Prof. Dr. Christoph Thole
Rn 12
Die Rüge ist schriftlich bei dem iudex a quo zu erheben. Es gilt Anwaltszwang (§ 78), aber nicht, wenn Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts abgelehnt worden war (BGH NJW-RR 11, 640 [OLG Saarbrücken 07.12.2010 - 4 U 602/09-170] Rz 3) Im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren ist die Einlegung durch einen BGH-Anwalt erforderlich (BGH NJW 05, 2017). Die Rüge ist schriftsätzlich einzureichen (BGH NJW 05, 2017), im AG-Verfahren greifen die Erleichterungen des § 496 und des § 129a. Es besteht ggf auch Anwaltszwang (zum BGH s BGH BeckRS 18, 23334). Die angegriffene Entscheidung ist zu bezeichnen (Abs 2 S 5 Hs 1) und darzulegen, worin die Gehörsverletzung liegen soll und wieso die Verletzung entscheidungserheblich war (Abs 2 S 5 Hs 2) (auch für GBO: München BeckRS 18, 23526). Allgemeine Hinweise genügen nicht, sondern es bedarf einer substantiierten Begründung, andernfalls ist die Rüge bereits unzulässig (BGH NJW 08, 378, 379 [BGH 21.11.2007 - IV ZR 321/05]). Erforderlich ist eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Entscheidung, auch mit Blick auf dem Rügeführer nachteilige Umstände (Bambg MDR 10, 833); eine Wiederholung der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt selbst dann nicht, wenn das Revisionsgericht nach vermeintlicher Verletzung des rechtlichen Gehörs die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Begründung zurückweist (BGH NJW 09, 1609 [BGH 19.03.2009 - V ZR 142/08] RzRz 4). Eine unzureichende Rügebegründung kann innerhalb der Frist des Abs 2 S 1 nachgebessert werden; eine einmal zulässige Rüge kann auch nach Fristablauf noch ergänzend begründet werden. Die Form des Abs 2 S 5 erfordert es, die für die vermeintliche Gehörsverletzung relevanten Tatsachen zu schildern und sodann darzulegen, warum die Entscheidung bei Achtung des Gehörsanspruchs möglicherweise anders ausgefallen wäre. Übertriebene Anforderungen sind aber nicht zu stellen (BayVerfGH NJW-RR 11, 1209, 1210 [OLG München 16.02.2011 - 11 W 224/11]). Steht von vornherein fest, dass die behauptete Gehörverletzung für die Partei keine nachteilige Wirkung haben kann, ist die Anhörungsrüge bereits unzulässig (zuletzt BGH BeckRS 15, 04001; Dresd BeckRS 15, 05983).
Eine Glaubhaftmachung ist nicht vorausgesetzt (zur Frist aber Rn 13), ebenso wenig die Bezeichnung als ›Gehörsrüge‹, ›Anhörungsrüge‹ oder als ›Rügeschrift‹. Auch eine ›Gegenvorstellung‹ kann als Rüge nach § 321a ausgelegt werden (BVerfG NJW 14, 991 [BVerfG 25.01.2014 - 1 BvR 1126/11] RzRz 23). Es muss sich lediglich das Begehren der Partei deutlich erkennen lassen. Ist nicht auszuschließen, dass eine Stellungnahme im gerichtlichen Verantwortungsbereich verloren gegangen ist, kann ein Wiedereinsetzungsantrag als Gehörsrüge nach § 321a zu behandeln sein. Der Antrag ist aber nur gestellt, wenn die versäumte Stellungnahme innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nachgeholt wird (so Kobl FamRZ 08, 1460).