I. § 385 I Nr 1.
1. ›Zugezogen‹.
Rn 2
›Zugezogen‹ iSd Vorschrift ist der Zeuge dann, wenn ihm bewusst war oder wenn er zum fraglichen Zeitpunkt zumindest den Umständen nach damit rechnen musste, dass er künftig als Zeuge bzgl des streitigen Rechtsgeschäfts würde dienen müssen (BayObLGZ 84, 141, 145 zu § 25 BeurkG). § 385 ist eine Ausnahmevorschrift; die soeben genannten Voraussetzungen hat daher die Partei zu beweisen, die sich auf die Zeugnispflicht des Zeugen beruft (Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 2).
2. Gescheitertes Rechtsgeschäft.
Rn 3
Sachdienlich ist es, die Ausnahme des § 385 I Nr 1 auch auf die Fälle zu erstrecken, in denen das Rechtsgeschäft gerade nicht zustandegekommen ist, so dass der Zeuge auch über die – im Ergebnis gescheiterten – Vorverhandlungen aussagen muss, insb aber über die Tatsache, dass das – zB von einer Partei behauptete – Rechtsgeschäft eben nicht errichtet wurde (Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 2); wenn schon der Zeuge über den Erfolg der Errichtung aussagen müsste, ist es vom Zweck der Norm her nicht verständlich, warum er nicht ebenso über deren Scheitern aussagen können soll.
II. § 385 I Nr 2.
Rn 4
Über den Familienstand muss der Zeuge aussagen, aber auch nur über diesen, nicht dagegen über dessen jeweilige Vorgeschichte (also über Geburten, nicht aber über die Zeugung; über Todesfälle, nicht aber über deren Ursache; vgl LSG Hessen NJW 89, 2710, 2711, und Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 3; Zö/Greger § 385 Rz 3). Bloße Hausgenossen, die nicht mit dem Zeugen verwandt oder zumindest verschwägert sind, sind nicht ›Familienmitglieder‹ iSd Vorschrift (Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 3).
III. § 385 I Nr 3.
Rn 5
Zu den ›Vermögensangelegenheiten‹ gehören zB Eheverträge und Vereinbarungen hinsichtlich des ehelichen Güterrechts, das Erbrecht des Ehegatten und der Eltern und Kinder, sowie die mit Unterhalts- oder Sozialhilfeansprüchen in Zusammenhang stehenden Tatsachen wie etwa das Einkommen (LSG NRW NZS 15, 199, Rz 16). Voraussetzung ist freilich stets, dass der Zeuge selbst dem fraglichen Familienverband angehört (Zö/Greger § 385 Rz 4; anderenfalls wird ein Fall des § 383 oder § 384 ohnehin kaum vorliegen). Nicht erforderlich ist, dass der Rechtsstreit im Familienverband geführt wird; die Vorschrift gilt daher auch zu Lasten des geschiedenen Ehemanns im Rechtsstreit der Ehefrau gegen den Rechtsanwalt, dem sie Pflichtverletzungen im Unterhaltsstreit vorwirft (München FamRZ 14, 328, Rz 7).
IV. § 385 I Nr 4.
Rn 6
Die Ausnahmevorschrift ist eng auszulegen (BGH NJW 19, 517, Rz 18). Wer als Rechtsvorgänger einer Partei (wobei es gleichgültig ist, ob sie ihm im Wege der Einzel- oder der Gesamtrechtsnachfolge nachgefolgt ist, Zö/Greger § 385 Rz 5) oder – zB auch als Bote (Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 5), nicht dagegen nur als vollmachtloser Vertreter (BGH NJW 19, 517, Rz 13) – als ihr (früherer oder jetziger) gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter gehandelt hat, muss zu diesen eigenen Handlungen aussagen, nicht dagegen zu bloßen Wahrnehmungen, die er anlässlich dieser Handlungen gemacht hat (so der klare Wortlaut der Vorschrift; wie hier Musielak/Voit/Huber § 385 Rz 5; Zö/Greger § 385 Rz 5). Der Insolvenzschuldner ist nicht Rechtsvorgänger des Insolvenzverwalters (BGH NJW 19, 517, Rz 16). Dass der Ausnahmetatbestand des § 385 vorliege, muss der Beweisführer vor der Vernehmung des Zeugen nur schlüssig vortragen; macht der Zeuge aber geltend, nicht Rechtsvorgänger oder Vertreter gewesen zu sein, und liegen keine weiteren Belege vor, so steht dem Zeugen das Zeugnisverweigerungsrecht zu (BGH NJW 19, 517 [BGH 20.11.2018 - II ZB 22/17], Rz 111).