1. Anwendungsbereich der Norm.
Rn 2
Die Vorschriften über das Versäumnisverfahren müssen allgemein anwendbar sein (s § 330 Rn 3 ff). In Ehesachen (§§ 121 ff FamFG) sind Versäumnisentscheidungen gegen den Antragsgegner nach § 130 II FamFG unzulässig. In den Verbundsachen (§§ 137 ff FamFG) ist nunmehr stets einheitlich durch Beschl zu entscheiden, auch soweit eine Versäumnisentscheidung zu treffen ist (§ 142 I FamFG). Der auf Säumnis beruhende Teil der Entscheidung ist – wie bisher (vgl BGH FamRZ 94, 1521; Zweibr FamRZ 96, 1483) – mit dem Einspruch anzufechten, über den nach § 143 FamFG ggf vorab zu verhandeln und zu entscheiden ist (zur Sperrwirkung für die bereits in der Beschwerdeinstanz befindliche Ehesache: BGH NJW 15, 2123 [BGH 29.04.2015 - XII ZB 590/13]).
2. Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen.
Rn 3
Die vAw zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen müssen vorliegen (s.o. § 330 Rn 6), was vom Kl darzulegen und zu beweisen ist (BGH NJW 61, 2207 [BGH 05.10.1961 - VII ZR 201/58]). Das gilt nach Abs 1 S 2 auch für den Vortrag zu den Voraussetzungen einer nach § 38 I, II zulässigen Gerichtsstandsvereinbarung. Zum Beweis zulässiger Prorogation (§ 38 I) bedarf es keines urkundlichen Nachweises der Kaufmannseigenschaft durch Registerauszug; dem Kl stehen – auch im Urkundenprozess – alle Beweismittel zur Verfügung (Frankf MDR 75, 232; ZIP 1981, 664; Karlsr MDR 02, 1269). Zweckmäßigerweise ist in solchen Fällen zumindest hilfsweise ein Antrag auf Verweisung nach § 281 I 1 stellen. Hat der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs iSd § 17a III 2 GVG gerügt, muss das Gericht vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheiden (vgl LG Köln NJW-RR 17, 767 [LG Köln 09.11.2016 - 13 S 37/16]).
Rn 4
Die Heilung behebbarer Mängel durch Einlassung zur Sache (§ 39) oder durch rügeloses Verhandeln (§ 295) scheidet bei Säumnis des Bekl aus. Das weitere Verfahren des Gerichts bestimmt sich danach, ob der Mangel noch behoben werden kann oder nicht (dazu Rn 23 ff).
3. Säumnis des Beklagten.
Rn 5
Der Bekl muss in dem Termin nicht erschienen sein oder nicht verhandeln (§ 333). Insoweit gilt dasselbe wie für die Säumnis des Kl (s § 330 Rn 7 f). Es darf kein Vertagungsgrund nach § 337 vorliegen, also insb keine Anhaltspunkte dafür geben, dass der Bekl ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert ist (s § 330 Rn 8 f).
4. Antrag des Klägers.
Rn 6
Das Urt nach Abs 2 setzt den Prozessantrag des Klägers auf Erlass des Versäumnisurteils voraus. Dieser Antrag ist Grundlage dafür, dass ein Sachurteil gegen den Bekl ohne Berücksichtigung auch der dem Richter bekannten Einwendungen ergehen kann (RGZ 28, 393, 397). Ein Versäumnisurteil ist nicht zulässig, wenn der Kl nach einem Anerkenntnis des Bekl, das auch schriftsätzlich ggü dem Prozessgericht erklärt sein kann (HK-ZPO/Saenger § 307 Rz 4), ein Urt gem § 307 I beantragt (MüKoZPO/Prütting Rz 6). Der Prozessantrag ist vom Sachantrag zu unterscheiden, der nicht die Art, sondern den Inhalt der begehrten Entscheidung bezeichnet. Die hM geht jedoch davon aus, dass der Sachantrag auch den Prozessantrag enthalten kann (s § 330 Rn 10).
Rn 7
Der Kl kann statt des Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten gem. § 331a beantragen. Schließlich kann der Kl eine Vertagung anregen, was sich nach einem richterlichen Hinweis auf eine notwendige Ergänzung des Vorbringens empfiehlt. Das Gericht muss einem Antrag auf Vertagung aber nicht entsprechen, sondern hat darüber nach § 251a III iVm § 227 zu entscheiden (MüKoZPO/Prütting Rz 7; Musielak/Voit/Stadler Rz 5; Kramer NJW 77, 1657, 1662).
5. Keine Zurückweisungsgründe nach § 335 I.
Rn 8
Das Versäumnisurteil darf nicht ergehen, wenn die in § 335 I Nr. 1 bis 3, 5 genannten Gründe für die Zurückweisung des Prozessantrags vorliegen. Dessen Erlass hat zu unterbleiben, wenn vAw zu beachtende, noch ausräumbare Verfahrensmängel vorliegen (s § 335 Rn 4) oder der Beklagte nicht ordnungsgemäß zu dem Termin geladen worden war (s § 335 Rn 5). Für ein Versäumnisurteil gegen den Bekl müssen zudem das den Klageanspruch begründende tatsächliche Vorbringen und die Sachanträge nach § 335 I Nr 3 rechtzeitig mitgeteilt worden sein (s § 335 Rn 7 ff). Schließlich darf im Parteiprozess ein Versäumnisurteil nicht ergehen, wenn der Bevollmächtigte erst im oder unmittelbar vor dem Termin zurückgewiesen oder ihm die weitere Vertretung untersagt wird (s § 335 Rn 12 ff).
6. Schlüssigkeit des Klagevorbringens (Abs 2).
Rn 9
Das Versäumnisurteil gegen den Bekl setzt die Schlüssigkeit des Klagevorbringens voraus. Der Sachvortrag des Kl ist schlüssig, wenn dieser Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in dessen Person entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten (oft fehlerhaft als Substantiierung gefordert) ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolge nicht von Bedeutung sind (BGH NJW 05, 2710, 2711 [BGH 01.06.2005 - XII ZR 275/02]). Hierauf ist gerade bei der Prüfung der Schlüssigkeit nach § 331 zu achten, da eine tatrichterliche Prüfung der Wahrscheinlichkeit der Behauptungen des Kl nicht stattfinden soll (s Rn 1).
Rn 10
Der Schlüssigkeit steht es entgegen, wenn der Kl selbst re...