Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
1. Gesetzliche Prozessstandschaft.
Rn 39
Die Rechtskraft einer für und gegen den Prozessstandschafter ergangenen Entscheidung erstreckt sich dann auf den Rechtsinhaber, wenn diesem die Prozessführungsbefugnis zur Wahrnehmung der Interessen des Rechtsinhabers übertragen worden ist (St/J/Althammer § 325 Rz 55). Dies gilt regelmäßig für die Parteien kraft Amtes, dh den Insolvenz-, Nachlass- und Zwangsverwalter sowie den Testamentsvollstrecker (vgl § 327 Rn 5). Ausdrücklich angeordnet ist die Wirkung für und gegen das Kind bei der Prozessstandschaft eines Elternteils zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den anderen Elternteil in § 1629 III 2 BGB. Sie gilt aber auch für sonstige Fälle gesetzlicher Prozessstandschaft aufgrund materiell-rechtlicher Vorschriften (§§ 1422 S 1, 1429 S 2, 1629 I 3, III 1 BGB). Keine Rechtskrafterstreckung findet hingegen statt, wenn der Prozessstandschafter im Rechtsstreit auch eigene Interessen vertritt, etwa weil ihm mit anderen ein Recht gemeinschaftlich zusteht, wie bei §§ 432 I (BGH NJW 86, 1046, 1047 [BGH 19.09.1985 - VII ZR 15/85]), 744 II, 1011 (BGH NJW 81, 1097; 85, 2825 [BGH 28.06.1985 - V ZR 43/84]), 1368, 1428, 1455 Nr 8, 2039 BGB (BGH NJW 06, 1969, 1970 [BGH 05.04.2006 - IV ZR 139/05]). Denn der Rechtsinhaber, welcher den Prozess nicht selbst führt, darf an der prozessualen Durchsetzung seiner eigenen Interessen nicht gehindert werden (R/S/G § 46 V Rz 59 ff; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 53; für eine Rechtskrafterstreckung auf Mitberechtigte de lege ferenda Picht ZZP 131 [2018], 93, 125).
2. Gewillkürte Prozessstandschaft.
Rn 40
Bei gewillkürter Prozessstandschaft findet eine Rechtskrafterstreckung auf den Rechtsinhaber statt, da dieser der Prozessführung durch einen anderen zugestimmt hat (BGHZ 78, 1, 7 = NJW 80, 2461). Erforderlich ist aber, dass die Geltendmachung eines fremden Rechts erkennbar ist, der Prozessstandschafter sich folglich auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen hat (BGH NJW 72, 1580; NJW 88, 1585, 1586 [BGH 12.10.1987 - II ZR 21/87]). Umstritten ist die Rechtskrafterstreckung im Falle der Inkassozession. Da der Zessionar die volle Gläubigerstellung erhält und im eigenen Namen auftritt, wird tw eine Rechtsnachfolge erst bei Rückübertragung der Forderung an den Zedenten eine Rechtsnachfolge bejaht (St/J/Althammer § 325 Rz 54; Wieczorek/Schütze/Büscher § 325 Rz 79). Die Gegenauffassung bejaht eine Rechtskrafterstreckung, da der Zessionar als Treuhänder wirtschaftlich für den Treugeber tätig wird (RGZ 88, 290, 293; MüKoZPO/Gottwald § 325 Rz 51). Da die Vertretung fremder Interessen auch bei der gesetzlichen Prozessstandschaft das entscheidende Kriterium für die Rechtskrafterstreckung ist, erscheint dies vorzugswürdig.