Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
Rn 6
Die in § 329 ausgesprochenen Verweisungen auf einzelne Vorschriften über das Urt sind nicht abschließend (BGH NJW 17, 2273 [BGH 06.04.2017 - III ZR 368/16] Rz 20; Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 1). Darüber hinaus sind auch weitere Regelungen entsprechend anwendbar, wenn dies die Ähnlichkeit zwischen Urt und Beschl rechtfertigt. Im Einzelnen gilt dabei Folgendes:
§ 308 (Bindung an die Parteianträge).
Rn 7
Die Vorschrift findet auf Beschlüsse entsprechende Anwendung. Bei Beschlüssen, die auf Antrag einer Partei ergehen, darf das Gericht keine Entscheidung über die von den Parteien gestellten Anträge hinaus treffen. Dies gilt nicht für eigenständige Kostenentscheidungen in Beschlüssen, da diese vAw zu treffen sind, zB beim Arrestbeschluss nach § 922 (Zö/Feskorn § 329 Rz 34; Anders/Gehle/Becker ZPO § 329 Rz 14).
§ 309 (Erkennende Richter).
Rn 8
Die Regelung gilt nach § 329 I 2 ausdrücklich für auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangene Beschlüsse. Somit gelten auch die §§ 192 ff GVG, dh die Beschlüsse haben durch die Richter zu ergehen, die an der Verhandlung teilgenommen haben. Der BGH verlangt zudem, dass nur diejenigen Richter mitwirken dürfen, die dazu im Zeitpunkt des Erlasses nach der Geschäftsverteilung. berufen sind (BGH MDR 05, 410).
§ 310 (Termin der Urteilsverkündung).
Rn 9
Hier gilt gem § 329 I 2 lediglich § 310 I entsprechend für Beschlüsse, die verkündet werden müssen. § 310 II gilt dagegen nicht (Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 18). Der Beschl selbst ist ebenso wie seine Verkündung im Protokoll gem. § 160 III Nr 6, 7 festzustellen (hierzu BGH NJW 20, 2272 [BGH 22.04.2020 - XII ZB 131/19]).
§ 311 (Form der Urteilsverkündung).
Rn 10
Während § 311 I allgemein als nicht anwendbar angesehen wird, wird zT für § 311 II, III eine entsprechende Anwendbarkeit befürwortet (LG Frankfurt Rpfleger 76, 257; Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 18; Wieczorek/Schütze/Rensen § 329 Rz 26). Überwiegend wird dies jedoch abgelehnt (ThoPu/Reichold § 329 Rz 2; St/J/Roth § 329 Rz 23). Da Beschlüsse, mit deren Verkündung Rechtsmittelfristen in Gang gesetzt werden, seit der Neuregelung durch das ZPO-RG 1998 nicht mehr bestehen, hat sich dieser Streit erledigt (Zö/Feskorn § 329 Rz 37). § 311 IV gilt wegen der Verweisung des § 329 I 2 entsprechend.
§ 312 (Anwesenheit der Parteien).
Rn 11
Die Reglung ist in § 329 Abs 1 S 2 ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt.
§§ 313, 313a, 313b (Form und Inhalt).
Rn 12
Obwohl § 329 bzgl der äußeren Gestaltung von Beschlüssen keine Regelung trifft, ist § 313 auf diese entsprechend anzuwenden (BGH NJW 01, 1653 [BGH 24.01.2001 - XII ZB 75/00]). Dies gilt insb für urteilsvertretende und verfahrensbeendende Beschlüsse (Hamm OLGR 99, 13; Köln BB 01, 1499 [OLG Köln 03.04.2001 - 25 W 2/00]) und Vollstreckungstitel. Bei diesen ist ein volles Rubrum erforderlich (Brandbg Rpfleger 98, 208 [OLG Düsseldorf 22.12.1997 - 3 W 159/97], Zö/Feskorn § 329 Rz 39 f). Im Übrigen kann das Rubrum auch abgekürzt sein, solange die Bezeichnung der Parteien feststeht (BGH NJW-RR 08, 367 [BGH 16.10.2007 - VI ZB 65/06]; NJW 03, 3136). Für die Entscheidungsformel gilt, dass diese verständlich und ggf vollstreckbar sein muss (Anders/Gehle/Becker ZPO § 329 Rz. 15; Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 19). Ein Tatbestand ist immer erforderlich, wenn der Beschl der Rechtsbeschwerde unterliegt. Ergibt sich der Tatbestand bereits aus der rechtlichen Bewertung, ist er entbehrlich. Werden Beschlüsse mit einem Tatbestand versehen, ist dieser von den Gründen deutlich abzusetzen (HK-ZPO/Saenger § 329 Rz 4). Hinsichtlich der Beweiskraft des Tatbestandes s die nachfolgende Rn 13. Regelmäßig bedürfen Beschlüsse, obwohl dies nicht ausdrücklich durch § 329 vorgeschrieben wird, einer Begründung. Dies folgt einerseits bereits aus dem Gesetz (zB § 922 Abs 1 S 2) und für die rechtsmittelfähigen Beschlüsse aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Frankf OLGR 06, 114; Musielak/Voit/Musielak § 329 Rz 5). Nicht verfassungsrechtlich geboten ist die Begründung bei unanfechtbaren Beschlüssen (BVerfG NJW 11, 1497 [BVerfG 08.12.2010 - 1 BvR 1382/10]; BAG NJW 12, 2460 [BAG 07.02.2012 - 8 AZA 53/11 (F)]). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Richter bei seiner Entscheidung vom eindeutigen Wortlaut des Gesetzes abweicht und die Gründe hierfür den Parteien nicht bereits bekannt oder zumindest erkennbar sind. In diesen Fällen bedürfen auch unanfechtbare Beschlüsse einer Begründung, da das Willkürverbot des Art 3 I, 20 III GG zu beachten ist (BVerfG NJW 93, 1909; 94, 574 [BVerfG 08.12.1992 - 1 BvR 326/89]; 98, 3484 [BVerfG 04.04.1998 - 1 BvR 968/97]). Auf der anderen Seite kann auch bei rechtsmittelfähigen Beschlüssen in besonderen Konstellationen eine Begründung entbehrlich sein, und zwar dann, wenn die Begründung bereits unmittelbar aus dem Gesetz folgt, auf gefestigter Rspr basiert oder dem Streitstoff unmittelbar zu entnehmen ist (Frankf Rpfleger 84, 477; BayObLG NJW-RR 91, 187; Karlsr FamRZ 91, 90). Eine fehlende Begründung kann grds im Nichtabhilfebeschluss nachgeholt werden. Ausgenommen hiervon sind diejenigen Beschlüsse, die der sofortigen Beschwerde unterliegen (ThoPu/Reichold § 329 Rz 10). Die Begründung hat alle Tatsachenbehaupt...