Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 3
Zu unterscheiden ist zwischen dem Existentwerden und dem Wirksamwerden von Beschlüssen (KG NJW-RR 00, 1239). Für beides ist von Bedeutung, ob es sich um Beschlüsse handelt, die ohne oder aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen sind.
1. Existenz.
Rn 4
Existent werden Beschlüsse stets dann, wenn sie den inneren Bereich des Gerichts verlassen haben (BGH NJW 57, 1480 [BGH 27.06.1957 - III ZR 51/56]; BGH NJW-RR 00, 877; BGH NJW-RR 12, 1533, 1534) und von diesem nicht mehr verändert werden können (BGH NJW-RR 04, 1575). Bis zu diesem Zeitpunkt eingehende Schriftsätze müssen zur Vermeidung einer Gehörsverletzung berücksichtigt werden (BGH NJW-RR 12, 1533 [BGH 12.07.2012 - IX ZB 270/11]). Beschlüsse, die aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehen, werden mit ihrer Verkündung existent, weil sie damit bereits den inneren Bereich des Gerichts verlassen. Dagegen werden ohne notwendige mündliche Verhandlung ergangene Beschlüsse existent, sobald sie mit dem Willen des Gerichts und dem Zweck der Bekanntgabe an die Parteien aus dessen inneren Geschäftsbetrieb gelangen und als erlassene Beschlüsse nach außen erkennbar werden (BGH VersR 74, 365; NJW-RR 00, 877; 04, 1575; NJW 17, 3239 Rz 3). Ist der Beschl existent, kann er, sofern er beschwerdefähig ist, angefochten werden (BGH VersR 74, 365; Frankf NJW 74, 1389; Schneider NJW 78, 833).
2. Wirksamwerden.
Rn 5
Wirksam werden Beschlüsse, wenn sie den betroffenen Parteien bekannt gemacht worden sind (BGHZ 25, 60, 63 = NJW 57, 1480, BGHZ 164, 347, 351 = NJW 05, 3724; BGH NJW 18, 558; Zö/Feskorn § 329 Rz 7). Wann dies der Fall ist, ist einzelfallabhängig. Bereits mit ihrer Verkündung werden Beschlüsse ggü den Parteien wirksam, wenn ihre Zustellung nicht vorgeschrieben ist. Handelt es sich dagegen um Beschlüsse, die zuzustellen sind, werden sie bereits mit der Zustellung an eine Partei wirksam (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 8; Schneider NJW 78, 833 [OLG Nürnberg 22.12.1977 - 7 WF 129/77]). Bereits mit ihrer bloßen Mitteilung durch das Gericht an die Parteien werden diejenigen Beschlüsse wirksam, die weder zu verkünden noch zuzustellen sind (BGH NJW 23, 152 Rz 15 f). Die Beachtung einer bestimmten Form ist für diese Mitteilung nicht erforderlich, ausreichend ist insoweit auch eine telefonische Benachrichtigung (BGHZ 14, 148 = NJW 54, 1604; NJW-RR 00, 877; NJW-RR 11, 1282; Hamm Rpfleger 87, 251). Inwieweit über diese Mitteilung ein Aktenvermerk anzufertigen ist, ist umstr (dafür Zwirner NJW 54, 907). Weitgehend wird dieser lediglich für sinnvoll gehalten (Hamm Rpfleger 87, 251). Mitzuteilende Beschlüsse werden mit formloser Mitteilung an die Partei wirksam (BGH NJW 87, 2379 [BGH 09.03.1987 - II ZB 10/86]; NJW-RR 95, 641; 04, 1575 [BGH 01.04.2004 - IX ZR 117/03]), wobei darauf zu achten ist, ob die Wirksamkeit von der Mitteilung an beide Parteien abhängt (so für den Verweisungsbeschluss nach § 281: BGH NJW-RR 95, 641 [BGH 22.02.1995 - XII ARZ 2/95]; OLG Ddorf MDR 15, 419 [OLG Nürnberg 12.02.2015 - 11 WF 172/15]; Zö/Feskorn § 329 Rz 21). Ohne Einfluss auf das Wirksamwerden eines Beschl ist es, wenn er nicht wie vorgeschrieben verkündet, sondern zugestellt wird (München MDR 54, 424, 62, 224; Köln Rpfleger 82, 113; Köln NJW-RR 98, 365; BGH NJW-RR 12, 398 [BGH 15.12.2011 - V ZB 124/11]). Eine fehlerhafte öffentliche Bekanntmachung wirkt aber nicht als Zustellung (BGH NJW-RR 12, 179 [BGH 10.11.2011 - IX ZB 165/10]). Gleiches gilt auch dann, wenn ein zuzustellender Beschl nicht zugestellt, sondern verkündet wird (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 11). Wird ein zu verkündender oder zuzustellender Beschl lediglich formlos mitgeteilt, wird er nicht wirksam (BGHZ 137, 49 = NJW 98, 609; Köln NJW-RR 98, 365). Insgesamt gilt, dass Verkündungs- oder Zustellungsfehler bei Beschlüssen nur dann deren Unwirksamkeit zur Folge haben, wenn gegen wesentliche, die Verlautbarung betreffende Vorschriften verstoßen wird. Verkündungs- oder Zustellungsmängel führen daher nur selten zur Unwirksamkeit des Beschl (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 11).