Rn 23
Da das Prozessgericht im Ausland keine Pflichten für Dritte begründen kann, kann es einen im Ausland weilenden Zeugen nicht unter Androhung der Folgen der §§ 380, 390 zum Erscheinen vor dem Gericht oder zur schriftlichen Aussage veranlassen. Das muss wegen der Gebietshoheit des fremden Staates auch für deutsche Staatsangehörige gelten, die sich im Ausland aufhalten (Leipold S 63 f mit Fn 122; St/J/Berger Rz 11; aA Zö/Geimer Rz 14; Schack Rz 715 f). Umstritten ist, inwieweit Zeugen ohne Zwangsandrohung vom Prozessgericht formlos geladen oder zur schriftlichen Beantwortung von Beweisfragen gebeten werden können. Während dies tw für zulässig gehalten wird, soweit sich für den Zeugen daraus keine nachteiligen Rechtsfolgen ergeben können (Art 1 EuBVO Rn 4; MüKoZPO/Heinrich Rz 3; Zö/Geimer Rz 14; Musielak FS Geimer, 761, 769 f; Geimer Rz 2384, 2388 f), sehen andere richtigerweise darin eine Erstreckung der hoheitlichen Gerichtstätigkeit auf ausländisches Territorium, die nur mit Zustimmung des fremden Staates zulässig ist (BGH NJW 84, 2039; Musielak/Voit/Stadler Rz 12; St/J/Berger Rz 11). Dies ist auch die Haltung der Bundesregierung, die nach §§ 64f, 64g ZRHO immer von der Möglichkeit eines Eingriffs in die fremden Hoheitsrechte ausgeht. Für die Qualifizierung als hoheitlicher Akt, der seine Wirkung auf dem Gebiet des ausländischen Staates entfalten soll, kommt es nicht darauf an, ob damit Zwangswirkungen verbunden sind. Dies belegt etwa die einhellige Auffassung, dass eine Augenscheinseinnahme durch das Prozessgericht im Ausland nur mit Einwilligung des fremden Staates zulässig ist – unabhängig davon, ob das Gericht dabei Zwangsmaßnahmen verhängen muss oder nicht (s.u. Rn 26). Entsprechendes muss für die nunmehr nach § 128a, Art 20 EuBVO zulässige Vernehmung per audio-visueller Übertragung gelten (aA St/J/Berger Rz 14; Geimer Rz 2385a). Von einer Einwilligung ist aber auszugehen, wenn die Ladung oder die schriftliche Befragung im Wege der Rechtshilfe zugestellt wird, weil es dem ersuchten Staat dann offen steht, ob er die gerichtliche Tätigkeit fördert oder ablehnt (St/J/Berger Rz 11 f; zw Leipold S 62).
Rn 24
Möglich bleibt die Verwertung eines von der beweisführenden Partei veranlassten oder erstellten Vernehmungsprotokolls im Wege des Urkundenbeweises, das jedoch eine im Rechtshilfeverfahren mögliche Zeugenvernehmung nicht ersetzen darf (St/J/Berger Rz 11; Musielak/Voit/Stadler Rz 10; für unzulässige Umgehung dagegen Leipold S 66 f).