I. Verfahrensfehler und Heilung.
Rn 11
Der Verstoß gegen § 355 I ist ein Verfahrensfehler, das derart gewonnene Beweisergebnis nicht verwertbar und die darauf beruhende Entscheidung aufzuheben (BGH NJW 00, 2024, 2025 mwN). Allerdings kann der Verstoß durch rügeloses Einlassen geheilt werden, § 295 I (BGHZ 40, 179, 183 f; BGH NJW 00, 2024, 2025). Es wird weder der gesetzliche Richter verfehlt, da das Prozessgericht weiterhin in der Sache selbst entscheidet (aA Schneider DRiZ 77, 13, 15), noch ist der Unmittelbarkeitsgrundsatz als überragend wichtige Prozessmaxime der Parteidisposition entzogen (s insb § 284 S 2; aA Koukouselis S 30 f). Heilung tritt freilich nicht ein, wenn der Verstoß erst im Urt zutage tritt, indem bspw darin eine nicht protokollierte Stellungnahme des vernehmenden Richters zur Glaubwürdigkeit des von ihm allein vernommenen Zeugen verwertet wird (BGH NJW 00, 2024, 2025 [BGH 15.03.2000 - VIII ZR 31/99]).
II. Rechtsmittel (Abs 2).
Rn 12
Der Beschl, mit dem eine Beweisaufnahme übertragen oder eine beantragte Übertragung abgelehnt wird, ist als prozessleitende Verfügung grds nicht selbstständig anfechtbar (BGH NJW-RR 07, 1375; VersR 10, 1241, 1242 Rz 8). Das gilt auch für den SV, dem der Gutachtenauftrag entzogen wurde (Stuttg BauR 17, 2034 Rz 6). Der Ausschluss der isolierten Anfechtung gilt grds für alle Beweisbeschlüsse, mit denen eine Beweiserhebung, etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens, angeordnet wird (BGH NJW 22, 2622 [BGH 04.05.2022 - VII ZB 46/21] Rz 10 mwN). Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn ein derartiger Beschl faktisch zum Verfahrensstillstand führt (s § 252) oder – insb bei einem Beschl über die Einholung eines Gutachtens zur Prozessfähigkeit einer Partei – deren rechtliches Gehör verletzt wurde (BGH NJW-RR 09, 1223 [BGH 28.05.2009 - I ZB 93/08]; Frankf Beschl v 10.10.17 – 2 WF 247/17, Rz 23 – juris).
Rn 13
Überwiegend wird heute vertreten, dass der Verfahrensfehler durch die Rechtsmittel der Berufung oder Revision angefochten werden kann, sofern er nicht gem § 295 I geheilt wurde (so auch BGH NJW 00, 2024, 2025 [BGH 15.03.2000 - VIII ZR 31/99]; besonders großzügig Musielak/Voit/Stadler § 355 Rz 11; anders noch RGZ 159, 235, 242; offengelassen von BGHZ 40, 179, 183). Gerade weil der Anfechtungsausschluss mit dem Ermessen des Gerichts (Mat II S 306) begründet wurde, ist es nicht gerechtfertigt, ihn auf Fälle zu erstrecken, in dem von diesem Ermessen ein offensichtlicher Fehlgebrauch gemacht wurde, sei es, dass es überhaupt nicht ausgeübt wurde, weil die Übertragung zur Regel gemacht wurde, sei es, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Übertragung der Beweisaufnahme klar verfehlt wurden (MüKoZPO/Heinrich Rz 19; St/J/Berger § 355 Rz 31). Um dem vermeintlichen Anfechtungsausschluss auszuweichen, wird in der Praxis zusätzlich auf § 286 abgestellt (etwa BGH NJW 91, 1306 [BGH 19.12.1990 - 3 StR 90/90]; krit MüKoZPO/Heinrich § 355 Rz 21).