I. Abgrenzung von Beweisaufnahme und mündlicher Verhandlung.
Rn 2
Nach Abs 1 ist grds jeder Beweistermin vor dem Prozessgericht auch zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmt. Es bedarf dazu keiner ausdrücklichen Anordnung des Gerichts. Wird sie gleichwohl getroffen, schadet sie aufgrund ihres nur deklaratorischen Charakters nicht. Dies gilt auch, wenn der Beweistermin außerhalb des Gerichtsgebäudes stattfindet (§ 219 I), insb also ein Augenschein am Ort des Augenscheinobjektes einzunehmen ist. Die Vorschrift verbietet allerdings nicht, dass das Gericht einen Termin allein zur Beweisaufnahme bestimmt. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass es sich vorbehält, einen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung nach Abschluss der Beweisaufnahme zu bestimmen (St/J/Berger Rz 1). Davon sollte jedoch nur im Ausnahmefall Gebrauch gemacht werden, etwa wenn es sich um eine umfangreiche oder/und komplexe Beweisaufnahme handelt und die Parteien und ihre Vertreter erwartungsgemäß nicht sofort abschließend dazu Stellung nehmen können, sondern der Rücksprache bedürfen.
Rn 3
Stellt sich während oder nach der Beweiserhebung heraus, dass die Parteien nicht abschließend zu dem Beweisergebnis Stellung nehmen können, ist auf ihren Antrag zu vertagen bzw Schriftsatzfrist einzuräumen, weil ihnen sonst nicht in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt wird (BGH WM 77, 948 f). Dies kann etwa der Fall sein, wenn während der Beweisaufnahme neue, bislang nicht berücksichtigte und nicht erwartete Umstände zu Tage getreten sind, der Inhalt einer fremdsprachigen Urkunde wegen mangelhafter Übersetzung von der dieser Fremdsprache nicht mächtigen Partei nicht sicher nachvollzogen werden kann (BGH WM 77, 948 f) und deshalb Rücksprache oder weitere Ermittlungen erforderlich erscheinen. Gleiches dürfte gelten, wenn die Ausführungen eines SV von der selbst nicht fachkundigen Partei nicht nachgeprüft werden können und sie sich deshalb sachkundiger Unterstützung bedienen muss (vgl BGHZ 164, 330, 335; 159, 245, 253). Ansonsten können Vertagungsanträge der Parteien nur iRd § 227 Erfolg haben.
Rn 4
Die mündliche Verhandlung beginnt nicht, ehe die Beweisaufnahme erledigt ist, dh alle im Beweisbeschluss vorgesehenen Beweiserhebungen abgeschlossen oder ganz oder tw tatsächlich oder aus Rechtsgründen nicht mehr durchführbar sind; sei es weil eine Partei, von deren Mitwirkung die Beweiserhebung abhängt, nicht erschienen ist, der Auslagenvorschuss nicht einging oder das Beweismittel nicht mehr vorhanden oder erreichbar ist. Das Gericht kann auch den Beweisbeschluss aufheben (§ 360 Rn 3) oder die beweisführende Partei auf das Beweismittel verzichten. Ist die Beweiserhebung aber nur für diesen Termin verhindert, weil etwa der geladene Zeuge oder SV nicht erscheint, ist neuer Beweistermin vAw zu bestimmen (§ 368). Erst an diesen neuen Termin kann sich dann die mündliche Verhandlung anschließen (MüKoZPO/Heinrich Rz 3).
II. Versäumnisurteil.
Rn 5
Erst ab Beginn der mündlichen Verhandlung kann Versäumnisurteil ergehen. Tritt die Partei während der Beweisaufnahme nicht auf, ist diese gleichwohl durchzuführen, soweit dies ohne deren Mitwirkung möglich ist (§ 367). Erst wenn die Partei auch nach deren Abschluss noch nicht erschienen ist, kann Versäumnisurteil beantragt und erlassen werden (vgl BGH NJW 02, 301, 302 [BGH 25.10.2001 - III ZR 43/01]; Frankf OLGR 92, 226, 227; anders, wenn es sich um einen Haupttermin iSd § 279 II handelt, bei dem schon vor Beginn der Beweisaufnahme zur Sache verhandelt wurde, BGHZ 63, 94, 95). Ist der erschienene Kl auch Beweisführer kann er die Beweiserhebung durch seinen Verzicht auf das Beweismittel abkürzen und in der sodann beginnenden mündlichen Verhandlung Versäumnisurteil beantragen. Dabei ist aufgrund der Geständnisfiktion des § 331 auch ohne Beweiserhebung von seinem Sachvortrag auszugehen (§ 331 Rn 11 ff). Erst recht kann der Bekl auf diese Weise ein klagabweisendes Versäumnisurteil gegen den säumigen Kl erreichen, da dieses ohne Sachprüfung ergeht (BGHZ 35, 338, 341; § 330 Rn 15). Wird das Verfahren auf Einspruch der Gegenpartei fortgesetzt, wird der erklärte Verzicht auf das Beweismittel hinfällig. Es darf nicht nach § 296 zurückgewiesen werden. Dies ergibt sich zum einen aus § 342. Danach wird das Verfahren in das Stadium vor Eintritt der Säumnis, also vor dem Nichtauftreten der säumigen Partei (BGH NJW 93, 861, 862 [BGH 15.12.1992 - VI ZR 85/92]; aA § 342 Rn 7) zurückversetzt. Selbst wenn man dem nicht folgte, hat die erschienene Partei aber mit ihrem Verzicht nicht gegen ihre Prozessförderungspflicht verstoßen, sondern angemessen auf die durch die Säumnis der anderen Partei entstandene Verfahrenslage reagiert (St/J/Berger Rz 5).
Rn 6
Wurde dagegen Beweis erhoben, stellt sich die Frage, inwieweit das Beweisergebnis bei der Entscheidung über das Versäumnisurteil zu verwerten ist. Grds ist eine Verwertung des Beweisergebnisses hierbei nicht zulässig. Bei Säumnis des Kl findet keine Sachprüfung statt (s.o. Rn 5). Bei Säumnis des Bekl greift die Geständnisfiktion des § 331 II ein. Die...