Rn 1

Grds wirkt das rechtskräftige Urt nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits (BGHZ 3, 385, 388 = NJW 52, 178). Nur diese haben durch ihre Herrschaft über den Prozessstoff und das Verfahren sowie ihren Anspruch auf rechtliches Gehör ausreichend Möglichkeit, den Inhalt der Entscheidung zu beeinflussen. Eine Erstreckung der Rechtskraft der Entscheidung auf einen am Prozess nicht beteiligten Dritten findet entgegen aA in der Literatur nur in Ausnahmefällen statt und bedarf der besonderen Rechtfertigung (BGH NJW 96, 395, 396). Davon abweichenden Lösungsvorschlägen in der Literatur, wonach eine Rechtskrafterstreckung immer dann eintreten soll, wenn eine materiell-rechtliche Abhängigkeit vorliegt, weil die Parteien die Wirkung für und gegen den Dritten auch durch ein Rechtsgeschäft hätten herbeiführen können (Bettermann S 79 ff) oder das zwischen den Parteien entschiedene Rechtverhältnis vorgreiflich für das Rechtsverhältnis einer Partei zu dem Dritten und diesem die Rechtskrafterstreckung zumutbar ist (Blomeyer ZZP 75 [1962], 1, 10 ff), sind Rspr und hM zu Recht entgegengetreten, da eine materiell-rechtliche Abhängigkeit zwar einen notwendigen Aspekt der Rechtskrafterstreckung darstelle, aber für eine allg Rechtskrafterstreckung ohne gesetzliche Anordnung allein keine ausreichende Rechtfertigung biete (BGH NJW 96, 395, 396; BGH NJW-RR 05, 338, 339 [BGH 08.11.2004 - II ZR 362/02]; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 9 f; Musielak/Voit/Musielak § 325 Rz 3; Schack NJW 88, 865, 872).

 

Rn 2

Auch eine Drittwirkung der Rechtskraft in allen Fällen, in denen die im Vorprozess getroffene Entscheidung in einem weiteren Prozess des Dritten präjudiziell ist (Schwab ZZP 77 [1964], 124, 137 ff; Koussoulis S 114 ff), lässt sich mit dem Grundsatz rechtlichen Gehörs und der Intention des Gesetzgebers, der § 325 I als Ausnahmeregelung konzipiert hat, nicht in Einklang bringen (MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 10; Zö/G.Vollkommer § 325 Rz 4), auch wenn diese in vielen Fällen zu praktisch sinnvollen Ergebnissen führen und Abgrenzungsschwierigkeiten beseitigen würde (vgl dazu Rn 45, 49).

I. Regelungsinhalt.

 

Rn 3

Die in § 325 I angeordnete Ausweitung der subjektiven Grenzen des rechtskräftigen Urteils über die Parteien hinaus auf deren Rechtsnachfolger ergänzt die in § 265 getroffene Regelung und wird nur im Zusammenspiel beider Normen verständlich. Nach § 265 I kann sich eine Partei nicht dadurch dem Prozess entziehen und den Kl zu einer neuen Klage zwingen, dass sie die streitbefangene Sache veräußert oder den geltend gemachten Anspruch abtritt. Der Rechtsvorgänger hat vielmehr nach § 265 II den Prozess in gewillkürter Prozessstandschaft fortzuführen. Damit die Wirkungen eines solchermaßen gegen den Rechtsvorgänger erstrittenen Urteils nicht ins Leere gehen, muss derjenige, der während des Prozesses Rechtsnachfolger der Partei geworden ist, an das rechtskräftige Urt gebunden sein (für eine Umgestaltung des § 325 unter gleichzeitiger Streichung des § 265 Stamm ZZP 131 [2018], 143 ff.; umf dazu Fervers S 206 ff).

II. Anwendungsbereich.

 

Rn 4

Die in § 325 angeordneten Ausnahmen beziehen sich nur auf den Fall der Rechtsnachfolge. Sie gelten in allen Verfahren der ZPO. Für die Nacherbfolge enthält § 326, für die Testamentsvollstreckung § 327 eine ähnl gestaltete Sonderregelung, die in ihrem Anwendungsbereich § 325 vorgeht. Entsprechende Anwendung findet § 325 auf die Rechtsnachfolge in WEG-Sachen (BGHZ 148, 335, 337 = NJW 01, 3339); in Patentnichtigkeitsverfahren (BGHZ 117, 144, 145 = NJW 93, 203; BPatG MittdtschPatAnw 11, 236; BeckRS 18, 11584 Rz 36); Streitigkeiten über das erteilte Patent (BGHZ 72, 236, 240 = NJW 79, 269; Nieder GRUR 13, 264) sowie Beschwerdeverfahren in Markensachen vor dem BPatG (NJW-RR 01, 181).

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