenn das Gericht neben anderen Gerichten auch zuständig ist (BGH NJW 06, 847; Frankf NJW 01, 3792 [OLG Frankfurt am Main 17.08.2001 - 21 AR 65/2001]).
Rn 18
Eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Rechtshängigkeit kann entspr § 261 Abs 3 Nr 2 nicht dazu führen, die Unzuständigkeit eines einmal angerufenen zuständigen Gerichts zu begründen (BGH NJW-RR 10, 891 [BGH 18.02.2010 - Xa ARZ 14/10]; München NJW-RR 16, 1532 [OLG München 23.05.2016 - 34 AR 65/16]; aM LG Meiningen 25.6.13 1 O 1037/12 juris), daher keine Weiter- oder Rückweisung (BGH NJW 63, 585 [BGH 16.11.1962 - III ARZ 123/62]). Verweisung gem § 281 aber möglich bei nachträglicher Klageänderung (BGH NJW 62, 1819), Änderung des Streitgegenstands (BGH NJW 90, 53 [BGH 17.05.1989 - I ARZ 254/89]), der gerichtsinternen Zuständigkeit (BGH NJW 81, 2464 [BGH 20.05.1981 - IVb ZR 572/80]) oder Klageerweiterung gem § 506. Dagegen kann ein angegangenes unzuständiges Gericht durch nachträgliche Vereinbarung (Zweibr NJW-RR 89, 716) oder rügelose Einlassung (§ 39) zuständig werden.
a) Teilunzuständigkeit.
Rn 19
Ist das angegangene Gericht nur für einen mehrerer Klagegründe zuständig, ist die Teilverweisung wegen der übrigen Klagegründe an das zuständige Gericht ausgeschlossen und die Klage insoweit als unzulässig abzuweisen (BGH NJW 71, 564 [BGH 08.12.1970 - VI ZR 174/68]; NJW 90, 899 [BGH 05.10.1989 - IX ZR 265/88]).
Rn 20
Ausn: Teilverweisung zulässig bei Klagenhäufung (§ 260) wegen eines selbstständigen Anspruchs, wenn Abtrennung (§ 145) möglich (OLGR Hambg 06, 416; OLGR Frankf 00, 35); Widerklage bei ausschl Gerichtsstand (Frankf NJW 10, 3173; Ddorf FamRZ 82, 511).
b) Haupt- und Hilfsantrag.
Rn 21
Sind für Haupt- und Hilfsantrag verschiedene Gerichte zuständig, kann erst nach Abweisung des Hauptantrags das Verfahren wegen des Hilfsanspruchs abgegeben werden (BGH NJW 81, 2417 [BGH 08.07.1981 - IVb ARZ 532/81]); ist das Gericht für den Hauptantrag unzuständig, für den Hilfsantrag zuständig, ist die ganze Sache zu verweisen (BGH NJW 56, 1357 [BGH 28.05.1956 - III ZR 326/54]) und nach Abweisung des Hauptantrags wegen des Hilfsantrags zurückzuverweisen.
c) Klage und Widerklage.
Rn 22
Besteht kein Sachzusammenhang (§ 33) ist die isolierte Verweisung von Hauptklage und Widerklage zulässig. Die nach § 33 begründete Zuständigkeit der Widerklage bleibt von der Abtrennung (§ 145) unberührt. Bei ausschl Zuständigkeit des AG für eine Klage und Zuständigkeit des LG für die Widerklage ist die Verweisung des gesamten Rechtsstreits nach § 506 nicht möglich. Der Antrag des Widerkl, den gesamten Rechtsstreit zu verweisen, kann nicht ohne weiteres in einen Antrag auf Abtrennung und Verweisung nur der Widerklage umgedeutet werden (München 10.6.08 31 AR 53/08 juris).
d) Rechtsmittelverfahren.
Rn 23
Eine beim falschen Berufungsgericht eingelegte Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie kann nicht in entsprechender Anwendung von § 281 an dieses Gericht verwiesen werden (BGH WuM 20, 815 [BGH 22.10.2020 - V ZB 45/20]). Nur bei zulässigem Rechtsmittel ist Verweisung an das zuständige Gericht auch in der Berufungsinstanz zulässig (KG 1.3.11 14 U 122/08 juris), sogar im Revisionsverfahren (BGHZ 16, 339). Die Verweisung erfolgt durch Urt unter gleichzeitiger Aufhebung des Urt der Vorinstanz (BGH NJW-RR 88, 1405). Eine Verweisung ist wegen § 513 II ausgeschlossen, wenn das Erstgericht sich für zuständig hielt, aber nicht das Rechtsmittelgericht (BGH NJW-RR 05, 501 [BGH 22.10.2004 - V ZR 47/04]).
Rn 23a
Wird ein Rechtsmittel bei verschiedenen Gerichten eingelegt und hält sich ein Gericht für unzuständig, hat es die Sache an das andere abzugeben (BGH NJW-RR 12, 141 [BGH 29.09.2011 - V ZB 157/11]). Diese die funktionelle Zuständigkeit betreffende Abgabeentscheidung ist nicht bindend. Auf Verweisungen unter Rechtsmittelgerichten ist § 281 auch nicht entsprechend anwendbar (BGH NZM 10, 166 [BGH 10.12.2009 - V ZB 67/09]). Dies vermeidet einander widersprechende Entscheidungen in der Sache als auch, dass das Rechtsmittel nur deshalb verworfen wird, weil jedes Gericht das jew andere für zuständig hält (BGH NJW 15, 3171 [BGH 11.06.2015 - V ZB 34/13]). Sieht sich das Gericht, an das abgegeben wird, als zuständig an, hat es in der Sache über das einheitliche Rechtsmittel zu entscheiden. Hält es sich ebenfalls für unzuständig, muss wegen des Kompetenzkonflikts eine Zuständigkeitsbestimmung gem § 36 Abs 1 Nr 5 oder 6 herbeigeführt werden (BGH NJW 21, 2121 [BGH 26.11.2020 - V ZB 151/19]).