I. Fehlender Nachweis eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstands (Nr 1).
Rn 3
VAw zu berücksichtigen sind va Zulässigkeitsmängel der Klage – hierzu gehört etwa die Prozessunfähigkeit einer Partei (vgl BGH MDR 21, 1081 [BGH 08.07.2021 - III ZR 344/20]) – oder der fehlende Nachweis einer Prozessvollmacht nach § 88 II. Nicht hierunter fallen die nur auf Rüge zu berücksichtigenden Prozesseinreden (wie eine Schiedsvereinbarung nach § 1032) sowie Parteivereinbarungen über eine Rücknahme der Klage oder über den Ausschluss der Klagbarkeit der Forderung (vgl MüKoZPO/Prütting Rz 5). Eine Sonderstellung nehmen das Verlangen nach Sicherheit für die Prozesskosten (§§ 110, 113) und die Einrede nicht erstatteter Kosten nach früherer Klagerücknahme (§ 269 VI) ein, weil sie den Bekl berechtigen, die Einlassung zu verweigern. Sie sind zu berücksichtigen, wenn ein entsprechender Antrag einmal gestellt worden ist (str wie hier: Musielak/Voit/Stadler Rz 2; Zö/Herget Rz 2; Wieczorek/Schütze/Büscher Rz 5; aA Anders/Gehle/Anders ZPO Rz 4: – vAw zu berücksichtigen: wiederum aA MüKoZPO/Prütting Rz 3 – wie andere Prozesseinreden zu behandeln).
Rn 4
Der Verfahrensmangel muss behebbar und die erschienene Partei bereit sein, die geforderten Nachweise zu beschaffen (allgM). Fehlt es daran, ist – nach Erteilung des gem § 139 III gebotenen Hinweises – die Klage durch Prozessurteil abzuweisen (s § 330 Rn 18, 19 und § 331 Rn 23). Geht es um die Prozessfähigkeit einer Partei und ist nach der Prüfung trotz Erschöpfung aller erschließbaren Erkenntnisquellen die Prozessfähigkeit weder klar zu bejahen noch eindeutig zu verneinen, bleiben aber ernsthafte und begründete Zweifel an der Prozessfähigkeit bestehen, scheidet ein Prozessurteil aus. Die Beweislastregel, wie sie im Bürgerlichen Recht hinsichtlich der Voraussetzungen des § 104 Nr 2 BGB gilt, findet bei Entscheidungen über die Prozessfähigkeit keine Anwendung (vgl BGH MDR 21, 1081 [BGH 08.07.2021 - III ZR 344/20] Rz 18 f – auch zum weiteren Vorgehen des Gerichts in diesem Fall).
II. Nicht ordnungsgemäße Ladung der nicht erschienenen Partei (Nr 2).
Rn 5
Dieser Zurückweisungsgrund setzt voraus, dass die nicht erschienene Partei nach § 214 zu laden war. Er gilt daher nicht, wenn die Ladung entbehrlich war (§ 218) oder eine zulässige Terminsmitteilung (§ 497 II 1) erfolgte. Bedurfte es – wie stets für den Einspruchstermin nach § 341a (BGH NJW 11, 928, 929 [BGH 20.12.2010 - VII ZB 72/09]) – der Ladung, sind die Einhaltung der Ladungs- und Einlassungsfristen (Hamm NJW-RR 91, 895, 896 [OLG Koblenz 24.10.1990 - 14 W 671/90]) sowie die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung (vgl Zweibr OLGR 01, 389, 391 für eine öffentliche Zustellung; AG Neuruppin NJW-RR 03, 2249, 2250 für eine Ersatzzustellung durch Niederlegung) festzustellen und zu protokollieren. Bei der formlosen Ladung des Kl im amtsgerichtlichen Verfahren (§ 497 I) muss sich das Gericht über den Zugang der Ladung vergewissern (BayVerfGH NJW-RR 01, 1647 [VerfGH Bayern 30.03.2001 - Vf. 46-VI-00]).
Rn 6
Unanwendbar ist die Vorschrift nach dem Wortlaut und ihrem Zweck, jeder Partei das rechtliche Gehör in der Verhandlung zu gewährleisten, wenn die nicht ordnungsgemäß geladene Partei zwar erscheint, aber nicht verhandelt. § 333 ist anzuwenden (ganz hM: vgl nur Zö/Herget Rz 3; aA Wieczorek/Schütze/Büscher Rz 15).
III. Verspätete Mitteilung tatsächlichen Vorbringens oder neuer Sachanträge (Nr 3).
Rn 7
Diese Vorschrift, die nur bei Säumnis des Bekl Bedeutung hat, schließt die in § 331 I angeordnete Geständnisfiktion aus, soweit diesem tatsächliches Vorbringen oder Sachanträge nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind (MüKoZPO/Prütting Rz 10; Wieczorek/Schütze/Büscher Rz 19).
Rn 8
Tatsächliches Vorbringen sind die anspruchsbegründenden Tatsachen, die das Versäumnisurteil tragen. Die Norm erfasst nicht neues, aber unerhebliches Vorbringen (Wieczorek/Schütze/Büscher Rz 20). Das soll auch für den Vortrag des Kl zu den für ihn nachteiligen Tatsachen oder vAw zu prüfenden Tatsachen gelten (MüKoZPO/Prütting Rz 12; St/J/Bartels Rz 12), was aber nur insoweit richtig ist, als es sich um Erwiderungen zu Einwendungen und Einreden des Bekl handelt, die auf Grund der Säumnis nicht zu berücksichtigen sind. Soweit der Kl im Termin selbst seinem Klagebegehren entgegenstehende Tatsachen vorträgt, führt das zur Klageabweisung nach § 331 I 2. Fall (s § 331 Rn 10).
Rn 9
Rechtzeitig mitgeteilt ist Vorbringen, das innerhalb der Einlassungsfrist nach § 274 III, in Folgeterminen in der Frist nach § 132 I dem Bekl zugetragen wurde. Die längere Frist zur Einziehung von Erkundigungen (§ 282 II) findet wegen der Säumnis des Bekl keine Anwendung (hM: Musielak/Voit/Stadler Rz 4 mwN; Zö/Herget Rz 4). Im Anwaltsprozess muss das Vorbringen zudem durch einen postulationsfähigen Anwalt in einem Schriftsatz mitgeteilt worden sein (Rostock OLGR 97, 75); im Parteiprozess ist zwar keine schriftsätzliche, aber eine so fristgerechte Mitteilung erforderlich, dass sich der Bekl darauf einrichten kann (Frankf FamRZ 93, 1467, 1468). Rechtzeitig mitgeteilt ist auch mündliches Vorbringen in einem früheren Termin, sofern es in Anwesenheit des Bekl erklärt wurde oder aber im Protokoll festgehalten und diesem mitgeteilt worden ist (str ...