Gesetzestext
(1) Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen zu vernehmen.
(2) Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können einander gegenübergestellt werden.
A. Zweck der Norm.
Rn 1
§ 394 stellt einige – an sich selbstverständliche – Regeln zur Gewinnung wahrheitsgemäßer Aussagen auf.
B. Einzelvernehmung.
Rn 2
Die geordnete und sinnvolle Vernehmung von Zeugen ist ohnehin nur in der in § 394 I Alt 1 vorgeschriebenen Form der Einzelvernehmung denkbar. Gleichwohl soll diese Anordnung bloße Ordnungsvorschrift sein (Musielak/Voit/Huber § 394 Rz 1; Zö/Greger § 394 Rz 1; BFH 26.9.05, VIII B 60/04, Rz 9), deren Verletzung die Revision nicht begründen könne (BFH ZSteu 09, R540, Rz 18); andererseits wird ein Verstoß gegen § 286 I naheliegen, wenn tatsächlich der Versuch unternommen würde, mehrere Zeugen gleichzeitig zu vernehmen (zum Sonderfall der Gegenüberstellung s.u. Rn 4).
C. Vernehmung in Abwesenheit später zu vernehmender Zeugen.
Rn 3
Später zu vernehmende Zeugen haben entgegen § 169 GVG kein Recht zur Anwesenheit während der Vernehmung der zuvor zu vernehmenden Zeugen, § 394 I Alt 2. Hierdurch soll vermieden werden, dass die späteren Zeugen ihre Aussage auf das Ergebnis der Vernehmung der früheren Zeugen ausrichten. Nach Abschluss ihrer Vernehmung dürfen die früheren Zeugen gem § 169 GVG anwesend bleiben, was indessen gleichfalls auf das Aussageverhalten späterer Zeugen von Bedeutung sein kann. Dem kann durch entsprechende Reihung der Zeugen (Musielak/Voit/Huber § 394 Rz 1), ggf durch Maßnahmen gem §§ 171b, 172 GVG entgegengewirkt werden.
D. Gegenüberstellung.
Rn 4
Ob eine Gegenüberstellung iSv § 394 II durchgeführt wird, liegt im Ermessen des Gerichts (BAG NJW 68, 566); die Parteien haben auf dieses Verfahren keinen Anspruch (Musielak/Voit/Huber § 394 Rz 2). Die Gegenüberstellung kann – soll ein weiterer Termin vermieden werden – praktisch nur in der Form durchgeführt werden, dass der frühere Zeuge zwar vernommen, aber noch nicht entlassen, anschließend gem § 394 I Alt 2 zum Verlassen des Sitzungssaals aufgefordert und nach begonnener Vernehmung des zweiten Zeugen diesem gegenübergestellt wird. Wenig praktikabel wird es sein (so aber Musielak/Voit/Huber § 394 Rz 2), zur Vermeidung von Vorhalten dem früheren Zeugen schon von Beginn der Vernehmung des zweiten Zeugen die Anwesenheit im Sitzungssaal zu gestatten. Die Gefahr liegt nahe, dass der frühere Zeuge sich mit seinem Eindruck von der Aussage des zweiten Zeugen auseinandersetzt statt mit dem ihm vom Gericht mitzuteilenden Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme.