Rn 2
§ 296a erfasst – wie § 296 – Angriffs- und Verteidigungsmittel (§ 296 Rn 6 f). Nicht erfasst sind Sachanträge, die ohnehin gem §§ 256 II, 261 II, 297 in der mündlichen Verhandlung zu stellen sind (BGH NJW 00, 2512, 2513 [BGH 19.04.2000 - XII ZR 334/97]; BGH 7.11.17 – XI ZR 529/17 Rz 6; 19.3.09 – IX ZB 152/08), rein prozessuale Gesuche (BGH NJW 20, 1973 [BGH 12.03.2020 - VII ZR 55/19] Rz 26) oder bloße Rechtsausführungen (§ 296 Rn 20), wobei diese, wenn sie neu sind und das Gericht ihnen folgen will, dem Gegner mitzuteilen sind und uU die Verhandlung wieder zu eröffnen ist (§ 296 Rn 23; BAG NJW 09, 1163, 1164 [BAG 18.12.2008 - 6 AZN 646/08]).
Rn 3
Der Angriff selbst ist wie eine Klageerweiterung oder -rücknahme oder eine Widerklage nicht von § 296a erfasst (§ 296 Rn 7). Sachanträge müssen aber ohnehin spätestens in der mündlichen Verhandlung gestellt werden (Rn 2, BGH 27.10.11 – III ZR 235/10). Geht unzulässiger Weise nach Schluss der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Sachantrag (zur Widerklage s BGH NJW 00, 2512, 2513 [BGH 19.04.2000 - XII ZR 334/97]) ein und eröffnet das Gericht nicht wieder (Rn 6), liegt zB bei einer Klageerweiterung eine neue Klage über den bisher nicht rechtshängigen Teil vor. Ohne Wiedereröffnung kann das Gericht darüber nicht entscheiden (BGH 19.3.09 – IX ZB 152/08; Ddorf MDR 00, 1457; s.a. BGH NJW-RR 92, 1085 [BGH 12.05.1992 - XI ZR 251/91]: eine zugestellte Widerklage könne als unzulässig abgewiesen werden). Es teilt das Vorbringen dem Gegner nur formlos mit (str); selbst fehlerhafte Zustellung bewirkt keine Rechtshängigkeit (BGH NJW-RR 97, 1486). Der Streit- bzw Beschwerdewert erhöht sich nicht (BGH 19.3.09 – IX ZB 152/08; Karlsr OLGR Karlsr 07, 592). Nach Einzahlung des (weiteren) Vorschusses (vgl § 12 GKG) wird die Sache – ggf nach Rückfrage beim Kläger – als neue Sache eingetragen und zugestellt (§ 270), wobei der Kl klarzustellen hat, dass sie nur den erweiterten Teil umfasst (sonst bestünde teils doppelte Rechtshängigkeit). Oder der Kl nimmt den Schriftsatz zurück und verzichtet auf Zustellung (vgl Fischer NJW 94, 1316). Es fällt wegen § 6 Nr 1 GKG die Verfahrensgebühr nach GKG KV 1210 an (aA Ddorf MDR 00, 1457 [OLG Düsseldorf 01.09.2000 - 9 W 69/00]; BeckOKZPO/Bacher Rz 13).
Rn 4
Die Norm gilt im Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung, auch bei Entscheidung nach Lage der Akten (§ 251a II 4), und wegen § 128 II 2 im schriftlichen Verfahren (BGH 28.7.11 – VII ZR 180/10 Rz 13), ferner in Verfahren mit freigestellter mündlicher Verhandlung, wenn eine solche stattgefunden hat (MüKoZPO/Prütting Rz 3; Wieczorek/Schütze/Assmann Rz 3; aA München MDR 81, 1025; BeckOKZPO/Bacher Rz 4; St/J/Thole Rz 4: maßgebender Zeitpunkt sei die Absendung des Urteils). § 46 II 1 ArbGG verweist auf § 296a. Wegen des Ausnahmecharakters scheidet eine analoge Anwendung in anderen Verfahrensordnungen, zB im FamFG-Verfahren, aus.
Rn 5
Das Vorbringen muss nach Schluss der mündlichen Verhandlung (s § 136 IV) erfolgen. Dieser braucht nicht ausdrücklich verkündet zu sein. Beendet das Gericht den letzten Verhandlungstermin ohne zu vertagen oder neu zu terminieren, wird deutlich, dass die Verhandlung geschlossen ist. § 296a setzt voraus, dass nach Verhandlungsschluss ein volles Endurteil ergeht. Ein Zwischenurteil genügt nicht, ein Teilurteil nur, wenn der beschiedene Streitgegenstand nicht Gegenstand der späteren mündlichen Verhandlung ist (Celle OLGR Celle 04, 110; St/J/Thole Rz 12). Verkündet es in einem Verkündungstermin nur einen Beweisbeschluss, hatte es die Verhandlung nicht geschlossen (St/J/Thole Rz 7). Nach Widerruf eines Vergleichs ist neuer Vortrag erlaubt, wenn nicht – wie häufig – für den Fall des Widerrufs ein Entscheidungstermin bestimmt worden war (Hamm VersR 05, 1445; St/J/Thole Rz 9).