I. Tatsachen.
Rn 3
Gegenstand eines Geständnisses können nur die von einer Partei behaupteten Tatsachen (§ 284 Rn 7) sein. Dazu gehören nicht nur nach außen sichtbare Geschehnisse oder Zustände, sondern auch innere Tatsachen wie Kenntnis, Absicht oder das Wissen und Wollen des Erfolges beim Vorsatz (vgl BGH NJW-RR 15, 1321, 1322 Rz 15). Erfasst werden ferner sog juristische Tatsachen. Das sind allgemeine (Rechts-)Begriffe des täglichen Lebens, mit denen ein ganzer Tatsachenkomplex bezeichnet wird wie etwa Kauf (BGH NJW 99, 3481 [BGH 09.07.1999 - V ZR 12/98]), Schenkung, Leihe, Darlehen (BGH NJW 62, 1395 [BGH 24.05.1962 - VII ZR 46/61]), Verpfändung (BVerfG NJW 19, 419, 420 [BVerfG 20.11.2018 - 1 BvR 2716/17] Rz 17), Stellung als Erbe (BGH LM Nr 1 zu § 260 BGB) oder Eigentümer (BGH DtZ 95, 328), Abnahme (Frankf NJW-RR 94, 530 [OLG Frankfurt am Main 11.01.1994 - 5 U 31/93]), Geschäftsfähigkeit eines Erblassers (BGH NJW-RR 03, 1145, 1146), Vertragsschluss mit dem Gegner (BGH NJW-RR 06, 281, 282; VersR 18, 354, 356 Rz 20), nicht aber die Passivlegitimation bei schwieriger Rechtslage (BGH NJW 10, 3576, 3577) oder die Vereinbarung der Unverfallbarkeit einer Rentenanwartschaft (BGH MDR 07, 1278). Dazu gehören präjudizielle Rechtsverhältnisse jedenfalls dann, wenn sie Gegenstand einer selbstständigen Feststellungsklage sein können (BGH NJW-RR 03, 1578, 1579 – Zustandekommen eines Vertrages). Nicht Gegenstand eines Geständnisses können dagegen Werturteile (BGH NJW 58, 1968 – Sittenwidrigkeit; BGHZ 129, 136, 155 = NJW 95, 1739, 1744 – Fortführungsprognose bei einer Gesellschaft), Erfahrungssätze und Einzelelemente der Beweiswürdigung (zB Glaubwürdigkeit eines Zeugen) sein, da ihnen ein Tatsachenwert nicht zukommt. Das Gleiche gilt für die Auslegung von Urkunden, Willenserklärungen und Vertragsklauseln (St/J/Thole Rz 18) sowie für reine Rechtsfragen (BGH NJW-RR 15, 1322, 1323 [BGH 30.04.2015 - IX ZR 1/13] Rz 15 – Verjährungsbeginn). Geständnisfähig sind insoweit nur die tatsächlichen Grundlagen der Auslegung oder des Rechtsverhältnisses.
II. Ungünstige Tatsachen.
Rn 4
Das Geständnis muss sich auf eine für den Gestehenden ungünstige und vom beweisbelasteten Gegner behauptete Tatsache beziehen (vgl BGH NJW 90, 392, 393 [BGH 29.09.1989 - V ZR 326/87]; Jena NJW-RR 18, 260, 261 [OLG Jena 19.10.2017 - 1 UF 221/14]). Erforderlich ist also stets, dass die Tatsache ohne das Geständnis beweisbedürftig gewesen wäre und die Beweisbedürftigkeit durch das Geständnis weggefallen ist. Betrifft das Geständnis eine Tatsache, die der beweisbelastete Gegner noch gar nicht behauptet hat, greift die Geständniswirkung erst ein, wenn sich der Gegner die Tatsache zu Eigen macht, sog vorweggenommenes Geständnis (Rn 1). Vor diesem Zeitpunkt ist das Geständnis frei widerrufbar, kann aber als Indiz iRd Beweiswürdigung für die Wahrheit der betreffenden Tatsache herangezogen werden.
III. Die Erklärung des Geständnisses.
Rn 5
Das Geständnis ist eine einseitige (§ 288 II) Erklärung an das Gericht iRe mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters. Es genügt auch die ausdrückliche oder stillschweigende (BGH NJW-RR 90, 1150, 1151 [BGH 04.04.1990 - VIII ZR 125/89]; Hamm NVersZ 01, 403, 404; dazu Panetta NJOZ 08, 2166 ff) Bezugnahme nach § 137 III auf einen entsprechenden Schriftsatz (BGH NJW-RR 99, 1113 [BGH 14.04.1999 - IV ZR 289/97]). Ein rein schriftliches Geständnis ist nur möglich in schriftlichen Verfahren (§§ 128 II, 251a, 331a). Erforderlich ist ferner ein Geständniswille, der ggf durch Auslegung der Erklärung zu ermitteln ist (BGH NJW 00, 276, 277; 06, 2181, 2182 [BGH 09.05.2006 - VI ZR 225/05]). Es muss zum Ausdruck kommen, dass die Partei die Tatsachenbehauptung der gegnerischen Partei endgültig gegen sich gelten lassen will (BGH NJW-RR 96, 699, 700). Das bloße Nichtbestreiten einer gegnerischen Behauptung reicht dafür regelmäßig nicht aus (BVerfG NJW 01, 1565, 1566 [BVerfG 06.02.2001 - 1 BvR 1030/00]; Gehrlein MDR 16, 1 mwN). Zum Nichtbestreiten müssen weitere Umstände hinzukommen, die auf das Vorliegen eines Geständnisses schließen lassen (vgl BGH NJW 96, 1044). Verbleibende Zweifel muss das Gericht ggf durch Fragen nach § 139 ausräumen. Beantragt der Beklagte die Abweisung der Klage allein wegen einer von ihm erklärten Hauptaufrechnung, sind die der Klage zugrunde liegenden Tatsachen stillschweigend zugestanden (BGH NJW-RR 96, 699, 700; BGHZ 231, 365, 376 Rz 37 = NJW 22, 1174; aA Celle OLGR 99, 111, 112). Legt der Kläger einen bestimmten Vertrag vor, so gesteht der Beklagte den Vertragsinhalt zu, wenn er ein identisches Vertragsexemplar zu den Akten reicht (BGH NJW 11, 2349 [BGH 11.01.2011 - XI ZR 326/08] Rz 15). Wendet der auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch Genommene ein, er habe das Geld zwar erhalten, aber als Geschenk, so ist jedenfalls die Auszahlung des Geldes zugestanden (R/S/G § 113 Rz 12). Ein Geständnis muss gem § 160 III Nr 3 im Protokoll festgehalten werden. Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Protokollierung allerdings nur bei einem Geständnis vor dem beauftragten o...