Prof. Dr. Ulf P. Börstinghaus
a) Allgemein.
Rn 16
Insb wg der uU existentiellen Folgen des § 940a III (dazu Kinne GE 14, 1240, 1242) ist eine Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Abwendung besonderer Nachteile für den Kläger gerechtfertigt (Wendt, Die einstweilige Räumungsverfügung des § 940a II 2 ZPO, 15, S 71). Diese müssen umfassend vorgetragen und glaubhaft gemacht werden.
b) Vermieterinteressen.
Rn 17
Dem Vermieter müssen besondere Nachteile entstehen (LG Berlin NJW 14, 1188; GE 14, 1139; Blank IMR 14, 537). Normale Nachteile, die jeder Gläubiger einer rechtshängigen Forderung erleiden kann, wie zB die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, auch wg Dauer des Prozesses (München ZInsO 21, 2291 mAnm Börstinghaus jurisPR-MietR 19/21 Anm 2; LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631; LG Berlin GE 14, 1139; Meyer-Abich NJW 19, 1504); aA Zehelein WuM 13, 133, 138), reichen nicht aus. Selbst die Gefahr des Totalverlustes der Forderung reicht nicht aus (Abramenko § 5 Rz 36; Börstinghaus WuM 13, 658, 660; aA Celle NZM 13, 729). Es müssen darüber hinaus Nachteile eintreten (München ZInsO 21, 2291 mAnm Börstinghaus jurisPR-MietR 19/21 Anm 2; Börstinghaus in Börstinghaus/Eisenschmid § 283a Rz 25 ff; Kinne GE 14, 1240, 1244: ›Existenzgefährdung‹). Ein während des Prozesses eintretender Liquiditätsengpass reicht als Nachteil nicht aus (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631; LG Berlin NZM 14, 268; Emmerich NZM 14, 881, 887). Entscheidend sind nur Nachteile hinsichtlich der nach Rechtshängigkeit fällig gewordenen Ansprüche (Celle NZM 13, 729). Einzubeziehen ist die Höhe des Zahlungsrückstandes und die Bedeutung der Forderung (LG Berlin GE 14, 1139). Der Gesetzgeber wollte vor allem Privatvermieter schützen, die auf den Eingang der Mieten zum Bestreiten des Lebensunterhalts oder zur Finanzierung des Gebäudes besonders angewiesen sind, weil sonst ggf die Zwangsversteigerung droht (Börstinghaus NJW 13, 3265; Meyer-Abich NJW 19, 1504; ders NZM 16, 329, 334). Auch hier ist aber eine umfassende Darlegung der Vermögensverhältnisse erforderlich (LG Berlin NJW 14, 1188 [LG Berlin 21.02.2014 - 63 T 18/14]; Kinne GE 14, 1240, 1244), weshalb Privatvermieter sich scheuen, sich diese Blöße zu geben (Meyer-Abich NJW 19, 1504). Allein die Tatsache, dass die Mietzahlungen für die Bedienung der Finanzierungsraten benötigt werden, reicht als Nachteil nicht, da der Vermieter mit der Sicherheitsleistung den Kredit auch nicht bedienen kann (Schmidt-Futterer/Streyl § 283a ZPO Rz 29; München ZInsO 21, 2291 mAnm Börstinghaus jurisPR-MietR 19/21 Anm 2). Bleiben bei einem Forderungsausfall nur ca 20 EUR ungedeckte monatliche Darlehensverbindlichkeiten übrig, liegt kein besonderer Nachteil vor (LG Saarbrücken WuM 15, 630, 631 [AG Köln 04.06.2013 - 205 C 592/12]). Bei gewerblichen Vermietern sind die Anforderungen sogar noch erheblich strenger (LG Berlin GE 14, 1139; Meyer-Abich NJW 19, 1504; Flatow NJW 13, 1185, 1190). Ein Forderungsausfall von 4 % reicht auch bei sehr hoher absoluter Forderungshöhe ebenso wenig aus wie ein vertraglich vereinbarter ›cash trap‹ (Celle NZM 13, 729 [OLG Celle 17.09.2013 - 2 W 205/13]; aA Hinz infoM 13, 399). Bloße Zahlungsunwilligkeit bei bestehender Zahlungsfähigkeit reicht nie (Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 29; Börstinghaus NJW 13, 3265). Das gleiche gilt, wenn es bereits einen – vorläufig – vollstreckbaren Titel gibt. Daraus kann dann sogar Zahlung und nicht nur eine Sicherheit verlangt werden. Zu den Nachteilen gehören auch die Tatsachen, dass die Verfahrensdauer sich infolge der Corona-Pandemie und der Terminverlegung zum Schutz der Ausbreitung des Corona-Virus die gewöhnliche Verfahrensdauer für Räumungs- und Zahlungsklagen erheblich übersteigt, sich der Vermieter durch den erheblichen Forderungsausfall in seiner Lebenshaltung einschränken muss und zudem das bewilligte Darlehen zum Erwerb der Immobilie nicht mehr ordnungsgemäß bedienen kann (AG Seligenstadt MietRB 20, 236 m Anm Börstinghaus jurisPR-MietR 21/20 Anm 4). Die Möglichkeit nach § 940a III eine einstweilige Verfügung auf Räumung zu beantragen, gehört nicht zu den zu berücksichtigenden Nachteilen (AG Dortmund NZM 14, 903 [AG Dortmund 13.02.2014 - 425 C 533/14]; Schmidt-Futterer/Streyl § 283a Rz 27; Emmerich NZM 14, 881, 889; MüKoZPO/Prütting § 283a Rz 8; aA Lützenkirchen ZMR 12, 607). Die Sicherungsanordnung soll nur die Forderung sichern und nicht einen neuen Räumungsanspruch schaffen.
c) Mieterinteressen.
Rn 18
Hier genügen einfache Nachteile. Da der Mieter die Miete sowieso an den Vermieter hätte zahlen müssen, ist der Mittelabfluss kein zusätzlicher Nachteil. Eine zusätzliche Zahlung kann nur bei der Aufrechnung eintreten, wenn der Mieter zB wg Verzug des Vermieters mit der Mangelbeseitigung selbst den Mangel beseitigt hat und SchadE gem § 536a II BGB verlangt. Bei Verwendungsersatzansprüchen muss gem. § 1001 BGB der Eigentümer die Sache entweder zurückerhalten, oder die Verwendungen genehmigt haben (Naumbg NJW 16, 1250 [OLG Naumburg 15.09.2015 - 12 W 84/15]).
d) Glaubhaftmachung.
Rn 19
Die Parteien müssen wechselseitig die von ihnen dargelegten Nachteile gla...