a) Klage gegen mehrere Personen als Streitgenossen.
Rn 5
Die verklagten oder zu verklagenden Personen müssen Streitgenossen iSd §§ 59 ff sein, ohne dass es dabei eine Rolle spielt, ob es sich um eine notwendige (§ 62) oder um eine einfache Streitgenossenschaft handelt (BGH NJW 92, 981, 982; Dresd OLGR 03, 91). Dabei ist seitens des bestimmenden Gerichts trotz der Großzügigkeit, mit der die §§ 59, 60 ausgelegt werden, iRe Schlüssigkeitsprüfung sorgfältig zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer einfachen Streitgenossenschaft vorliegen; verneinendenfalls scheidet eine Zuständigkeitsbestimmung gem § 36 I Nr 3 aus (BGH NJW 92, 981, 982; Bremen MDR 11, 1104 [OLG Bremen 02.08.2011 - 3 AR 6/11]; Bremen MDR 12, 490; ausf: BayObLG Beschl v 16.12.20 – 101 AR 113/20, Rz 14 – juris; Beschl v 28.10.20 – 1 AR 79/20, Rz 13 ff, juris). Die tatsächlichen Voraussetzungen einer Rechtsgemeinschaft, etwa aufgrund Gesamtschuldnerschaft (§ 421 BGB), müssen nachvollziehbar dargestellt werden (BayObLG Beschl v 25.6.20 – 1 AR 62/20, Rz 24 – juris). Darauf, ob die tatsächlichen Behauptungen des Antragstellers zutreffen, kommt es im Bestimmungsverfahren nicht an (BayObLG Beschl v 10.6.20 – 1 AR 39/20, Rz 35 – juris). Es genügt allerdings, dass die Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (BGH Beschl v 23.5.90 – I ARZ 186/90, NJW-RR 1991, 381; BGH Beschl v 3.5.11 – X ARZ 101/11, NJW-RR 11, 1137, Rz 18). § 60 ZPO verlangt nicht, dass die anspruchsrelevanten Sachverhalte deckungsgleich sind, sodass die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Verkäufer wegen Sachmangel seines Fahrzeugs und gegen den Hersteller aus unerlaubter Handlung für die Streitgenossenschaft ausreichen (BGH Beschl v 20.10.20 – X ARZ 124/20, Rz 12, 14 – juris = ZIP 21, 209; Beschl v 6.6.18 – X ARZ 303/18, Rz 13 – juris; BayObLG Beschl v 9.4.19 – 1 AR 31/19, Rz 15 – juris; Hamm Beschl v 14.6.18 – I-32 SA 14/18, juris; zum selbständigen Beweisverfahren wegen unterschiedlicher Mängel BayObLG Beschl v 6.4.23 – 102 AR 152/22, Rz 9 f – juris). § 36 I Nr 3 ermöglicht nur eine Zuständigkeitsbestimmung bzgl Streitgenossen auf Beklagtenseite und ist bei Streitgenossen auf Klägerseite (aktive Streitgenossenschaft) nicht analog anwendbar, da es angesichts der vom Gesetzgeber bewusst ausgestalteten Vorschrift an einer Regelungslücke fehlt (BayObLG Beschl v 30.4.19 – 1 AR 30/19, Rz 25 – juris; München Beschl v 25.4.18 – 34 AR 62/18, Rz 4 – juris; BayObLG NJW-RR 06, 210, 212 [BayObLG 20.07.2005 - 1Z AR 118/05]). Werden gegen einen einzigen Bekl mehrere Ansprüche geltend gemacht, für die keine einheitliche (örtliche, sachliche oder funktionelle) Zuständigkeit begründet ist, scheidet eine Gerichtsstandsbestimmung mithin aus (BayObLG Beschl v 30.4.19 – 1 AR 30/19, Rz 25 – juris). Richtet sich ausnahmsweise die – ausschließliche – örtliche Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Kl und fehlt es deshalb für einen in aktiver Streitgenossenschaft zu führenden Rechtsstreit gegen den Bekl an einem gemeinsam zuständigen Gericht, weil dieser nicht an seinem allgemeinen Gerichtsstand in Anspruch genommen werden kann, scheidet eine analoge Anwendung von § 36 I Nr 3 gleichfalls aus. Stattdessen wird § 35 analog angewandt (BayObLG Beschl v 30.4.19 – 1 AR 30/19, Rz 26 – juris; BGH Beschl v 11.7.91 – I ARZ 447/91, Rz 5– juris; BeckOKZPO/Toussaint § 36 Rz 12.2; Musielak/Voit/Heinrich § 36 Rz 17). Wird nach einer gegen mehrere Bekl gemeinsam erhobenen Klage ein Abtrennungsantrag gestellt, der – insoweit widersprüchlich – mit der Ankündigung eines Zuständigkeitsbestimmungsgesuchs verbunden wird, wird klägerseitig hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass weiterhin eine Inanspruchnahme der Bekl als Streitgenossen gewollt ist (Hamm Beschl v 12.8.14 – 32 SA 48/14 – juris).
b) Bestehen eines allgemeinen Gerichtsstandes bei verschiedenen Gerichten und Fehlen eines gemeinsamen besonderen Gerichtsstandes.
Rn 6
§ 36 I Nr 3 erfordert, dass die verklagten oder zu verklagenden Streitgenossen voneinander verschiedene allgemeine Gerichtsstände (§§ 12–19a) haben und dass für den Streitgegenstand kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand eingreift. Maßgeblich ist der Vortrag des Kl; eine Prüfung der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage findet im Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung nicht statt (Frankf Beschl v 3.7.17 – 13 SV 6/17, Rz 13 – juris; Frank Beschl v 10.8.17 – 11 SV 36/17 –, juris; LAG Berlin-Brandenburg Beschl v 12.6.18 – 7 SHa 533/18, Rz 9 – juris). Eine Amtsermittlung findet im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ebenso nicht statt (Hamm Beschl v 16.12.19 – I-32 SA 68/19, Rz 12 – juris; Zö/Schultzky § 36 Rz 28). Eine Bestimmung nach § 36 I Nr 3 scheidet hingegen grds aus, wenn ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand durch bindende Zuständigkeitswahl (§ 35) eines anderen Gerichts verloren gegangen ist (BayObLG Beschl v 1.9.23 – 102 AR 130/23 e, Rz 23 –juris; BayObLG Beschl v 24.9.19 – 1 AR 83/19, Rz 15 – juris mwN; Brandbg Beschl v 26.1.23 – 1 AR 28/22 (SA Z), Rz 6 – juris; Hamm Beschl v 10.8.15 – 32 SA 10/15, Rz 5 – NJW-RR 16, 639; s.a. Rn 7), nach einer Ansicht soll dies selbst dann der Fall sein, wen...