Rn 3
S 1 bestimmt die Statthaftigkeit des Einspruchs. Die Voraussetzungen seiner Zulässigkeit sind in §§ 339, 340 und dessen Rechtsfolge ist in § 342 normiert. Die anderen Vorschriften (§§ 340a bis 341a und §§ 343, 344) regeln das gerichtliche Verfahren und die Entscheidungen vor und nach Prüfung des Einspruchs.
I. Einspruchsführer.
Rn 4
Der Einspruch steht nur der säumig gewesenen Partei, nicht dem Gegner, zu (Naumbg NJW-RR 03, 212 [OLG Naumburg 17.04.2002 - 9 W 8/02]). Der Rechtsbehelf kann auch von einer nicht verklagten, aber im Urt bezeichneten Scheinpartei eingelegt werden (BGHZ 4, 328, 332; NJW-RR 95, 764, 765). Für den Einspruch fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn auch für die Scheinpartei nur eine offenkundig unrichtige und durch Berichtigung nach § 319 I zu behebende Falschbezeichnung der richtigen Partei vorliegt (Kobl NJW-RR 97, 1352 [OLG Koblenz 23.09.1996 - 5 W 429/96]; LG Frankfurt aM NJW-RR 02, 213, 214 [LG Frankfurt am Main 10.08.2001 - 3/11 O 190/00]); das gilt jedoch nicht, wenn das Urt sich gegen sie richtet (Stuttg NJW-RR 09, 1364).
II. Änderung des Ausspruchs im Versäumnisurteil.
Rn 5
IdR begehrt der Einspruchsführer mit der Aufhebung des Versäumnisurteils auch die Beseitigung einer materiellen Beschwer. Das muss jedoch nicht so sein. Da der Einspruch die Säumnisfolgen beseitigt (§ 342), kann er von dem säumig gewesen Kl dazu eingelegt werden, um eine Klageänderung (§ 263) oder einen Parteiwechsel herbeizuführen (Köln NJW-RR 03, 1408 [KG Berlin 05.02.2002 - 5 U 178/01]). Zur Teilanfechtung s § 340 Rn 8.
III. Der Erlass eines Versäumnisurteils.
Rn 6
Der Einspruch setzt wie ein Rechtsmittel den Erlass des Versäumnisurteils voraus. Ein vorher eingelegter Einspruch ist unwirksam (RGZ 110, 169, 170). Das gilt für die nach § 311 verkündeten Versäumnisurteile. Für die Versäumnisurteile im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 III, die nach § 310 III erst mit Zustellung an beide Parteien (s § 331 Rn 36) wirksam werden, ist der Einspruch jedenfalls nach Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung (BGH NJW 94, 3359, 3360 [BGH 05.10.1994 - XII ZB 90/94]; Brandbg NJW-RR 96, 766, 767) statthaft. Nach Zustellung an die unterlegene Partei ist der Einspruch, selbst wenn das Versäumnisurteil nicht verkündet oder an den Gegner zugestellt worden ist, schon zur Beseitigung des Rechtsscheins eines Versäumnisurteils statthaft (Zugehör NJW 92, 2261, 2263; vgl allg BGH NJW 95, 404 [BGH 03.11.1994 - LwZB 5/94]; NZG 17, 394 [BGH 19.01.2017 - VII ZR 112/14]).
IV. Auf Säumnis der Partei beruhendes Urteil.
Rn 7
Nur die auf der Säumnis beruhende Entscheidung ist mit dem Einspruch anfechtbar. Ob ein Versäumnisurteil ergangen ist, bestimmt sich nicht nach der Bezeichnung, sondern nach dem Inhalt der angefochtenen Entscheidung (BGH VersR 74, 99; 76, 251: NJW 94, 665, 99, 583, 584). Ist die Entscheidung eindeutig als Versäumnisurteil ergangen, soll sie auch dann nur mit dem Einspruch anzufechten sein, wenn sie entgegen § 313b I nicht als Versäumnisurteil bezeichnet worden ist (BGH NJW-RR 95, 257 [BGH 11.05.1994 - XII ZB 55/94]; zw aA Hamm NJW-RR 95, 186, 187 [OLG Hamm 18.01.1994 - 19 U 142/93]). Der Meistbegünstigungsgrundsatz ist dagegen einschlägig, wenn ein Verlautbarungsfehler vorliegt, also bspw ein kontradiktorisches Urt vom Gericht als Versäumnisurteil bezeichnet wird (BGH NJW 59, 1780 [BGH 10.06.1959 - IV ZA 24/59]) oder ein als Versäumnisurteil bezeichnetes Urt nach seinem Inhalt ein streitgemäßes Urt ist (BGH NJW 99, 583 [BGH 03.11.1998 - VI ZB 29/98]).
Rn 8
Einspruch ist auch gegen die gesetzeswidrig (insb unter Verletzung der §§ 334, 337) ergangenen Versäumnisurteile einzulegen (BGH NJW 94, 665 [BGH 03.12.1993 - V ZR 275/92]; Zweibr NJW-RR 97, 1087). Diese Versäumnisurteile sind nicht mit Berufung oder Revision anfechtbar; der Meistbegünstigungsgrundsatz ist nicht einschlägig, weil die Entscheidung nicht falsch bezeichnet worden ist.
Rn 9
Die Ausschließlichkeit des Einspruchs gilt auch dann, wenn das Gericht nur tw auf Grund der Säumnis, iÜ aber durch streitmäßiges Urt oder durch Beschl nach §§ 116 I, 142 I FamFG entschieden hat (BGH NJW-RR 86, 1326, 1327; FamRZ 88, 945; NJW-RR 95, 257), wie es für die familienrechtlichen Verbundverfahren in § 143 FamFG bestimmt worden ist. In diesen Fällen liegt die Gefahr nahe, dass die Partei den falschen Rechtsbehelf wählt; dieses Risiko ist durch die nunmehr vorgeschriebene Belehrungspflicht des Gerichts über den Einspruch allerdings minimiert worden.
V. Ausnahmen: Säumnis in der Verhandlung über eine Wiedereinsetzung und zweites Versäumnisurteil.
Rn 10
§ 238 II 2 und § 345 enthalten Ausnahmen von dem Grundsatz, dass eine auf Säumnis beruhende Entscheidung durch den Einspruch angefochten werden kann. In diesen Fällen wird keine Nachsicht ex lege gewährt.
Rn 11
Der säumigen Partei steht gegen die Versagung der Widereinsetzung nur das gegen die Hauptsacheentscheidung zulässige Rechtsmittel zu.
Rn 12
Gegen ein zweites Versäumnisurteil ist der Einspruch nach § 345 ausgeschlossen und nur eine Berufung nach § 514 II zulässig, die darauf gestützt sein muss, dass ein Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe (BGH NJW 82, 888 [BGH 19.11.1981 - III ZR 85/80]; 99, 2120, 2121 [BGH 22.04.1999 - IX ZR 364/98]; NJW 18, 3252 [BGH 05....