Prof. Dr. Christoph Thole
1. Einseitige Erklärung.
Rn 4
Die Erklärung kann vom Beklagten und/oder Widerbeklagten ausgehen; ›anerkennt‹ der Berufungsbeklagte den Rechtsmittelantrag, so kann es sich je nach Parteistellung und nach dem Ergebnis der Auslegung um einen Verzicht iSd § 306 oder um eine entsprechend § 307 zu beurteilende Situation handeln (Stuttg NZG 04, 766, 767 [OLG Stuttgart 05.05.2004 - 14 U 54/03]; dazu § 306 Rn 2; aA Zö/Feskorn Rz 12: kein Anerkenntnis). Als einseitige Erklärung ist das Anerkenntnis auch bei Säumnis des Gegners gültig. Das Anerkenntnis muss ggü dem Gericht nicht ausdrücklich erfolgen, es genügt, wenn sich der Wille des Beklagten ableiten lässt, sich dem Klageanspruch zu unterwerfen und die Rechtsfolgebehauptung des Klägers als begründet anzuerkennen. Das Gericht hat ggf nachzuforschen (§ 139). Schweigen oder außerprozessuales Verhalten genügen für ein Anerkenntnis nicht (BGH NJW 81, 686). Hat der Beklagte außerprozessual erfüllt und der Kl einseitig für erledigt erklärt, so muss Feststellungsurteil und kein Anerkenntnisurteil entsprechend § 307 ergehen (BGH aaO; LG Leipzig NJW-RR 97, 571 [LG Leipzig 19.12.1996 - 12 S 5051/96]; gegen Anerkenntnis durch vorbehaltlose Zahlung LG Wiesbaden ZfS 16, 446). Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Beklagte sein Einverständnis mit einem prozessualen Verhalten des Klägers zum Ausdruck bringt (zB Zustimmung zur Erledigungserklärung). Die Erklärung muss den Willen erkennen lassen, das Gericht von der weiteren Sachprüfung zu entbinden; zum eingeschränkten Anerkenntnis sogleich unten Rn 6. Im Anwaltsprozess hat der Prozessbevollmächtigte die Erklärung abzugeben (zur Vollmacht §§ 81, 83, s dort § 81 Rn 5). Ein Anerkenntnis eines Prozessbevollmächtigten beim BGH ist trotz dessen fehlender Zulassung wirksam, wenn es vor Eingang der Revisionsbegründung erfolgt (BGH NJW-RR 14, 831, 832 [BGH 06.05.2014 - X ZR 11/14]). Nach Eingang der Revisionsbegründung kann das Anerkenntnis hingegen nur noch durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt wirksam erklärt werden (BGH NJW 15, 2193, 2194 [BGH 12.05.2015 - XI ZR 397/14]). Im amtsgerichtlichen Verfahren ist der Beklagte über die Folgen eines schriftlichen Anerkenntnisses zu belehren (§ 499 II).
2. Zeitpunkt und Adressat der Erklärung.
Rn 5
Das Anerkenntnis kann vor dem Erlass der Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens erfolgen, auch in der Revisionsinstanz (BGHZ 10, 333, 334; NJW-RR 14, 831 Rz 6 ff). Zwischen den Instanzen verhindert die Bindung des erlassenden Gerichts an das streitige Urt eine neue Entscheidung, daher kann das Anerkenntnis erst in der höheren Instanz bei (Teil-)Aufhebung des Ausgangsurteils Wirkungen entfalten. Die Abgabe in der mündlichen Verhandlung ist nicht mehr erforderlich (S 2). Demnach kann das Anerkenntnis in der Güteverhandlung (§ 278), in der mündlichen Verhandlung, im schriftlichen Vorverfahren oder im schriftlichen Verfahren nach § 128 II erfolgen. Die notwendige Form der Erklärung richtet sich nach der jeweiligen Verfahrensart. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist das Anerkenntnis zu protokollieren (§§ 160 III Nr 1, 162); fehlt es daran, kann die Abgabe des Anerkenntnisses jedoch anders als durch das Protokoll festgestellt werden (BGH NJW 84, 1465 f [BGH 18.01.1984 - IVb ZB 53/83]). Die Anerkenntniserklärung muss ggü dem Prozessgericht abgegeben werden, daher genügt die Abgabe ggü dem ersuchten Richter nicht. Demgegenüber dürfte seit der Neufassung des § 307 die Abgabe vor dem beauftragten Richter ausreichen (aA Musielak/Musielak Rz 9). Die Klage muss aber schon rechtshängig sein; daher scheidet ein Anerkenntnisurteil im Mahnverfahren aus. Umgekehrt verliert das Anerkenntnis nach der Aufhebung des § 307 II aF in einem späteren Verfahrensabschnitt nicht seine Wirkung; das Anerkenntnisurteil muss nicht im selben Verfahrensabschnitt ergehen, in dem das Anerkenntnis erklärt wurde (BGH NJW 93, 1717, 1718 [BGH 17.03.1993 - XII ZR 256/91]). Das Anerkenntnis kann vor der Berufungsbegründung innerhalb der Begründungsfrist erfolgen, auch wenn dann keine Begründung mehr erfolgt und damit die Berufung unzulässig wird (BGH NJW-RR 13, 1333 [BGH 18.07.2013 - IX ZB 41/12] Rz 8).
3. Unbedingtheit des Anerkenntnisses.
Rn 6
Der Erklärung dürfen keine außerprozessualen Bedingungen beigefügt sein; als prozessuale Bewirkungshandlung darf sie auch nicht unter den Vorbehalt eines Widerrufs gestellt werden (BGH NJW 85, 2713, 2176 [BGH 19.06.1985 - IVb ZR 38/84]). Keine Bedingung idS enthält ein Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kosten, das lediglich die gesetzliche Kostenfolge des § 93 auszulösen bestrebt ist. Das Anerkenntnis des nach § 3 Nr 1 PflVG in Anspruch genommenen Haftpflichtversicherers ist auch ohne dahingehende Einschränkung des Erklärungswortlauts auf den gesetzlichen Leistungsumfang beschränkt (BGH NJW-RR 96, 1239 [LG Karlsruhe 05.08.1996 - 12 O 148/95]: ggf Urteilsergänzung nach § 321). Da das Anerkenntnisurteil ein Sachurteil ist, ist es auch ohne weiteres zulässig, das Anerkenntnis von der Zulässigkeit der Klage abhängig zu machen, denn die Zulässigkeit der Klage ist ohnedies vAw zu prüfen und d...