Rn 95
Zur Ermittlung sind Gehaltsbescheinigungen und Steuerbescheide heranzuziehen. Bei Selbstständigen hat der Lebenszuschnitt erhöhte Bedeutung. Zum Einkommen zählen die Einkunftsarten nach § 2 EStG sowie die sonstigen Einkünfte nach § 22 EStG (FA-FamR Kap 6 Rz 32 ff). Hinzu kommen Zuwendungen anstelle oder zur Ergänzung des Einkommens, namentlich Arbeitslosengeld I (Hamm FamRZ 06, 632), Wohngeld (Hamm FamRZ 06, 718) Unterhalt nach § 153 SGB III (Karlsr FamRZ 99, 1678), Leistungen nach SGB II (OLGR Ddorf 09, 412; Celle NJW 10, 3587; aA Bremen MDR 11, 1385; Oldbg MDR 14, 1154), Blindenhilfe (Saarbr JurBüro 91, 983), BAföG ohne Darlehensanteil (München JurBüro 80, 892).
Rn 96
Für Arbeitslosenhilfe/ALG II ist der Ansatz hoch str. Viele OLG lehnen die Berücksichtigung ab (Brandbg FamRZ 03, 1676; Ddorf FamRZ 06, 807; Rostock NJW-RR 07, 1152; KG NJW-RR 07, 1579; Dresd FamRZ 04, 1225; NJW-RR 07, 1161; FamRZ 10, 1939; Hamm JurBüro 09, 33; NJW 11, 1235; Oldbg FamRZ 09, 1177; OLGR Schlesw 09, 793; FamRZ 10, 1939; Naumbg FamRZ 10, 1934; Celle MDR 16, 1025; auch Schulte-Bunert § 43 FamGKG Rz 8 f), wobei zT jeglicher Ansatz von Transferleistungen abgelehnt wird (Stuttg FamRZ 11, 1810). Das BVerfG hat diese Rspr für mit Art 12 I GG vereinbar gehalten, sie andererseits jedoch nicht als verbindlich angesehen (BVerfG FamRZ 06, 841). Andere OLG setzen das ALG II mit an, jedenfalls wenn der Anspruch nicht auf den Leistungsträger übergegangen ist (Bremen FamRZ 04, 961; Hamm FamRZ 06, 632; 806; Frankf NJW-RR 08, 310; Schlesw JurBüro 08, 594; Zweibr NJW 11, 1235; Brandbg FamRZ 11, 1423; MDR 13, 1043). Letzterer Auffassung ist ohne Rücksicht auf einen Anspruchsübergang bzw auf eine subsidiäre Bewilligung des ALG II für den Ausfall von Unterhaltsleistungen zuzustimmen, weil das ALG II aus dem Arbeitseinkommen herrührt und die ehelichen Lebensverhältnisse mit prägt (Köln FamRZ 09, 638). Weitere, an den Besonderheiten des Falles orientierte Erwägungen sind unpraktikabel.
Nicht zu berücksichtigen sind Zuwendungen, die schlechthin keine Lohnersatzfunktion haben, namentlich Sozialhilfe (Dresd FamRZ 04, 1225; Hamm FamRZ 06, 1581; 11, 1422; Naumbg FamRZ 09, 639; Köln FamRZ 09, 1703; Stuttg FamRZ 11, 1810; Bremen MDR 11, 1385; Saarbr MDR 13, 1231; aA Frankf NJW-RR 08, 310: soweit kein Anspruchsübergang; Ddorf FamRZ 09, 453: Wohnkostenzuschuss anzusetzen; Celle NJW 10, 3587; Zweibr FamRZ 11, 992; Brandbg FamRZ 11, 1423), Kindergeld (Ddorf FamRZ 06, 807; Dresd FamRZ 10, 1939; aA Hamm FamRZ 06, 718; Karlsr FamRZ 06, 1055; 08, 2050; Brandbg FamRZ 08, 1206; Zweibr FamRZ 08, 2052; Naumbg FamRZ 10, 1934), Erziehungsgeld (Naumbg FamRZ 10, 1934) und Unterhaltsvorschuss (Ddorf FamRZ 06, 807). Weiter differenziert wird hinsichtlich Kindergeld für die eigene Person des Beteiligten, wobei für unterhaltsberechtigte Kinder ein Freibetrag (250 EUR) angesetzt werden soll (Bambg FamRZ 17, 1770).
Eine auf Klarheit und Praktikabilität ausgerichtete Sichtweise dürfte indes für die im Vordringen begriffene Gegenmeinung sprechen.
Rn 97
Ansatzfähig ist nur das um Steuern und Sozialversicherungsbeiträge bereinigte Nettoeinkommen. Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind abzugsfähig. Je Kind sind, wenn das Kindergeld berücksichtigt wird, bis zu 300 EUR abzusetzen (Brandbg FamRZ 08, 1206; Zweibr FamRZ 08, 2052; Karlsr FamRZ 08, 2050: 250 EUR; München FamRZ 09, 1703: auch soweit es kein gemeinsames ist, 500 EUR), dsgl der Kinderfreibetrag, auch wenn bei Antragstellung lediglich eine den Lebenszuschnitt prägende Schwangerschaft vorlag (Karlsr JurBüro 03, 141). Tatsächlich bediente Kreditbelastungen sind in vollem Umfang abzuziehen (Karlsr FamRZ 92, 707; Hamm FamRZ 06, 718), wenn sie nicht geringfügig sind (Saarbr JurBüro 85, 1673); Abzüge von Bruchteilen sind unpraktikabel. Eine Herabsetzung aufgrund Unterhaltspflicht ist nicht angezeigt (Köln NJW 17, 276), jedenfalls wenn das Einkommen hierfür nicht ausreicht (Schlesw JurBüro 07, 32).