Rn 1
Das gerichtliche Geständnis ist die innerhalb eines Rechtsstreits abgegebene Erklärung einer Partei, dass eine von der anderen Partei behauptete Tatsache wahr ist (BGH NJW 02, 1276, 1277; NJW-RR 15, 1322, 1323 [BGH 30.04.2015 - IX ZR 1/13] Rz 15). Sie erklärt damit ihr Einverständnis, dass die entsprechende Tatsache zur Grundlage der Entscheidung gemacht werden kann. Mit einem Geständnis entfällt also die Beweisbedürftigkeit der betreffenden Tatsache (Gehrlein MDR 16, 1). Die zugestandene Tatsache bindet das Gericht (Ausnahme Rn 8) und ist für die gestehende Partei unwiderruflich (Ausnahme § 290). Als Prozesshandlung müssen die allg Prozesshandlungsvoraussetzungen (Einl Rn 51) vorliegen. Außerdem ist das Geständnis damit bedingungsfeindlich, es sei denn, es handele sich um eine innerprozessuale Bedingung (BGH NJW-RR 03, 1145, 1146 [BGH 25.02.2003 - X ZR 240/00]). Bezieht sich das Geständnis auf eine dem Gestehenden ungünstige Tatsache, die der Gegner noch gar nicht behauptet hat, so tritt die Geständniswirkung erst ein, wenn sich der Gegner diese Tatsache ausdrücklich, stillschweigend oder nur hilfsweise zu Eigen macht (BGH NJW-RR 94, 1405 [BGH 15.12.1993 - VIII ZR 197/92]). Bis dahin kann es jederzeit widerrufen werden. Es handelt sich dann um ein sog antizipiertes oder vorweggenommenes Geständnis (ausf Orfanides FS Baumgärtel 90, 427 ff). Ein gerichtliches Geständnis ist nur in einem Verfahren mit Beibringungsgrundsatz denkbar, nicht aber bei Geltung des Untersuchungsgrundsatzes. Ebenso wenig können die Parteien über Tatsachen verfügen, die einer Prüfung vAw unterliegen (St/J/Thole Rz 8). ›Geständnisse‹ können hier nur iRd Beweiswürdigung als Indiz für die Richtigkeit der betreffenden Tatsache herangezogen werden.
Rn 2
Vom Anerkenntnis (§ 307) und vom Klageverzicht (§ 306) unterscheidet sich das Geständnis dadurch, dass es sich ausschließlich auf Tatsachen bezieht und nicht auf den geltend gemachten prozessualen Anspruch als solchen. Geständniswirkung entfaltet gem § 138 III auch das bloße Nichtbestreiten einer Tatsache. Im Gegensatz dazu muss das gerichtliche Geständnis aber ausdrücklich erklärt werden (zur Auslegung einer Erklärung, mit der eine Tatsache ausdrücklich ›außer Streit gestellt‹ wird vgl BGH NJW 94, 3109 [BGH 07.07.1994 - IX ZR 115/93]); außerdem können die nach § 138 III zugestandenen Tatsachen grds noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestritten werden, während dem Geständnis Bindungswirkung zukommt. Offenkundige Tatsachen (§ 291) muss das Gericht vAw beachten, ohne dass es einer entsprechenden Parteierklärung bedarf. Außergerichtliche Geständnisse sind entsprechende Erklärungen einer Partei außerhalb des jeweiligen Rechtsstreits, etwa das Geständnis in einem Strafverfahren (BGH NJW-RR 04, 1001 = ProzRB 04, 233 [BGH 15.03.2004 - II ZR 136/02] mit Bespr Laumen), in einem Vorprozess (BGH NJW 94, 3165, 3167 [BGH 15.06.1994 - XII ZR 128/93]) oder ein vorprozessuales Eingestehen (zB in Form einer Quittung BGH NJW-RR 98, 1470). Solche Geständnisse haben zunächst nur Indizwirkung iRd Beweiswürdigung, auch wenn sie – was zulässig ist – widerrufen werden (vgl den Fall BGH NJW 22, 3147 ff [BGH 26.04.2022 - X ZR 3/20]). Ihnen in der Rechtswirkung gleichgestellt sind gerichtliche Geständnisse, die die Anforderungen des § 288 nicht erfüllen, etwa weil sie von einer prozessunfähigen Partei abgegeben worden sind. Geständniswirkung kommt dem außergerichtlichen Geständnis erst dann zu, wenn es von der gestehenden Partei ausdrücklich oder stillschweigend in den Prozess eingeführt worden ist (BGH NJW-RR 05, 1297, 1298 [BGH 19.05.2005 - III ZR 265/04]).