I. Anträge auf Erlass des Versäumnisurteils (§§ 330, 331) oder auf Vertagung (§ 227).
1. Unzulässigkeit des Versäumnisurteils.
Rn 13
Die gemeinsame Rechtsfolge bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Falles des Abs 1 ist, dass kein Versäumnisurteil ergehen darf. Das war primäres Anliegen bei der Erweiterung der Norm um die Nr 4 und 5 (BTDrs 7/2729, 80; 16/3655, 91).
2. Zurückweisung des Prozessantrags nach § 336 I 1.
Rn 14
Beantragt die erschienene Partei in den Fällen des Abs 1 Nr 1 bis 3 – trotz richterlichen Hinweises – das Versäumnisurteil, so ist der Antrag durch Beschl zurückzuweisen (allgM). In diesem Falle ist nicht zugleich ein neuer Verhandlungstermin anzuberaumen, sondern zunächst die Beschwerdefrist und die Entscheidung abzuwarten. Eine sofortige Terminsanberaumung unter Ladung des säumigen Gegners unterliefe den von § 336 I 2 verfolgten Zweck, nach der die erschienene Partei bei unberechtigter Zurückweisung ihres Prozessantrags in einem neuen Termin, zu dem die säumige Partei nicht zu laden ist, das Versäumnisurteil erhalten soll (wie hier: Musielak/Voit/Stadler Rz 8; St/J/Bartels Rz 24; aA Zö/Herget Rz 7). Nach Zurückweisung der sofortigen Beschwerde oder bei Nichteinlegung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ist gem § 216 vAw ein neuer Termin anzuberaumen (Musielak/Voit/Stadler Rz 8; MüKoZPO/Prütting Rz 22; St/J/Bartels Rz 24; aA ThoPu/Seiler Rz 8; Zimmermann Rz 6 – Terminbestimmung nur auf Antrag).
Rn 15
In den Fällen von Abs 1 Nr 4 kommt eine Zurückweisung des Antrags grds nicht in Betracht, vielmehr sind die unterlassenen Hinweise nachzuholen (allgM) und – wenn die Verteidigungsanzeige auch dann ausbleibt – das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren zu erlassen.
Rn 16
In den Fällen von Abs 1 Nr 5 läge der Sache nach eine Behandlung analog § 337 nahe; da der Gesetzgeber die richterliche Zurückweisung eines Bevollmächtigten oder die Untersagung der Vertretung jedoch dem § 335 zugeordnet hat, dürfte auch hier wie in den Fällen des Abs 1 Nr 1 bis 3 zu verfahren sein.
3. Vertagungsantrag der erschienenen Partei nach § 227.
Rn 17
Die erschienene Partei hat seit der Novelle von 1924 nur noch unter den Voraussetzungen des § 227 einen Anspruch auf Vertagung (dazu Volkmar JW 24, 345, 348; wie hier Anders/Gehle/Anders ZPO Rz 12; ThoPu/Seiler Rz 9; aA MüKoZPO/Prütting Rz 21; St/J/Bartels Rz 23). Dem Antrag ist aber aus den Gründen des § 227 I 2 Nr 2 zu entsprechen, wenn die das Versäumnisurteil hindernden Gründe auf Ladungsmängeln oder auf dem Unterlassen rechtzeitiger richterlicher Hinweise nach § 139 III beruhen. Beantragt die erschienene Partei die Vertagung statt des Versäumnisurteils, so liegt darin auch der Verzicht auf die Beschwerde nach § 336 I 1 (Zweibr JW 30, 2069).
Rn 18
Zu dem neuen Termin ist die nicht erschienene Partei nach § 335 II zu laden; § 218 gilt nicht (wie hier München VersR 74, 674, 675; MüKoZPO/Prütting Rz 22; ThoPu/Seiler Rz 10; aA Musielak/Voit/Stadler Rz 8; Zö/Herget Rz 7 unter Berufung auf RGZ 41, 354, 357, wonach Abs 2 nur dann anzuwenden sein soll, wenn ein Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils gestellt und zurückgewiesen wurde, was jedoch die ges Anordnungen zur Ladung der nicht erschienen Partei in §§ 335 II, 337 S 2 und zu ihrer Nichtladung in 336 I 2 in ihr Gegenteil verkehrte).
II. Anträge auf Entscheidungen nach Lage der Akten.
Rn 19
Mit der Novelle von 1924 ist der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Entscheidungen nach Lage der Akten (§ 331a) erstreckt worden, obwohl diese auf anderen Verfahrensgrundlagen – Durchbrechung des Grundsatzes der Mündlichkeit; keine Geständnisfiktion usw (dazu Volkmar, aaO, 348) – beruhen. Das ist bei der Anwendung der Norm zu beachten.
Rn 20
In den Fällen des Abs 1 Nr 1 ist der Prozessantrag auf eine Entscheidung nach Lage der Akten nicht zurückzuweisen, sondern bei behebbaren Mängeln ein Aufklärungs-, Auflagen- und/oder Beweisbeschluss zu erlassen, andernfalls ist die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen (Musielak/Voit/Stadler Rz 7; St/J/Bartels Rz 24).
Rn 21
In den Fällen des Abs 1 Nr 2 und Nr 3 ist – wenn eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt wird – wie beim Versäumnisurteil zu verfahren (MüKoZPO/Prütting Rz 24). Für Abs 1 Nr 3 kommt es darauf an, ob die säumige Partei sich zu dem (neuen) Vorbringen erklärt hat oder wegen Wahrung der in § 132 I bestimmten Frist bis zu dem Termin hätte erklären können, in dem die Entscheidung nach Aktenlage beantragt wird (s § 331a Rz 7). Abs 1 Nr 4 ist – wegen Unanwendbarkeit des § 331a im schriftlichen Vorverfahren – bedeutungslos. In den Fällen des Abs 1 Nr 5 wird ein Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten zurückzuweisen sein.
Rn 22
Der Prozessantrag ist entspr §§ 335 I, 336 II durch Beschl zurückzuweisen, wenn mangels einer früheren mündlichen Verhandlung (§ 251a II 1) oder rechtzeitig mitgeteilter Entschuldigung des Ausbleibens im Termin (§ 251a II 4) eine Entscheidung nach Lage der Akten nicht ergehen darf (MüKoZPO/Prütting § 331a Rz 23).