I. Ausnahmen.

 

Rn 2

Die Beeidigung hat zu unterbleiben in den in § 393 geregelten Fällen. Desweiteren ist die Beeidigung unstatthaft, wenn beide Parteien hierauf verzichten (§ 391 aE). Diese Ausnahme gilt freilich nicht in denjenigen Verfahren, in denen der Untersuchungsgrundsatz herrscht, in denen es also auf das prozessuale Verhalten der Parteien grds nicht ankommt (Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 2), zB in Ehesachen (§§ 26, 113 IV Nr 8, 121 FamFG). Der Verzicht auf die Beeidigung ist zwar – da Prozesshandlung – unwiderruflich; ein anschließend gleichwohl gestellter Beeidigungsantrag ermächtigt aber das Gericht zur Beeidigung (Zö/Greger § 391 Rz 4). Er gilt aber nur für die jeweilige Instanz, so dass die Partei, die in 1. Instanz auf die Beeidigung verzichtet hat, in der Berufungsinstanz – etwa bei gerade wegen der Aussage des Zeugen ungünstiger erstinstanzlicher Entscheidung – auf der Beeidigung bestehen kann. Entgegen Musielak/Voit/Huber (§ 391 Rz 2) folgt hieraus nicht die freie Widerruflichkeit in jeder Instanz; weshalb eine Partei nicht zumindest für die Instanz an die einmal erklärte Auffassung gebunden sein soll, zumal der Verzicht aus freien Stücken erfolgt, ist nicht ersichtlich. Der Zeuge, der zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist, aber eine Aussage geleistet hat, ist berechtigt (quasi als minus), nach erfolgtem Zeugnis die Eidesleistung zu verweigern (Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 2; BGHZ 43, 368), wenngleich ein derartiges Vorgehen eine verheerende Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen haben dürfte (Zö/Greger § 391 Rz 1: ›Aussage … damit wertlos‹; aA Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 4).

II. Ermessen.

 

Rn 3

Im Übrigen steht die Frage, ob der Zeuge zu beeidigen ist, in dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (BGH NJW 72, 584, 585), dessen tatrichterliche Ausübung im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden kann, ob das Ausgangsgericht die Grenzen seines Ermessens verkannt oder missbräuchlich außer Acht gelassen hat (BFH 31.12.12 – III B 95/12, Rz 25). Eine grds Pflicht des Gerichts, den Zeugen zu beeidigen, besteht nicht.

1. Bedeutung der Aussage.

 

Rn 4

Vielmehr soll zum einen auf die Bedeutung der Aussage abgestellt werden. Dies kann praktisch nur bedeuten, dass die Beeidigung dann unterbleibt, wenn die Aussage nichts Entscheidungserhebliches erbracht hat (BGH NJW 72, 584, 585; Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 1), sofern nicht gerade Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Zeuge entscheidungserhebliches Wissen wahrheitswidrig verschweigt.

2. Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen Aussage.

 

Rn 5

Des Weiteren soll die Beeidigung angeordnet werden, um eine wahrheitsgemäße Aussage herbeizuführen. Da der Eid gem § 392 nach der Aussage zu leisten ist, bedeutet dies, dass das Gericht durch die Anordnung des Eides den Zeugen zu einer Abkehr von einer bereits geleisteten unwahren Aussage bewegen soll. Ob dies erreicht werden kann, muss in der Gerichtspraxis als zweifelhaft bezeichnet werden. Allenfalls mag gelegentlich durch die im Vergleich zur uneidlichen Falschaussage erhöhte Strafdrohung beim Meineid, die dem Zeugen vor Ableistung des Nacheids vor Augen geführt werden sollte (iE s § 480 Rn 1), eine Änderung der bereits erfolgten Aussage herbeigeführt werden können (Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 1). Einen höheren Beweiswert hat die beeidete Aussage jedenfalls nicht (s.u. Rn 9). Hilfreich mag es zuweilen sein, die Beeidigung auf einen Teil der Aussage zu beschränken (Musielak/Voit/Huber § 391 Rz 1 aE; Zö/Greger § 391 Rz 3 aE), etwa wenn hinsichtlich der anderen Teile der Aussage das Erinnerungsvermögen des Zeugen sichtlich überfordert ist.

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