Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 2
Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, wenn das Gericht der Klage auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung stattgeben oder sie abweisen kann. Dazu muss der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt, eine etwa erforderliche Beweisaufnahme durchgeführt und das Angebot an (weiteren) Beweisen erschöpft sein. Das Gericht ist verpflichtet, Endentscheidungsreife herzustellen (BVerwG NJW 89, 118, 119). Auf eine weitere Klärung des Sachverhalts kann verzichtet werden, wenn das Vorbringen der Parteien nach §§ 282, 296, 530, 531 nicht beachtet werden muss und das Gericht gleichwohl in der Lage ist, den Rechtsstreit einer abschließenden Entscheidung zuzuführen. Ist der Rechtsstreit insgesamt noch nicht zur Endentscheidung reif, weil unabhängig vom verspäteten Vorbringen noch Sachverhaltsaufklärung erfolgen muss, so begründet die Zulassung des Vorbringens keine Verzögerung des Rechtsstreits (BGHZ 77, 306, 308). Eine Entscheidung unter Vorbehalt darf nur in den Fällen der §§ 302, 599 ergehen (auflösend bedingtes Endurteil). Ein Feststellungsurteil unter dem Vorbehalt eines später zu bestimmenden Mitverschuldens ist unzulässig (BGH NJW 10, 3299, 3300 [BGH 04.08.2010 - VII ZR 207/08] Rz 11). Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung hindert die unbedingte Verurteilung nicht, sondern ist nur für die Vollstreckung bedeutsam (§ 780). Zur seerechtlich beschränkten Haftung s die Erläuterungen zu § 305a. Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Urteils vor §§ 300 ff Rn 12.
Rn 3
Die Endentscheidungsreife beurteilt sich immer nach dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Das ist idR der Schluss der mündlichen Verhandlung. Ausnahmen: Ein Anerkenntnisurteil kann im Falle des § 307 II schon vor der mündlichen Verhandlung ergehen; ebenso das VU nach Maßgabe des § 331 III. Zum Kleinverfahren nach § 495a s Rn 12. Ist die Klage zur Zeit der mündlichen Verhandlung unzulässig oder das Klagevorbringen unschlüssig, ist idR Endentscheidungsreife gegeben (näher Rn 2). Das Gericht darf keine weitere Beweisaufnahme durchführen, um seine Entscheidung auf tatsächliche Umstände stützen und schwierigen Rechtsfragen ausweichen zu können (BGHZ 101, 253, 261). Das ist nicht notwendigerweise immer die prozesswirtschaftlichste Lösung (krit deshalb Grunsky VerfahrensR § 40 II 2). In den Fällen, in denen eine Klage mangels Fälligkeit des eingeklagten Anspruchs lediglich ›derzeit unbegründet‹ ist, besteht Endentscheidungsreife ohne Rücksicht auf die Fälligkeit. War der Klageantrag ohnehin auf künftige Leistung gerichtet, ist das selbstverständlich (vgl BVerwG NJW 89, 118, 119).