Rn 2

§ 40 gilt für die örtliche und sachliche Zuständigkeit (Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; ThoPu/Hüßtege Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 4). Zur internationalen Zuständigkeit s Rn 6. Die Vorschrift ist zwingend und durch das Gericht in jeder Lage des Rechtsstreits vAw zu beachten (vgl Zö/Schultzky Rz 2; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; ThoPu/Hüßtege Rz 3). Aus § 40 II 2 ergibt sich, dass die Vorschriften der §§ 282 III, 296 III keine Anwendung finden (Zö/Schultzky Rz 2; Musielak/Voit/Heinrich Rz 2; vgl dazu § 39 Rn 2, 8). Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen wie auch zur Prüfung in den höheren Instanzen s näher § 12 Rn 11 ff.

I. Bestimmtes Rechtsverhältnis (§ 40 I 1).

 

Rn 3

Der Begriff des Rechtsverhältnisses iRd § 40 I 1 hat dieselbe Bedeutung wie iRd § 256 (Zö/Schultzky Rz 3; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 4; s dazu § 256 Rn 12). Das Rechtsverhältnis ist bestimmt, wenn es hinreichend individualisiert werden kann, dh von anderen Rechtsverhältnissen abgrenzbar ist (vgl Zö/Schultzky Rz 3; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 5; näher Ehricke ZZP 111, 145, 152 ff). Der Bezug auf ein konkretes Vertragsverhältnis reicht in jedem Fall aus, zB ein Kontokorrentverhältnis (Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; ThoPu/Hüßtege Rz 4), auch bei Einbeziehung durch AGB, in denen eine Gerichtsstandsklausel enthalten ist (Hamm 5.2.16 – I-32 SA 79/15). Der Bezug auf sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus einem bestimmten Vertragsverhältnis erfasst neben vertraglichen idR auch künftige deliktische Ansprüche, soweit sie mit vertraglichen Ansprüchen konkurrieren (vgl BAGE 22, 410 [BAG 20.07.1970 - 3 AZR 417/69]; München RIW 89, 901 ff zu Art 17 EuGVÜ; Stuttg EuZW 91, 125 ff zu Art 17 EuGVÜ; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; Busse MDR 01, 733; Ehricke ZZP 111, 145, 154 ff, 163 ff; vgl auch BGH NJW 65, 300 [BGH 24.11.1964 - VI ZR 187/63]; BAG AP Nr 4 zu § 38 ZPO Internationale Zuständigkeit). Anderes soll aber für Vereinbarungen in AGB gelten (vgl Hambg VersR 82, 341; Stuttg BB 74, 1270; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; MüKoZPO/Patzina Rz 5; aA Stuttg OLGR 08, 305, 307). Bestimmt genug ist auch eine satzungsmäßige Gerichtsstandsklausel für alle Streitigkeiten aus einem Mitgliedschaftsverhältnis (vgl BGHZ 123, 347, 351 ff zu Art 17 EuGVÜ; Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3). Bei Bestehen einer bestimmten Rahmenvereinbarung genügt auch die Bestimmbarkeit des Einzelvertrages (vgl Schlesw SchlHA 14, 239; Zö/Schultzky Rz 3; Ehricke ZZP 111, 145, 157 ff; Schilken FS Musielak, S 435, 446), anders dagegen bei Vereinbarung eines Gerichts für alle Streitigkeiten aus der Geschäftsverbindung (RGZ 36, 421, 422; Hamm 5.2.16 – I-32 SA 79/15; Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3) oder für alle künftigen Rechtsstreitigkeiten (Zö/Schultzky Rz 4; Musielak/Voit/Heinrich Rz 3; St/J/Bork Rz 1; MüKoZPO/Patzina Rz 5; vgl auch Ehricke ZZP 111, 145, 152 ff).

II. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten der Amtsgerichte (§ 40 II Nr 1).

 

Rn 4

Zu dem Begriff der nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit s § 3 Rn 8. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, die den Amtsgerichten streitwertunabhängig zugewiesen sind, bestehen in Form der Familiensachen (§ 23a I GVG iVm § 111 FamFG) und der Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem § 23a II GVG.

III. Ausschließliche Zuständigkeit (§ 40 II Nr 2).

 

Rn 5

Ausschließliche Zuständigkeit iSd § 40 II Nr 2 meint nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit. Der Begriff ›Gerichtsstand‹ ist insoweit ggü den §§ 12 ff erweitert (allgM; s nur Zö/Schultzky Rz 6; Musielak/Voit/Heinrich Rz 5; ThoPu/Hüßtege Rz 6; vgl auch § 12 Rn 2). Es muss sich um eine ausschließliche gesetzliche Zuständigkeit handeln (Musielak/Voit/Heinrich Rz 5; Zö/Schultzky Rz 7; MüKoZPO/Patzina Rz 7; St/J/Bork Rz 5). Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist also bei einer vertraglichen ausschließlichen Gerichtsstandsbestimmung ohne Weiteres möglich (Zö/Schultzky Rz 7). Bei § 40 II Nr 2 ist die Reichweite der gesetzlichen Regelung unbedingt zu beachten. Besteht eine Ausschließlichkeit nur in örtlicher Hinsicht, so bleibt eine Gerichtsstandsvereinbarung hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit wirksam (vgl Musielak/Voit/Heinrich Rz 5; Zö/Schultzky Rz 7). Zum Begriff der ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit s § 12 Rn 5. Bsp für gesetzlich geregelte ausschließliche Zuständigkeiten (alphabetisch): AktG: §§ 246 III, 249 I, 275 IV, 278 III (gesellschaftsrechtliche Klagen); § 6 II AuslInvestmG; § 3 BinSchGerG (Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrtssachen; vgl BGHZ 82, 110, 113); § 42 BNotO; §§ 46 IX, 52 I, 63, 63b DesignG; § 102 EnWG (dazu näher Köln NJW-RR 09, 987 [OLG Köln 03.04.2008 - 8 W 19/08]); FamFG: §§ 108 III, 185 III, 232 I, II, 237 II, 262 I 2, 267 I 2; § 26 I FernUSG (Gerichtsstand bei Fernunterrichtsverträgen, vgl aber auch § 26 II FernUSG); § 27 GebrMG; § 15 GeschGehG (Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen); GenG: §§ 51 III 3, 109 III, 112 I (Genossenschaftsklagen); § 61 GmbHG (Auflösungsklage); GVG: §§ 23a, 71 II, 119 III, 201; § 13a GVG, § 23d GVG (Konzentrationsermächtigungen; dazu näher § 12 Rn 18, § 39 Rn 8); § 87 I G...

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