Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 22
Für die Entscheidung, ob der Kl eine über den titulierten Betrag hinausgehende Nachforderung mit der Abänderungsklage oder im Wege einer neuen Leistungsklage, als Zusatz- oder Nachforderungsklage geltend machen kann, ist zunächst danach zu differenzieren, ob ein neuer Streitgegenstand vorliegt, was zB zu bejahen ist, wenn Unterhalt zunächst für den Zeitraum des Getrenntlebens und dann für die Zeit nach der Scheidung (BGH NJW 82, 655 [OLG Hamm 12.05.1981 - 4 U 15/81]) oder für verschiedene Zeiträume des Getrenntlebens verlangt wird. In diesen Fällen muss der Kl eine neue Leistungsklage erheben und kann nicht nach § 323 vorgehen (BGH NJW 81, 978 [BGH 14.01.1981 - IVb ZR 575/80]). Eine Umdeutung der Abänderungsklage in eine Leistungsklage ist jedoch möglich (BGH NJW 83, 2200, 2201 [BGH 01.06.1983 - IVb ZR 565/81]; NJW-RR 86, 1260 [BGH 19.03.1986 - IVb ZR 19/85]).
Rn 23
Liegt hingegen wie beim Unterhaltsanspruch des Kindes ein einheitlicher Streitgegenstand vor, könnte für die Zulässigkeit einer Klage auf Nachforderung jedenfalls im Falle eines Erhöhungsverlangens sprechen, dass über den Zusatzbetrag noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, so dass es der Rechtskraftdurchbrechung über § 323 nicht bedarf. Der BGH lehnt dies jedoch ab und beschränkt den Kl auf die prozessuale Gestaltungsklage nach § 323 (BGHZ 34, 110, 114 = NJW 61, 871). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verpflichtete eine Herabsetzung oder der Berechtigte eine Anhebung des Zahlbetrages verlangt. Auch im letzteren Fall ist ihm im Anwendungsbereich des § 323 unabhängig von Rechtskraft- oder sonstigen Bindungswirkungen des Urteils die Leistungsklage in Form einer Zusatz- oder Nachforderungsklage verschlossen (BGHZ 98, 353, 357 = NJW 87, 1201, 1202; NJW-RR 05, 371, 372). Eine Umdeutung der Leistungsklage in eine Abänderungsklage ist jedoch möglich (BGH NJW 92, 438, 439 [BGH 06.11.1991 - XII ZR 240/90]).
Rn 24
Zulässig ist eine Zusatzklage jedoch ausnahmsweise dann, wenn sich der Kl eine Nachforderung ausdrücklich vorbehalten hat, also eine offene Teilklage vorliegt. Hiervon ist im Zweifel auch dann auszugehen, wenn der Kl Unterhalt nur für einen beschränkten Zeitraum geltend gemacht hat (Kobl NJW-RR 86, 1457) oder nur der über eine freiwillige Zahlung hinausgehende Unterhaltsbetrag Gegenstand des Erstprozesses war (BGH NJW 82, 1284; BGHZ 93, 330, 335 = NJW 85, 1340, 1343). Sofern sich aus den Umständen aber nicht entnehmen lässt, dass die in bestimmter Höhe begehrten wiederkehrenden Leistungen nur den Teil einer an sich höheren Forderung darstellen sollen, wird vermutet, dass der gesamte Unterhaltsanspruch geltend gemacht wurde. Im Fall einer verdeckten Teilklage ist der Kl folglich nach hM mit Nachforderungen im Wege der Leistungsklage ausgeschlossen. In diesem Fall soll eine erweiterte Verurteilung zu wiederkehrenden Leistungen nur unter den strengen Voraussetzungen der Sonderregelung des § 323 zulässig sein (BGHZ 94, 145, 146 = NJW 85, 1701; BGH NJW 15, 334; Zö/G.Vollkommer § 323 Rz 22; Niklas FamRZ 87, 869, 873). Ein solcher Ausschluss der Möglichkeit verdeckter Teilklagen im Unterhaltsrecht erscheint aber fraglich und vom Gesetzeszweck des § 323 nicht gefordert (Roth NJW 88, 1233, 1236 ff; krit auch Gottwald FamRZ 92, 1374, 1376 ff).
Rn 25
Die für die Teilklage geltenden Grundsätze überträgt der BGH jedoch nicht auf außergerichtliche Titulierungen. Hat der Schuldner mit einem außergerichtlichen Titel lediglich einen Sockelbetrag anerkannt, ist der restliche Unterhalt nicht im Wege der Abänderungsklage, sondern mit der Leistungsklage geltend zu machen (BGH FamRZ 10, 195 mit Anm Gottwald; abl Schmidt FamRZ 10, 447.