Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
1. Positive Feststellungsklage.
Rn 65
Wird einer positiven Feststellungsklage stattgegeben, ist das Bestehen des betreffenden Rechts oder Rechtsverhältnisses rechtskräftig festgestellt, auch wenn das Gericht nicht alle einschlägigen Aspekte gesehen und zutr gewürdigt hat (BGH NJW 79, 1046). Einwendungen, die sich auf Tatsachen stützen, die schon zz der letzten Tatsachenverhandlung vorgelegen haben, können nicht mehr berücksichtigt werden, soweit sie das Bestehen des festgestellten Anspruchs betreffen (BGH NJW 82, 2257 [BGH 15.06.1982 - VI ZR 179/80]; NJW 89, 105 [BGH 14.06.1988 - VI ZR 279/87]; Frankf NJOZ 19, 141). Die Frage des Umfangs des Anspruchs wird hingegen von der Rechtskraft eines vorausgegangenen Feststellungsurteils nicht erfasst (BGH NJW 95, 2227 [BGH 24.01.1995 - VI ZR 354/93]; NJW-RR 05, 1517 [BGH 28.06.2005 - VI ZR 108/04]; NJW-RR 09, 455, 457 f [BGH 02.12.2008 - VI ZR 312/07]; NJW 15, 468, 471). Soweit die Urteilsformel allein nicht ausreicht, um den Rechtskraftgehalt der Entscheidung zu erfassen, sind nach allg Grundsätzen Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen (BGH NJW 08, 2716 [BGH 14.02.2008 - I ZR 135/05]; NJW 15, 468, 471 [BGH 04.04.2014 - V ZR 275/12]). Wird die positive Feststellungsklage als unbegründet abgewiesen, ist damit das Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs rechtskräftig festgestellt (BGH NJW 89, 393; NJW 94, 657, 659 [BGH 01.12.1993 - VIII ZR 41/93]). Das Urt schafft Rechtskraft auch für eine später auf dieselbe Forderung gestützte Leistungsklage, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt aus dem Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann, der der Feststellungsklage zugrunde gelegen hat. Sie ist daher als unbegründet abzuweisen (BGH NJW 89, 393, 394 [BGH 22.11.1988 - VI ZR 341/87]).
2. Negative Feststellungsklage.
Rn 66
Wird einer negativen Feststellungsklage stattgegeben, ist das Nichtbestehen des betreffenden Rechts oder Rechtsverhältnisses rechtskräftig festgestellt. Ein Urt, welches diese aus sachlichen Gründen abweist, hat dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urt, das das Gegenteil dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt (RGZ 74, 121; BGH, NJW 95, 1757 [BGH 17.03.1995 - V ZR 178/93]; Ddorf IBR 13, 191 [OLG Düsseldorf 18.12.2012 - I-21 U 4/12]). Richtet sich die negative Feststellungsklage gegen einen noch nicht näher bezifferten Anspruch, so bedeutet ihre Abweisung nur das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach und steht damit einer möglichen Abweisung der nachfolgenden Leistungsklage auf Zahlung eines bestimmten Anspruchs nicht entgegen (BGH NJW 86, 2508). Nach Ansicht des BGH ist auch dann auf das positive Gegenteil zu schließen, wenn die negative Feststellungsklage aufgrund eines non-liquet abgewiesen worden ist (BGH NJW 83, 2032, 2033 [BGH 17.02.1983 - III ZR 174/81]; NJW 86, 2508, 2509; zust Habscheid NJW 88, 2641). Das überzeugt nicht. Die Entscheidung ist unrichtig, da für die Beweislast allein die materielle Position als Gläubiger oder Schuldner eines behaupteten Anspruchs maßgebend ist (Tiedtke NJW 83, 2011). Allerdings kommt auch einem fehlerhaften Urt grds volle Rechtskraftwirkung zu (zutr Zö/G.Vollkommer § 322 Rz 14; darauf abstellend auch Musielak/Voit/Musielak § 322 Rz 62). Dennoch kann die Klageabweisung nicht dazu führen, dass dem hinsichtlich des Bestehens des Rechtsverhältnisses ›unentschiedenen‹ Urt im Wege des Schlusses auf das Gegenteil eine eindeutige, vom Gericht so nicht gewollte Entscheidung für das Bestehen des Rechtsverhältnisses entnommen wird (ebenso MüKoZPO/Gottwald § 322 Rz 187; Zö/G.Vollkommer § 322 Rz 11; Tiedtke NJW 90, 1697). Dem Urt kann daher nur eine beschränkte Rechtskraftwirkung beigemessen werden, es ergeben sich keine Feststellungen zum kontradiktorischen Gegenteil (Hamm NJW-RR 86, 1123, 1124).