1. Anwendbarkeit.
Rn 4
§ 36 I Nr 3 ist auf sämtliche Verfahrensarten der ZPO (wie etwa das selbstständige Beweisverfahren, BayObLG Beschl v 10.6.20 – 1 AR 45/20, Rz 21 – juris; NJW-RR 99, 1010; bei Forderungspfändung, Hamm Beschl v 14.7.16 – I-32 SA 45/16, Rz 2 – juris) anwendbar, also auch im Prozesskostenhilfeverfahren (Hamm Beschl v 4.7.17 – 32 SA 37/17, Rz 9 juris) und seit dem 1.7.07 auch auf Wohnungseigentumssachen (München NZM 08, 528, 529 [OLG München 20.02.2008 - 31 AR 18/08]). In direkter Anwendung erfasst § 36 I Nr 3 nur die Zuständigkeitsbestimmung hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit. § 36 I Nr 3 lässt aber in analoger Anwendung auch eine Zuständigkeitsbestimmung bzgl der sachlichen Zuständigkeit (BGH NJW 84, 1624; Hamm Beschl v 4.7.17 – 32 SA 37/17, Rz 10 –, juris) zu, wie etwa für den Fall, dass für die Klage gegen einen Streitgenossen das Amtsgericht und gegen den anderen das LG streitwertbedingt sachlich zuständig ist. Auch bei Verbindung einer WEG-Sache mit einem sonstigen str ZPO-Verfahren findet § 36 I Nr 3 Anwendung; die ausschließliche sachliche Zuständigkeit des AG als WEG-Gericht hindert die Bestimmung nicht (Celle Beschl v 7.1.21 – 18 AR 33/20, Rz 3 – juris mwN).
Des Weiteren kommt auch eine analoge Anwendung des § 36 I Nr 3 auf den Fall der Bestimmung der funktionellen Zuständigkeit in Betracht, wobei für die jeweilige Fallkonstellation zu prüfen ist, ob eine Verfahrensverbindung im Hinblick auf die spezifische Eigenart der jeweiligen Zuständigkeitszuweisung und die damit verfolgten Zwecke zulässig ist. Demnach kommt eine Zuständigkeitsbestimmung hinsichtlich der funktionellen Zuständigkeit analog § 36 I Nr 3 etwa in Betracht, wenn die allgemeine Zivilkammer einerseits und die Kammer für Handelssachen andererseits BayObLG Beschl v 25.7.22 – 101 AR 36/22, Rz 36 – juris; Nürnbg Beschl v 7.1.19 – 1 AR 2663/18, Rz 6 – juris; BayObLG NJW-RR 99, 1010, 1011 [BayObLG 20.10.1998 - 1Z AR 75/98]; München MDR 12, 1153 [OLG München 25.07.2012 - 34 AR 196/12]; Stuttg Beschl v 2.6.16 – 3 AR 5/16 – juris) zuständig wäre, nicht aber, wenn die jeweils zuständigen Gerichte bzw Spruchkörper verschiedene Verfahrensordnungen anzuwenden haben (München NZM 08, 528, 529 [OLG München 20.02.2008 - 31 AR 18/08]). § 36 I Nr 3 ist auch im Anwendungsbereich des FamFG, dessen Zuständigkeitsbestimmungsnorm (§ 5 FamFG) eine § 36 I Nr 3 entsprechende Vorschrift nicht kennt, kraft ausdrücklicher Verweisung (§ 113 I FamFG, § 36 ZPO) auf Ehesachen und Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) anwendbar. Daher dürfte es für die Familienstreitsachen (§ 112 FamFG) nach diesseitiger Auffassung bei der Rspr aus der Zeit vor Inkrafttreten des FamFG verbleiben, dass eine Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 36 I Nr 3 in Betracht kommt, wenn die Zivilabteilung des Amtsgerichts einerseits und das Familiengericht andererseits zuständig wäre (BGH NJW 98, 685, 686).
Eine Zuständigkeitsbestimmung hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit kommt naturgemäß mangels Bestimmungskompetenz deutscher Gerichte über die Rechtsordnung anderer Staaten nicht in Betracht, wohl aber setzt eine Bestimmung nach § 36 I Nr 3 bei Sachverhalten mit Auslandsberührung stets voraus, dass für alle Streitgenossen eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte besteht, § 36 I Nr 3 ist auch anzuwenden, wenn für einen im Ausland ansässigen Bekl im Inland nur ein besonderer Gerichtsstand begründet ist (BGH Beschl v 20.10.20 – X ARZ 124/20, Rz 15 – juris = ZIP 21, 209; NJW 80, 2646; KG VersR 2007, 154; BayObLG NJW-RR 06, 210, 212). Ob hinsichtlich sämtlicher Streitgenossen der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist, wird im Bestimmungsverfahren gem § 36 I Nr 3 nicht geprüft, es sei denn der Zivilrechtsweg ist hinsichtlich eines Streitgenossen offensichtlich nicht eröffnet, so dass feststeht, dass das Hauptverfahren nicht durchgeführt werden kann (Köln OLGR 01, 429). Im Übrigen prüft das bestimmende Gericht nur, ob vom Antragsteller die internationale Zuständigkeit schlüssig vorgetragen ist (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl v 12.6.18 – 7 SHa 533/18, Rz 9 – juris, Rz 9 –; BayObLG Beschl v 18.7.19 – 1 AR 52/19, Rz 19 – juris; BayObLG Beschl v 20.2.03 – 1Z AR 160/02, RIW 2003 387).
Eine Zuständigkeitsbestimmung hinsichtlich des Rechtswegs analog § 36 I Nr 3 kommt nicht in Betracht (BGH NJW 94, 2032). § 36 I Nr 3 ist mit dem Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 GG) vereinbar, da aus diesem Gebot nicht folgt, dass der Gesetzgeber den gesetzlichen Richter stets endgültig bestimmen muss. Auch der mit § 36 I Nr 3 verbundene begrenzte Spielraum bei der Richterbestimmung im Einzelfall ist mit Art 101 GG vereinbar, da der Gesetzgeber die Entscheidung in die Hand unabhängiger Richter gelegt hat (BVerfG NJW 09, 907 [BVerfG 12.11.2008 - 1 BvR 2788/08]). Schließlich scheidet mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke (vgl § 260) eine analoge Anwendung des § 36 I Nr 3 auf den Fall aus, dass gegen einen Bekl mehrere Streitgegenstände, für die kein gemeinsamer Gerichtsstand ...