Prof. Dr. Christian Katzenmeier
1. Antragserfordernis und -berechtigung.
Rn 19
Die ZPO kennt weder eine Ausschließung von SV kraft Gesetzes, also keine Berücksichtigung vAw, noch kann das Gericht den SV oder der SV sich selbst ablehnen. Das Gericht kann aber grds ohne Angabe von Gründen einen SV entlassen und einen neuen ernennen, §§ 404 I 3, 360; 408 I 2, zum Gutachtenverweigerungsrecht des SV s § 408. Sowohl Ausschließungsgründe als auch die Besorgnis der Befangenheit müssen in einem Ablehnungsantrag durch einen Ablehnungsberechtigten geltend gemacht werden. Ablehnungsberechtigt sind die Parteien; zum Streitgenossen s §§ 61 f; zum Streithelfer BGH VersR 06, 1707; zum Insolvenzverwalter Köln ZIP 90, 58: soweit in eigener Rechtsstellung betroffen.
2. Antragstellung.
Rn 20
a) Antragsstellung ist Prozesshandlung (s § 128, kein Anwaltszwang, Abs 2 S 3, § 78 III; bestimmter und klarer Antrag erforderlich, Ddorf BauR 13, 1283). Anbringung beim Prozessgericht, und zwar auch, wenn die Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter erfolgt. Jedoch ist der Antrag bei Ernennung durch einen solchen nach § 405 an diesen zu richten. Zur Abgrenzung zu dem Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens (§ 412) s Rostock MDR 19, 1337 [OLG Bamberg 01.07.2019 - 2 WF 140/19].
b) Die Ablehnungsgründe sind glaubhaft zu machen (Abs 3, § 294).
3. Frist.
Rn 21
Der Ablehnungsantrag ist nach der Ernennung (Karlsr VersR 10, 498) und grds vor Beginn der Vernehmung, Abs 2 S 1 Hs 1, spätestens jedoch in der Zwei-Wochen-Frist des Abs 2 S 1 Hs 2 anzubringen, im Falle schuldloser Verhinderung auch danach möglich, Abs 2 S 2. Für Fristbeginn genügt Zustellung des Ernennungsbeschl an die ablehnende Partei; bei unterlassener oder fehlerhafter, unwirksamer Zustellung genügt sonstige Kenntniserlangung (§ 189). Der Antragsteller muss mit der Ablehnung glaubhaft machen (§ 294, Abs 3 gilt nicht), dass er ohne sein Verschulden (einfache Fahrlässigkeit genügt) verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen, sei es weil der Ablehnungsgrund erst später entstanden ist oder weil er der Partei etc erst später bekannt geworden ist (bei Kenntnis auch keine Entschuldigung durch Vergleichsverhandlungen, Hamm NJW-RR 13, 1017). Eine Nachforschungspflicht besteht nur ausnahmsweise (BGH NJW 09, 84), konkreten Anhaltspunkten muss aber nachgegangen werden (Celle JurBüro 05, 558). Eine Ablehnung erst im Hauptsacheprozess nach Erhebung des Sachverständigenbeweises im selbstständigen Beweisverfahren ist idR unzulässig (Köln VersR 93, 1502; s.a. § 411 Rn 31). Der Streithelfer kann einen SV im Hauptsacheverfahren ablehnen, wenn dies für ihn im selbstständigen Beweisverfahren nicht möglich war (BGH VersR 06, 1707). Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung gestützt wird, aus dem Gutachten selbst, so liegt ein Fall der unverschuldeten Verhinderung iSd Abs 2 S 2 vor. Die Ablehnungsgründe müssen dann unverzüglich (§ 121 I 1 BGB) angebracht werden (Bambg VersR 09, 1427, 1428). Gleiches gilt für Ablehnungsgründe, welche zwischen Ernennung und Gutachtenerstattung bekannt werden (Jena MDR 16, 416, 417; Naumbg NJW-RR 14, 93, 94 [OLG Naumburg 11.06.2013 - 10 W 29/13 (Abl)]: kein Abwarten des Ausgangs des Gutachtens). Muss die Partei sich für die Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen, so läuft die Frist zur Ablehnung gleichzeitig mit der vom Gericht zur Stellungnahme nach § 411 IV gesetzten Frist ab (BGH NJW 05, 1869 mit umfangreichen Nachweisen zur tw abw obergerichtlichen Rspr; s.a. KG NJW 21, 2894; Ddorf FamRZ 20, 523; Celle BauR 18, 874 f; Kobl MedR 13, 379; Bremen MDR 10, 48; Nürnbg MedR 09, 413; Saarbr MedR 07, 484; aA Zö/Greger § 406 Rz 11; differenzierend Köln BauR 13, 498; Bambg VersR 09, 1427, 1428; Stuttg OLGR 04, 383).