Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 29
Für Verfügungen gelten die Urteilsvorschriften mit Ausnahme der §§ 317, 319 I, II nicht entsprechend. IE ist zu beachten:
§ 308 (Bindung an die Parteianträge).
Rn 30
Die Vorschrift gilt grds für Verfügungen nicht entsprechend, da mittels Verfügungen nicht über Sachanträge entschieden wird. Ist jedoch für den Erlass einer Verfügung ein Parteiantrag erforderlich, kommt eine entsprechende Anwendung des § 308 I in Betracht (MüKoZPO/Musielak § 329 Rz 16).
§ 309 (Erkennende Richter).
Rn 31
Diese Regelung ist wegen § 329 I 2 nicht anwendbar (Zö/Feskorn § 329 Rz 52).
§§ 310, 311, 312 (Regelungen zur Verkündung und Berichtigung).
Rn 32
Verfügungen müssen nach § 29 I nicht verkündet werden. Die §§ 310 und 311 finden daher keine Anwendung. Erfolgt dennoch eine Verkündung, ist gem § 329 I 2 die Vorschrift des § 312 entsprechend anzuwenden. Für die Wirksamkeit der Verkündung kommt es dabei nicht auf die Anwesenheit der Parteien an (MüKoZPO/Musielak § 329 Rz 16).
§ 315 (Unterschrift der Richter).
Rn 33
Die Unterschrift des die Verfügung erlassenden Richters ist erforderlich für Fristsetzungsverfügungen (BGHZ 76, 236 = NJW 80, 1167; BVerwG NJW 94, 746) und Zwischenverfügungen (BayObLG NJW-RR 96, 1167). Dagegen verneint der BGH vor dem Hintergrund der zunehmenden elektronischen Vorgangsbearbeitung das Unterschriftserfordernis für die Verfügung des Vorsitzenden zur Verlängerung der Rechtsmittelbegründungsfrist, durch welche keine Frist in Gang gesetzt, sondern lediglich eine bereits laufende verlängert wird (BGH NJW 17, 2273, 2275 Rz 21). Erforderlich ist aber, dass durch technische und organisatorische Vorkehrungen die Herkunft der Entscheidung und ihr Zustandekommen verbürgt wird (BGH NJW 17, 2273, 2275 [BGH 06.04.2017 - III ZR 368/16] Rz 25). Die Unterzeichnung mit einer Paraphe wurde bereits in der Vergangenheit bei einer Terminsbestimmung für ausreichend gehalten, die allerdings charakteristische Merkmale aufweisen muss, um zumindest innerhalb des Gerichts den Unterzeichner klar erkennen zu lassen (BSG NJW 92, 1188; OVG Münster NJW 91, 1628 [OVG Nordrhein-Westfalen 08.11.1990 - 1 A 5/90]; VGH Kassel NJW 12, 1243). Auch insoweit dürfte im Rahmen elektronischer Aktenführung ein sicherer Herkunftsnachweis genügen. Soweit Präklusionsfristen in Gang gesetzt werden, verbleibt es beim Unterschriftserfordernis.
§ 317 (Zustellung und Ausfertigung).
Rn 34
Gemäß § 329 I 2 gelten § 317 II 1 und III–V sinngemäß. Die Erteilung von Abschriften ist nicht zulässig, bevor die Verfügung unterzeichnet worden ist (MüKoZPO/Musielak § 329 Rz 16).
§ 318 (Bindung des Gerichts).
Rn 35
Die Vorschrift gilt nicht für Verfügungen (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 22). Jedoch ist richtigerweise trotz fehlender Bindung des Gerichts ein gewisser Vertrauensschutz zu beachten, so dass man einer Partei eine ihr günstige Rechtsposition, etwa im Fall einer gewährten Fristverlängerung, nicht durch Abänderung einer Verfügung nachträglich wieder entziehen kann (Rimmelspacher FS Gaul 97, 553, 564; Zö/Feskorn § 329 Rz 52; Wieczorek/Schütze/Rensen § 329 Rz 29).
§ 319 (Berichtigung).
Rn 36
Der Rechtsgedanke des § 319 gilt auch für Verfügungen. Offenbare Unrichtigkeiten sind vAw zu berichtigen, was aber wegen der fehlenden Bindung an die Entscheidung auch ohne § 319 möglich wäre. Eine analoge Anwendung des § 319 III scheidet aus (MüKoZPO/Musielak § 329 Rz 16; Zö/Feskorn § 329 Rz 52).
§§ 320–328 (Regelungen bzgl der Rechtskraft von Urteilen).
Rn 37
Die Regelungen sind nicht auf Verfügungen anwendbar, da diese nicht der Rechtskraft fähig sind (ThoPu/Reichold § 329 Rz 14; Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 22).