Rn 15
Es gelten die allg Grundsätze (vgl § 12 Rn 10). Voraussetzung für die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ist, dass der Kl sein Begehren auf eine unerlaubte Handlung stützt, dh dass er einen materiellen Anspruch aus unerlaubter Handlung darlegt (BGHZ 153, 173, 174; NJW 02, 1425). Hierfür reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen, aus denen sich eine im Gerichtsbezirk begangene unerlaubte Handlung iSd § 32 ergibt (BGHZ 184, 313; 189, 320; BGHZ 217, 350 – Internetforum; BayObLG JZ 21, 1174; zu den Anforderungen an die Schlüssigkeit s näher Naumbg OLGR 05, 235 ff). Das Vorliegen einer unerlaubten Handlung stellt nämlich eine doppelrelevante Tatsache dar, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage notwendigerweise erheblich ist (BGHZ 124, 237, 240 f; 184, 313, 316 f – New York Times). Von doppelter Relevanz ist aber nur das Vorliegen einer unerlaubten Handlung, nicht dagegen die Frage nach dem Handlungsort (Zö/Schultzky Rz 22; St/J/Roth § 1 Rz 24; s.a. § 12 Rn 10). Darüber ist ggf vAw Beweis zu erheben (vgl Zö/Schultzky Rz 22). Zur Schlüssigkeit einer Schutzgesetzverletzung bei der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 II BGB iVm einem Schutzgesetz gehört die schlüssige Behauptung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Schutzgesetzes, bei strafrechtlichen Normen also deren objektiver und subjektiver Tatbestand (vgl München OLGR 04, 239 f; Naumbg OLGR 05, 235 ff). Bei der Inanspruchnahme von Streitgenossen ist das Vorliegen einer unerlaubten Handlung für jeden Streitgenossen darzulegen (BGH NJW 02, 1425, 1426; BayObLG GesR 19, 656). Denn bei mehreren Haftungsschuldnern (zB Mittätern) bestimmt sich der Gerichtsstand für jeden selbstständig (BayObLG NJW-RR 96, 508, 509 [BGH 19.12.1995 - III ZR 194/94]; Hamm 7.5.15 – 32 SA 14/15; Zö/Schultzky Rz 17). Jedoch ist im Einzelfall zu beachten, dass ggf eine Zurechnung der Tatbeiträge anderer erfolgen kann (vgl BGHZ 184, 365, 370 f; Zö/Schultzky Rz 17; zur internat Zuständigkeit in diesen Fällen vgl Rn 17). Im Einzelfall kann § 32 aus normativen Gesichtspunkten ausgeschlossen sein. So wird man dem Kl nach den Grundsätzen über die Gerichtsstandserschleichung (s § 12 Rn 16) die Berufung auf § 32 verwehren müssen, wenn er die unerlaubte Handlung provoziert hat (vgl München NJW 90, 3097, 3098; Musielak/Voit/Heinrich Rz 19; St/J/Roth Rz 13). Dies gilt aber nicht, wenn ein vermeintlicher Schädiger im Wege der negativen Feststellungsklage gegen den Vorwurf einer unerlaubten Handlung angeht. In diesem Fall bleibt dem vermeintlichen Schädiger der Wahlgerichtsstand des § 32 erhalten (vgl Köln GRUR 78, 658; Hambg NJW-RR 95, 1510 [OLG Hamburg 23.03.1995 - 3 U 254/94] zu § 24 UWG aF; LG Köln ZUM 07, 219 ff [LG Köln 02.08.2006 - 28 O 3/06]; LG Mannheim 24.11.06 – 7 O 128/06 zu § 14 UWG aF; aA LG Koblenz AfP 23, 447; AG Mannheim GRUR-RR 09, 78 f; Zö/Schultzky Rz 18; Musielak/Voit/Foerste § 256 Rz 36). Anderes würde über Gebühr den Normzweck einschränken und ist auch unter dem Gesichtspunkt missbräuchlicher Rechtsausübung nicht zu rechtfertigen. Das schließt indes die Annahme einer missbräuchlichen Inanspruchnahme im Einzelfall nicht aus. Eine feste Grenze zwischen erlaubtem prozesstaktischen Vorgehen und einem verbotenen Rechtsmissbrauch (vgl dazu Brandbg MMR 17, 261 [OLG Brandenburg 28.11.2016 - 1 U 6/16]) lässt sich insoweit nicht ziehen. Entsprechende Zurückhaltung bei der Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist daher geboten. Das gilt insb, wenn der sog fliegende Gerichtsstand aus normativen Gesichtspunkten eingeschränkt werden soll, obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 gegeben sind. Die Problematik des fliegenden Gerichtsstands bei durch das Internet begangenen Delikten muss in erster Linie an der Bestimmung des Begehungsortes im Einzelfall nach Maßgabe der behaupteten Schutznorm ansetzen. Ist danach eine Beschränkung nicht möglich, so kann das Argument des Rechtsmissbrauchs nur bei Hinzutreten besonderer Umstände den Gerichtsstand nach § 32 ausschließen (vgl Rostock OLGR 09, 663 ff; KG GRUR-RR 08, 212 ff; Schlesw ZUM 14, 430; Dresd 28.4.20 – 4 W 3/20; Heckmann jurisPR-ITR 19/2009 Anm 1; Laucken/Oehler ZUM 09, 824 ff; vgl auch BGH GRUR 14, 607 [BGH 12.09.2013 - I ZB 39/13]; Hamm MMR 08, 178). Nach nunmehr überwiegender Auffassung kann das Gericht nach schlüssiger Darlegung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung auch konkurrierende Klagegründe, etwa solche aus Vertragsrecht, zur Grundlage seiner Überprüfung machen (s näher § 12 Rn 11, dort auch zur Einschränkung bei der internationalen Zuständigkeit). Ihm kommt insoweit eine umfassende Entscheidungskompetenz zu (BGHZ 153, 173, 176; NJW 13, 540; KG NJW 06, 2336 f; Brandbg MDR 08, 1094 f; St/J/Roth Rz 16). In Wettbewerbssachen wird § 32 durch die Spezialregelungen des § 14 II 2 und 3 UWG verdrängt. Eine Entscheidungskompetenz für einen Anspruch aus dem UWG kann deshalb aus § 32 nicht mehr abgeleitet werden (s näher Rn 11; anders nach früherer Rechtslage BGHZ 15, 338, 355 f zu § 29 UWG aF). O...