Rn 19

In der Literatur wird zT der Begriff der Präjudizialität weit verstanden, wenn eine Vorfrage des ersten Prozesses zugleich auch Vorfrage des zweiten Prozesses ist. In diesem Fall soll sich die Rechtskraftbindung nicht auf den Urteilstenor beschränken, wenn zwingende Sinnzusammenhänge oder Ausgleichszusammenhänge dies erfordern (Zeuner S 42 ff; Grunsky VerfahrensR § 47 IV 2b; Foerste ZZP 108 [1995], 167 ff). Auch wenn auf diese Weise im Einzelfall widersprüchliche Entscheidungen vermieden werden können, hält die hM dieses Kriterium zu Recht für zu unbestimmt, um eine Rechtskraftbindung an präjudizielle Rechtsverhältnisse über den Wortlaut des § 322 I hinaus zu begründen (BGHZ 150, 377, 383 = NJW-RR 02, 1617, 1619; NJW 03, 3058, 3059; BAG NZA 13, 1003, 1005; BGH MDR 19, 692 Rz 26; MüKoZPO/Gottwald § 322 Rz 54 ff; rechtsvergleichend Dalla Bontà ZZP 125 [2012], 93). Eine Prozesspartei, die ein Interesse an der rechtskräftigen und für nachfolgende Prozesse bindenden Klärung einer Vorfrage hat, muss daher im Vorprozess Zwischenfeststellungsklage nach § 256 II erheben (BGH FamRZ 84, 878, 879 [BGH 19.06.1984 - IX ZR 89/83]).

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