Gesetzestext
Für Klagen wegen Ansprüchen aus Bergung von Schiffen oder sonstigen Vermögensgegenständen in einem Gewässer gegen eine Person, die im Inland keinen Gerichtsstand hat, ist das Gericht zuständig, bei dem der Kläger im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
A. Normzweck und dogmatische Einordnung.
Rn 1
Bei Bergungsmaßnahmen, die nicht dem Binnenschifffahrtsrecht unterliegen, muss der Berger (§ 574 I HGB) grds auf Grund der Internationalität des Seeverkehrs damit rechnen, dass bzgl einer ggf später zu verklagenden Person (zB Schiffseigentümer etc) kein inländischer Gerichtsstand eröffnet ist. Für diesen Fall müsste der Berger vor einem ausländischen Gericht klagen, bei dem die Anwendung des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Internationalen Übereinkommens von 1989 über Bergung von Fall zu Fall nicht gewährleistet wäre (BTDrs 14/4672, 27). Auf die Anwendung des Übereinkommens, mit dem der Gesetzgeber die Hoffnung eines effektiveren Schutzes der Maritimen Ökosysteme verbindet (BTDrs 14/4672, 11), soll der durch § 30a privilegierte Kl aber ebenso vertrauen dürfen, wie auf die durch § 30a gewährleistete internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte. Demgemäß stellt § 30a in erster Linie eine Regelung der internationalen Zuständigkeit dar, regelt aber zugleich auch die örtliche Zuständigkeit mit (St/J/Roth § 30a Rz 1); vorrangig gelten Art 4, 7 Nr 5, 7 EuGVVO und Art 2, 5 Nr 5, 7 LuGVÜ II (ThoPu/Hüßtege § 30a Rz 3). Überdies dient § 30a in seinem Anwendungsbereich der prozessrechtlichen Effektivierung und Erleichterung der Rechtsverfolgung (Zö/Schultzky § 30a Rz 1). § 30a wurde durch das am 25.4.13 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts anstelle des § 30 aF in die ZPO eingefügt (BGBl I 13, 831). Dabei blieb der Regelungsgehalt des § 30 aF weitgehend unverändert. Durch die Streichung der in § 30 aF enthaltenen Verschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs der Norm mit dem HGB wurde indes das bisher geltende Prinzip des erforderlichen Gleichklangs der Zuständigkeit deutscher Gerichte mit der Geltendmachung von Bergungsansprüchen deutschen Rechts bewusst abgeschafft (BTDrs 17/10309, 142).
B. Tatbestandsmerkmale im Einzelnen.
I. Anwendbarkeit.
Rn 2
Im Anwendungsbereich der EuGVVO wird § 30a durch die dortigen spezielleren Vorschriften verdrängt (St/J/Roth § 30a Rz 3). Ferner wird § 30a durch § 3 I 2 BinSchGerG als Spezialnorm verdrängt (BTDrs 17/10309, 142). Außerhalb dieses Anwendungsbereichs ist § 30a dagegen voll anwendbar und sichert auf diese Weise ggü Staaten, die dem Bergungsübereinkommen noch nicht beigetreten sind, dessen Anwendung (BTDrs 14/4672, 27).
II. Klagen wegen Ansprüchen aus Bergung von Schiffen oder sonstigen Vermögensgegenständen.
Rn 3
Streitentscheidende Anspruchsnorm einer unter § 30a fallenden Klage bzw eines sonstigen unter § 30a fallenden Antrages (zB auf Erlass einer einstweiligen Verfügung) muss eine solche sein, die einen ›Anspruch aus Bergung‹ beinhaltet, die also im materiellen Bergungsrecht wurzelt, gleich ob es sich um einen Anspruch aus Bergungsvertrag (vgl § 585 BGB) oder um einen gesetzlich normierten Anspruch handelt (Zö/Schultzky § 30a Rz 3), ob es sich um einen Primärleistungsanspruch oder zB um einen Schadensersatzanspruch handelt und gleich wer den Anspruch geltend macht oder gegen wen er sich (zB nach einem Erbfall) richtet (BeckOKZPO/Toussaint § 30a Rz 2). Da mit der Neufassung des § 30a durch das Gesetz zur Reform des Seehandelsrechts (BGBl I 13, 831) die in § 30 aF enthaltene Bezugnahme auf das HGB entfallen ist, ist es für das Eingreifen des 30a unerheblich, ob die Klage auf deutsches oder ausländisches materielles Recht gestützt ist (BTDrs 17/10309, 142).
III. Klagen gegen eine Person, die im Inland keinen Gerichtsstand hat.
Rn 4
Der Bekl darf im Inland weder seinen allgemeinen Gerichtsstand haben, noch greift § 30a nach seinem ausdrücklichen Wortlaut, aber auch nach seiner Funktion ein, wenn hinsichtlich des Streitgegenstandes ein anderer besonderer Gerichtsstand im Inland (zB aus § 29 oder aus § 32) eröffnet ist.
IV. Allgemeiner Gerichtsstand des Klägers.
Rn 5
Das Eingreifen des § 30a setzt schließlich voraus, dass der Kl einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat, wobei strittig ist, ob hierfür die Gerichtsstandsbegründung durch § 16 genügt. Hiergegen spricht indes der Umstand, dass § 30a nach seinem Sinn und Zweck einen gewissen Inlandsbezug erfordert, der bei einer Zuständigkeitsbegründung alleine über § 16 nicht gegeben ist (im Ergebnis ebenso: Zö/Schultzky § 30a Rz 4).