Prof. Dr. Christoph Thole
I. Antrag des Klägers.
Rn 11
Ein besonderer Antrag des Klägers ist spätestens seit der Neufassung des § 307 durch das ZPO-RG nicht mehr erforderlich. Der Sachantrag des Klägers genügt (schon bisher hM seit RGZ 44, 344, 350). Der Kl hat nach Abgabe des Anerkenntnisses kein Rechtsschutzinteresse an einem streitigen Sachurteil (BGHZ 10, 333, 336 ff; wie § 306 Rn 6). Für den Erlass des Anerkenntnisurteils muss der Sachantrag des Klägers indes dem Anerkenntnis des Beklagten inhaltlich entsprechen und vice versa. Entscheidend ist die inhaltliche, nicht die wörtliche Übereinstimmung mit dem Klagebegehren (BGH NJW 89, 1673, 1675 [BGH 22.03.1989 - VIII ZR 154/88]). Dem Kl ist, auch im schriftlichen Vorverfahren, durch Gewährung rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu geben, seinen Antrag an das Anerkenntnis anzupassen oder darüber hinaus zu erweitern oder sich zur Reichweite des Anerkenntnisses zu äußern (BGH NJW 04, 2019, 2021 [BGH 12.03.2004 - V ZR 37/03]). Hat der Kl seinen Antrag geändert, so bleibt ein auf einen anderen prozessualen Anspruch bezogenes Anerkenntnis prozessual wirkungslos (Frankf MDR 78, 583: Feststellungs-/Leistungsantrag). Hat der Beklagte anerkannt, erscheint aber der Kl in der mündlichen Verhandlung nicht, so kann VU nach § 330 ergehen, denn auf die Begründetheit der Klage und das Anerkenntnis kommt es dann nicht an. Bei Säumnis des Beklagten ist ein VU gegen den Beklagten nicht ausgeschlossen (Anders/Gehle/Hunke ZPO Rz 15; missverständlich noch Zö/Vollkommer Rz 3a, 31. Aufl), wenn der Kl das Anerkenntnis seinem (dann ohne Weiteres schlüssigen) Vortrag zu Eigen macht; auf Abgabe des Anerkenntnisses in der mündlichen Verhandlung kommt es ja nicht an. Den Bedürfnissen der Praxis entspräche es allerdings, den Erlass eines Anerkenntnisurteils als sog unechtes VU zu ermöglichen. Das Anerkenntnisurteil muss freilich für den Beklagten nicht zwingend kostengünstiger sein (s.u. Rn 14 f).
Rn 12
Decken sich Anerkenntnis und Antrag nur tw, so ist unter den Voraussetzungen des § 301 I zwingend durch Teilanerkenntnisurteil zu entscheiden (Abweichung von § 301 II; Anders/Gehle/Hunke ZPO Rz 18). Ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Vorverfahren, das vAw zuzustellen ist (§ 310 III), setzt keinen besonderen Antrag mehr voraus (so § 307 II aF); das Anerkenntnis kann auch nach Anzeige der Verteidigungsbereitschaft noch erfolgen. Nach Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft fehlt es aber ggf an einem sofortigen Anerkenntnis iSd § 93 (Brandbg MDR 05, 1310 [OLG Brandenburg 15.02.2005 - 6 W 41/05]).
II. Inhalt der Entscheidung.
Rn 13
Das Gericht hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein wirksames Anerkenntnis vorliegen. Da das Anerkenntnisurteil Sachurteil ist, müssen außerdem die Prozessvoraussetzungen für die Klage vorliegen (BGH NJW-RR 10, 275, 276 Rz 15); lediglich Zweifel am Rechtsschutzinteresse hindern das Sachurteil nicht. Ist die Berufung unzulässig, weil die Berufungsbegründungsfrist nicht gewahrt ist, so darf im Berufungsverfahren ein Anerkenntnisurteil jedenfalls dann nicht ergehen, wenn das Anerkenntnis nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist erklärt worden ist, weil dann die Sachurteilsvoraussetzungen fehlen (BGH NJW-RR 10, 275, 276 [BGH 10.11.2009 - XI ZB 15/09] Rz 15 f). Ein Zwischenurteil bei Unwirksamkeit des Anerkenntnisses ist nach § 303 möglich (Schlesw NJW-RR 93, 930, 932 [OLG Schleswig 28.01.1993 - 5 U 210/91]). Das Urt wird als Anerkenntnisurteil überschrieben (§ 313b I 2). Seine Abfassung ist nach § 313b erleichtert. Der Hauptsachetenor weist keine Besonderheiten auf. Das AU ist nach § 708 Nr 1 ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, ein Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil im Urkunden(-wechsel)prozess nach Maßgabe von § 708 Nr 4 (wichtig wegen der Abwendungsbefugnis gem § 711!). Bei der Kostenentscheidung kommt neben § 93b III auch § 93 in Betracht, wenn das Anerkenntnis als sofortiges zu werten ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat. Mehrkosten, die durch eine erfolglose Rüge der Unwirksamkeit des abgegebenen Anerkenntnisses entstanden sind, können uU derjenigen Partei auferlegt werden, die sich auf die Unwirksamkeit berufen hat (MüKoZPO/Musielak Rz 27), was sich mit § 96 begründen ließe. Der Kl trägt die Mehrkosten, wenn er auf einem streitigen Urt beharrt (BGHZ 10, 333, 339 f). Beim Teilanerkenntnisurteil (soeben Rn 12) bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten (dann ggf Kostenmischentscheidung, § 92).
III. Rechtsmittel gegen das Anerkenntnisurteil.
Rn 14
Das Anerkenntnisurteil kann nach allgemeinen Regeln angefochten werden. Das Anerkenntnis nimmt dem Beklagten nicht die materielle Beschwer (§ 511 Rn 18; BGH NJW 92, 1513, 1514 [BGH 15.01.1992 - XII ZB 135/91]). Das Rechtsmittelgericht prüft in der Sache zunächst, ob das Anerkenntnis wirksam erklärt und seine Wirksamkeit nicht beseitigt (Rn 10) worden ist; bejaht das Gericht die Bindung an das Anerkenntnis, ist das Rechtsmittel des Beklagten schon deshalb zurückzuweisen. Die Berufungsbegründung muss sich aber mit dem Anerkenntnis innerhalb der Begründungsfrist auseinanderset...