Rn 1
Zusammen mit § 364 regelt die Vorschrift die Möglichkeiten einer Beweisaufnahme im Ausland. Während es § 364 gestattet, die Beibringung des im Ausland zu erhebenden Beweises weitgehend den Parteien zu überantworten, sieht § 363 mehrere Wege vor, die das Gericht einschlagen kann, um einen Beweis im Ausland erheben zu lassen. Durch die Neufassung der Vorschrift mWz 1.7.22 wurde nicht nur eine Anpassung an die Neufassungen der EuZVO und EuBVO vorgenommen, sondern auch das Rangverhältnis der Möglichkeiten umgestellt, die für eine Beweisaufnahme im Ausland zur Verfügung stehen (BTDrs 20/1110, 1 f, 26 f). Entspr der gerichtlichen Praxis findet sich nunmehr der Verweis auf die EuBVO und ihre Ausführungsvorschriften §§ 1072 f in Abs 1. Sie betreffen die Beweisaufnahme in den Mitgliedstaaten der EU (mit Ausnahme von Dänemark). Abs 2 betrifft die Beweisaufnahme nach völkerrechtlichen Verträgen, namentlich dem HBÜ und dem HÜZ, sowie bilateralen Verträgen mit einzelnen Staaten. Abs 3 behandelt die Möglichkeit einer Beweisaufnahme, soweit keine völkerrechtlichen Vereinbarungen bestehen. Dabei wird der bislang geregelte Vorrang der Beweisaufnahme durch einen Konsularbeamten aufgegeben und in einen Nachrang verwandelt. Dieser Weg soll nur noch gewählt werden, wenn die Beweisaufnahme durch die Behörden des ausländischen Staates nicht oder nicht innerhalb einer angemessenen Zeit zu erwarten ist oder ein sonstiger begründeter Ausnahmefall vorliegt (Abs 2 S 2, Abs 3 S 2). Für die Abwicklung des Rechtshilfeverfahrens ist die ZRHO, von Bund und Ländern erlassene Verwaltungsvorschriften zu beachten (vgl BGHZ 87, 385, 389).
Rn 2
Gleichzeitig durchbricht die Vorschrift die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, weil die Beweiserhebung danach ausländischen Behörden oder dem Konsul zu übertragen ist und das Prozessgericht sie nicht selbst durchführt. Da eine Beweiserhebung durch das Prozessgericht im Ausland jedoch wegen ihres hoheitlichen Charakters grds in die Souveränität des fremden Staates eingreift, ist diese Durchbrechung erforderlich, soweit dieser Staat hierin nicht eingewilligt hat (allgM, etwa Zö/Geimer Rz 1a; Leipold S 39 ff). Gestatten völkerrechtliche Vereinbarungen eine beweiserhebende Tätigkeit des Gerichts selbst (zB Art 17 HBÜ; 19 EuBVO), steht § 363 nicht entgegen. Das Gericht wird durch § 363 auch nicht daran gehindert, Beweismittel aus dem Ausland ins Inland zu holen. Die Grenze wird insoweit durch den Souveränitätsanspruch des fremdem Staates gezogen. Soweit diese Versuche Erfolg versprechen, sollten sie im Interesse der Beweisunmittelbarkeit und der Parteiöffentlichkeit auch unternommen werden (s.a. Zö/Geimer Rz 5 ff; St/J/Berger Rz 2; Stuttg Urt v 24.3.10 – 3 U 214/09, Rz 21 – juris; aA jedoch noch BGH MDR 80, 931 f). Weder die EuBVO noch das HBÜ (str) schließen diesen Weg zugunsten einer zwingenden Beweiserhebung im Ausland aus (EuGH EuZW 12, 831; 13, 313; BeckOKZPO/Bach Rz 7 f).
Rn 3
§ 363 betrifft nicht die Beweisaufnahme, die deutsche Gerichte auf das Ersuchen ausländischer Gerichte zu leisten haben. Für Ersuchen aus Mitgliedsstaaten der EU (mit Ausnahme Dänemarks) gelten nunmehr die EuBVO und §§ 1074 f – neben den fortgeltenden bilateralen Abkommen (Zö/Geimer Rz 59 ff). Für Ersuchen aus anderen Staaten sind die EuBVO und die einschlägigen multi- und bilateralen Rechtshilfeabkommen mit ihren innerstaatlichen Ausführungsgesetzen sowie die Vorschriften der ZRHO maßgebend, namentlich etwa §§ 8 ff des Ausführungsgesetzes zum HBÜ v. 22.12.77 (BGBl I 3105) und §§ 1 f des Ausführungsgesetzes zum HÜZ v 18.12.58 (BGBl I 939).