Rn 8

Standesrechtliche Bestimmungen, die den Rechtsanwalt verpflichteten, ein Versäumnisurteil gegen den anwaltlich vertretenen Gegner nur nach vorheriger Ankündigung zu beantragen, sind unwirksam (BVerfG NJW 93, 121, 122; NJW 00, 347 [BVerfG 14.12.1999 - 1 BvR 1327/98]). Da es solche Regeln nicht mehr gibt, darf kein Rechtsanwalt mehr auf kollegiale Rücksichtnahme vertrauen, dass der Anwalt der Gegenseite nur nach Ablauf einer Wartezeit und nur nach vorheriger Ankündigung ein Versäumnisurteil beantragen wird (BGH NJW 91, 42, 43; Stuttg NJW 94, 1884, 1885 [OLG Stuttgart 13.08.1993 - 2 U 48/93]; zur früheren Rspr BGH NJW 76, 196 [BGH 09.10.1975 - VII ZR 242/73]).

 

Rn 9

Terminsabsprachen eines Anwalts mit dem Anwalt des Gegners, dass dieser auf ihn warten und keinen Antrag auf ein Versäumnisurteil stellen (Karlsr NJW 74, 1096, 1097 [OLG Karlsruhe 19.12.1973 - 1 U 113/73]; LG Mönchengladbach NJW-RR 98, 1287 [LG Mönchengladbach 23.07.1997 - 4 S 104/97]) oder einen Kollegen zur Wahrnehmung des Termins für ihn bitten werde (Karlsr aaO), sind nicht unzulässig. Die Säumnis ist dann nicht verschuldet. Ob der Anwalt, der auf die Zusage seines Kollegen vertraut, deshalb am Erscheinen verhindert ist, mag zwar zweifelhaft sein (abl MüKoZPO/Prütting Rz 16, 17). Die entsprechende Anwendung des § 337 in den Fällen des unverschuldeten Nichterscheinens einer Partei im Termin (vgl Braun ZZP 180, 443, 455 mwN) hat aber ihren Sinn, weil sie der Partei beim zweiten Versäumnisurteil die Anfechtbarkeit wegen fehlender Säumnis erhält (Foerste NJW 93, 1309; wohl auch Wieczorek/Schütze/Büscher Rz 23) und eine Prämierung absprachewidrigen und damit treuwidrigen Prozessierens verhindert.

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