Rn 7
§ 36 I Nr 3 ZPO geht seinem Wortlaut nach davon aus, dass der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts vor Erhebung der Klage gestellt worden ist. Die Vorschrift kann aber auch nach Rechtshängigkeit anwendbar sein, etwa wenn eine Klage gegen weitere Bekl erweitert wird und der Verfahrensstand einer Bestimmung nicht entgegensteht (stRspr, z.B. BGH Beschl v 14.7.20 – X ARZ 156/20, NJW-RR 20, 1070, Rz 10; BGH Beschl v 17.10.79 – IV ARZ 42/79, NJW 1980, 188, 189; BGH Beschl v 23.2.11 – ARZ X 388/10, Rz 6 f – juris; BayObLG Beschluss v 28.10.20 – 1 AR 78/20, Rz 26 – juris; Hamm Beschl v 7.6.17 – 32 SA 25/17, Rz 12 – juris; Hamm Beschl v 5.10.16 – 32 SA 59/16, Rz 9 – juris; Zö/Schultzky § 36 Rz 26), auch dann noch, wenn gegen alle Bekl bereits eine Klage erhoben worden ist (BGH Beschl v 20.10.20 – X ARZ 124/20, Rz 10 – juris = ZIP 21, 209; Beschl v 27.11.18 – X ARZ 321/18, Rz 10 – juris; BayObLG Beschl v 22.2.23 – 102 AR 73/22, Rz 34 – juris; BayObLG Beschl v 12.9.22 – 101 AR 105/22, Rz 17 – juris; BayObLG Beschl v 9.4.19 – 1 AR 31/19, Rz 13 – juris). Auch wenn zwar keiner der Antragsgegner die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend macht, aber die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbegründung gem § 39 nicht vorliegen, kommt eine Bestimmung in Betracht (BayObLG Beschl v 12.6.19 – 1 AR 62/19, Rz 8 – juris). Daher hindert die Rechtshängigkeit und die mit ihr einhergehende etwaige Zuständigkeitsrüge des/der Bekl ein Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach § 36 I Nr 3 grds nicht. Die Bestimmung eines für mehrere Bekl zuständigen Gerichts kommt aber jedenfalls dann nicht mehr in Frage, wenn ein Rechtsstreit bereits so weit fortgeschritten ist, dass sich das bestimmende Gericht vernünftigerweise – namentlich aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit – praktisch nur noch für das bereits mit der Sache befasste Gericht entscheiden und deshalb mangels echter Wahlmöglichkeit von einer Bestimmung des zuständigen Gerichts an sich keine Rede mehr sein kann (BGH Beschl v 27.11.18 – X ARZ 321/18, Rz 14, NJW-RR 19, 238; BGH NJW 78, 321; BayObLG Beschl v 22.2.23 – 102 AR 73/22, Rz 35 – juris; BayObLG Beschl v 4.5.20 – 1 AR 26/20, NJW-RR 20, 1263, Rz 22 – juris). Dies ist mit der Folge der Unzulässigkeit des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens zu bejahen, wenn in dem anhängigen Prozess bereits eine Beweisaufnahme zur Hauptsache durchgeführt worden ist (BGH NJW 78, 321), zB bereits ein Gutachten eingeholt wurde (Hamm Beschl v 11.12.17 – I-32 SA 64/17, Rz 11 – juris), noch fortdauert (Bremen Beschl v 9.8.10 – 3 AR 8/10, Rz 5 – juris: Sachverständiger, der schon Ortstermine durchgeführt hat, bereits bestellt) oder unmittelbar bevorsteht (Schlesw OLGR 07, 959), wenn gegen einen oder mehrere Bekl bereits ein erstinstanzliches Sachurteil ergangen ist (BGH NJW 78, 321) oder gar bereits rechtskräftige Versäumnisurteile vorliegen (BGH Beschl v 27.11.18 – X ARZ 321/18, Rz 13 ff – juris; Kobl OLGR 05, 958, 959). Auch im selbstständigen Beweisverfahren scheidet eine Zuständigkeitsbestimmung gem § 36 I Nr 3 aus, wenn eine Beweisaufnahme bereits erfolgt ist oder unmittelbar bevorsteht (Hamm Beschl v 8.1.18 – I-32 SA 63/17, Rz 9 – juris; Hamm MDR 13, 116).
Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts für eine Klage gegen mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, ist jedoch im Grundsatz nicht mehr möglich, wenn der Antragsteller die Bekl bereits vor verschiedenen Gerichten verklagt hat (BGH Beschl v 23.2.11 – ARZ X 388/10, Rz 7 – juris; Hamm Beschl v 7.6.17 – 32 SA 25/17, Rz 13 – juris). Dann hat er sich der Möglichkeit eines gemeinsamen Verfahrens endgültig begeben und stattdessen für eine Vorgehensweise in getrennten Prozessen entschieden; eine Verbindung solcher Verfahren auf der Grundlage des § 36 I Nr 3 scheidet aus (BGH Beschl v 23.2.11 – ARZ X 388/10, Rz 8 – juris; Deubner JuS 11, 801 f). Bei einer Erweiterung der Klage auf zusätzliche Bekl kann eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs 1 Nr 3 grds nicht erfolgen, wenn der Kl von einer bei Klageerhebung bestehenden Möglichkeit zur Wahl eines für alle späteren Bekl zuständigen Gerichts keinen Gebrauch gemacht hat (BGH Beschl v 14.7.20 – X ARZ 156/20, NJW-RR 20, 1070, s aber Rn 6 für den Fall der Unkenntnis). § 36 I Nr 3 bildet keine ausreichende Grundlage, über den Anwendungsbereich von § 147 hinaus zwei anhängige Verfahren auch dann miteinander zu verbinden, wenn diese bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind (BGH Beschl v 23.2.11 – ARZ X 388/10, Rz 8 – juris; Bambg Beschl v 1.2.18 – 8 SA 31/17, Rz 14 – juris). Sind allerdings bereits mehrere Bekl vor einem Gericht verklagt und machen einzelne davon die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend, kommt die Bestimmung des gemeinsamen Gerichtsstands in Betracht (BGH Beschl v 23.2.11 – ARZ X 388/10, Rz 7 – juris). Eine gegenüber einem Streitgenossen getroffene bindende Wahl des Gerichtsstands nach § 35 verbraucht das Antragsrecht gem § 36 I Nr 3 grds nicht, sofern nicht vor Kla...