Rn 44
In Anlehnung an § 244 II–IV StPO hat die Rspr eine Reihe von Gründen entwickelt, bei deren Vorliegen eine Ablehnung von Beweisanträgen ausnahmsweise zulässig ist (ausf Laumen MDR 20, 193 ff; Ullenboom ZZP 133, 103 ff). Eines besonderen Verfahrens für die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf es nicht. Insbesondere ist eine Ablehnung schon darin zu sehen, dass das Gericht einen angebotenen Beweis nicht erhebt (Zö/Greger Vor § 284 Rz 8b). Ebenso wenig ist eine gesonderte Begründung in den Entscheidungsgründen zwingend erforderlich; sie empfiehlt sich allerdings in Zweifelsfällen sowie dann, wenn eine Partei erkennbar besonderen Wert auf die Erhebung eines bestimmten Beweises gelegt hat (vgl Jäckel Rz 290). Dem vollständigen Übergehen von Beweisanträgen steht es iÜ gleich, wenn eine zunächst angeordnete Beweisaufnahme vom Gericht nicht zu Ende geführt wird (BGH NJW 92, 1768 [BGH 29.01.1992 - VIII ZR 202/90] – Absehen von der Vernehmung eines im Ausland lebenden Zeugen).
a) Ermessen des Gerichts.
Rn 45
Die Ablehnung eines Beweisantrages kommt zunächst in Betracht, wenn die Beweisaufnahme ohnehin im Ermessen des Gerichts steht. So kann es von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen, wenn es meint, selbst die erforderliche Sachkunde zu besitzen (BGH NJW 00, 1946, 1947 [BGH 21.03.2000 - VI ZR 158/99]). Im Anwendungsbereich des § 287 steht es ebenfalls im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es eine beantragte Beweisaufnahme anordnet (BGHZ 133, 110, 115 = NJW 96, 2501, 2502; zu den Grenzen § 287 Rn 21). Schließlich kann das Gericht einen Beweisantrag zurückweisen, wenn er verspätet angetreten worden ist (§§ 282, 296 II, 530, 531 II).
b) Mangelnde Bestimmtheit des Beweisantrages.
Rn 46
Der Beweisantrag muss das Beweisthema und das Beweismittel genau bezeichnen. Notwendiger Inhalt eines Beweisantrags ist deshalb die spezifizierte Bezeichnung der Tatsachen, die bewiesen werden sollen. Daran fehlt es ins beim Beweisermittlungsantrag (Rn 24), der darauf gerichtet ist, durch die Beweisaufnahme entscheidungserhebliche Tatsachen erst in Erfahrung zu bringen (vgl LG Köln NZM 99, 404: Behauptung ›erheblicher Mängel‹ in einer Wohnung unter Beweisantritt ›Sachverständigengutachten‹). Solche Beweisanträge können zurückgewiesen werden, wenn das Gericht zuvor der betreffenden Partei Gelegenheit zur Konkretisierung des Beweisangebotes gegeben hat (BGH NJW-RR 91, 888, 890 [BGH 04.03.1991 - II ZR 90/90]). An der notwendigen Bestimmtheit fehlt es ferner dann, wenn sich der Beweisantrag am Ende eines mehrseitigen Schriftsatzes befindet und keinen Bezug zu einer konkreten Tatsachenbehauptung hat (BGH IX ZR 159/09, juris). Allerdings dürfen an die Präzisierung eines Beweisantrages auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. So geht es nicht an, den Beweisantrag zum Hergang eines Verkehrsunfalls mit der Begründung zurückzuweisen, es sei nicht angegeben, ob die benannten 5 Zeugen Fußgänger oder Fahrzeugführer gewesen seien (KG MDR 08, 588).
c) Unerheblichkeit des Beweisthemas.
Rn 47
Ein Beweisantrag ist unerheblich, wenn die betreffende Tatsache auch bei Gelingen des Beweises keinen Einfluss auf die gerichtliche Entscheidung haben kann (für den Strafprozess BGH NJW 00, 370, 371), etwa weil das Klagevorbringen auch ohne diese Tatsache schlüssig ist oder eine Hilfsbegründung der Klage ohne eine Beweisaufnahme zum Erfolg verhelfen kann. Bei einem Indizienbeweis (§ 286 Rn 52) hängt die Erheblichkeit eines Beweisantritts zusätzlich davon ab, ob die zu beweisende Tatsache – ihre Richtigkeit unterstellt – iVm weiteren Indizien und dem sonstigen Sachverhalt einen hinreichend sicheren Schluss auf das Vorliegen der Haupttatsache zulässt (BGHZ 53, 245, 261 = NJW 70, 946, 950; NJW-RR 93, 443; 13, 743, 745). Wird ein Zeuge zum Beweis einer in der Person eines Dritten vorhandenen inneren Tatsache benannt, so ist der Beweisantritt nur erheblich, wenn auch schlüssig dargelegt wird, auf Grund welcher Umstände der Zeuge Kenntnis von der zu beweisenden Tatsache erlangt hat (BGH NJW 92, 2489 [BGH 30.04.1992 - VII ZR 78/91]; großzügiger BGH NJW-RR 04, 247, 248 [BGH 05.11.2003 - VIII ZR 218/01]).
d) Fehlende Beweisbedürftigkeit.
Rn 48
Ist die unter Beweis gestellte Tatsache nicht beweisbedürftig, ist eine Beweisaufnahme überflüssig. Nicht beweisbedürftig sind nicht bestrittene oder nicht wirksam bestrittene (§ 138 III, IV), zugestandene (§ 288), offenkundige (§ 291) und vermutete Tatsachen (§ 292), ferner Tatsachen, die auf Grund eines Anscheinsbeweises (§ 286 Rn 28 ff), einer tatsächlichen Vermutung (§ 292 Rn 6), einer Beweisvereitelung (§ 286 Rn 103 f), einer Schadensschätzung (§ 287) oder von unstreitigen bzw bewiesenen Indizien als feststehend zu behandeln sind. Die Beweisbedürftigkeit fehlt ferner für einen Gegenbeweis, solange der Hauptbeweis nicht erbracht ist (s aber Rn 14) oder für Tatsachen, die aufgrund der Interventionswirkung des § 68 für das Gericht bindend sind.
e) Fehlende Verfügbarkeit des Beweismittels.
Rn 49
Davon kann nur die Rede sein, wenn das Beweismittel nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit nicht verfügbar ist. An diese Annahme sind strenge Anforderungen zu stellen (BGHZ ...