Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 14
Ein Mitverschulden (§ 254 BGB, Art 77 CISG, dazu BGHZ 141, 129, 136) oder die Anrechnung einer Betriebsgefahr (§ 17 StVG) kann uU zu einem Anspruchsausschluss führen. Die frühere Rspr verlangte daher eine Entscheidung darüber im Grundurteil (RGZ 62, 145, 148; BGH NJW 79, 1933, 1935 [BGH 15.05.1979 - VI ZR 70/77]; Schilken ZZP 95, 45, 56 f mwN). Steht die Mitverschuldensquote fest, kann das Grundurteil den Anspruch zu der verbleibenden Quote zusprechen (BGHZ 76, 397, 400 = NJW 80, 1579; für die Entschädigung im Adhäsionsverfahren BGH NJW 02, 3560). Jüngere Entscheidungen lassen es daneben zu, die Entscheidung über das Mitverschulden dem Nachverfahren ausdrücklich vorzubehalten (Rn 21), sofern nicht davon auszugehen ist, dass das Mitverschulden den Anspruch vollständig aufwiegt (BGH MDR 20, 1259 [OLG Brandenburg 24.06.2020 - 7 U 44/19]; NJW 97, 3176, 3177 [BGH 13.05.1997 - VI ZR 145/96] mwN). Zur Bindung für das Nachverfahren Rn 24. Das Grundurteil spricht dann die Ersatzpflicht des Beklagten vorbehaltlich der noch zu ermittelnden Mitverschuldensquote aus. Diese Möglichkeit besteht nicht bei einem unbezifferten Feststellungsantrag (NJW 97, 3176, 3177 [BGH 13.05.1997 - VI ZR 145/96]; krit Foerster ZZP 127 [14], 203, 218 ff) sowie dann nicht, wenn zwei alternative, nicht gleichwertige Schadensverläufe in Rede stehen (BGH NJW 79, 1933, 1935 [BGH 15.05.1979 - VI ZR 70/77]). Beim Schmerzensgeldanspruch kann dagegen nicht durch Grundurteil eine Quotierung des Schmerzensgeldes ausgesprochen werden (so aber wohl Ddorf VersR 83, 1039; Anders/Gehle/Hunke ZPO Rz 16, str). Die Praxis lässt aber zu, den Anspruch auf angemessenes Schmerzensgeld durch Grundurteil festzustellen unter Berücksichtigung eines quotierten Mitverschuldens (Celle NJW 68, 1785, 1786; Köln VersR 75, 543, 544), das aber keine endgültige Quotierung des Schmerzensgeldanspruchs bedeute. Das darf den Richter im Nachverfahren aber nicht zu einer undifferenzierten und mit dem Grundurteil gleichlaufenden Quotelung eines etwa eingeklagten Mindestbetrags veranlassen, da vielmehr das beiderseitige Verschulden zu den anderen Abwägungsfaktoren in Beziehung zu setzen ist. Beim Pflichtteils(-ergänzungs)anspruch scheidet ein Grundurteil häufig aus, das den Anspruch in Höhe einer bestimmten Pflichtteilsquote zuspricht (so bei BGHZ 139, 116, 118; Zö/Feskorn Rz 18); der Kl muss Zwischenfeststellung beantragen.
Rn 15
Bei der Aufrechnung kommt es zwar auf eine Unterscheidung zwischen konnexen und inkonnexen Gegenforderung seit der Neufassung des § 302 nicht mehr zwingend an. In Betracht kommt in beiden Fällen ein Vorbehaltsgrundurteil (MüKoZPO/Musielak Rz 20), das die Klärung der Gegenforderung nach Grund und Höhe dem Betragsverfahren überlasst, aber rechtlich den Regeln des § 302 folgt. Gleichwohl sollte bei konnexen Gegenforderungen der Rechtsstreit zweckmäßigerweise umfassend in einem Zug erledigt werden (anders Zö/Feskorn Rz 15, bei § 302 vgl dort Rn 10 f). Die Rspr lässt ein Grundurteil nur zu, wenn die Gegenforderung nach summarischer Prüfung niedriger ist als die Klageforderung (BGH NJW-RR 94, 379, 380 [BGH 12.01.1994 - XII ZR 167/92]). Nicht zum Grund des Anspruchs gehört die Vorteilsausgleichung, soweit sie den Klageanspruch nicht offensichtlich vollständig zunichtemacht (RGZ 103, 406, 408). Bei § 89b HGB müssen sämtliche Voraussetzungen des § 89b I 1 Nrn 1–3 HGB gegeben sein (BGH NJW 96, 848, 849 f [BGH 13.12.1995 - VIII ZR 61/95]).
Die Einrede des Zurückbehaltungsrechts und die Einrede des nichterfüllten Vertrags können dem Betragsverfahren überlassen werden (RGZ 123, 6, 7; BGH NJW 84, 2213 f [BGH 24.02.1984 - V ZR 187/82]). Bei der Verjährung soll eine Entscheidung darüber im Grundurteil entbehrlich sein, wenn sie sich nur gegen einen Teil des Klageanspruchs richtet und ein Zuspruch auf den anderen Teil im Betragsverfahren zu erwarten ist (BGH NJW 68, 2105 f [BGH 28.05.1968 - VI ZR 37/67]); zweckmäßig ist dies aber häufig nicht. Die Haftungsbeschränkung des Erben gehört zwar zum Anspruchsgrund. Das Gericht muss aber Berechtigung und Umfang der Haftungsbeschränkung nicht prüfen, sondern lediglich den Vorbehalt beschränkter Erbenhaftung in den Tenor des Grundurteils aufnehmen; der Einwand ist dann nach Maßgabe des § 780 geltend zu machen (vgl Köln VersR 68, 380, 381; Zö/Feskorn Rz 21; § 780 Rn 13). Über die Art des Schadensersatzes (Kapital oder Rente) sowie Beginn und Dauer kann in geeigneten Fällen im Betragsverfahren entschieden werden, nicht aber für die Aufteilung eines Rentenbetrags auf mehrere Bezugsberechtigte (BGHZ 11, 181, 183); die Festlegung der Rentendauer muss ausdrücklich dem Betragsverfahren vorbehalten werden (so BGHZ 11, 181, 183; BGH VersR 67, 1002, 1004). Ebenso im Betragsverfahren entschieden werden kann trotz Zugehörigkeit zum Anspruchsgrund über die Fälligkeit bei einer Klage auf künftige Leistung (St/J/Althammer Rz 38) sowie über Beginn und Höhe der (im Grundurteil festgestellten) Zinspflicht (noch weiter: BGH WM 85, 1166, 1167: auch E...